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Wird Kükenschreddern endlich verboten?

Der Bundestag hat nach jahrelanger Diskussion das sogenannte Kükenschreddern verboten. Ab Anfang 2022 dürfen männliche Küken nicht mehr unmittelbar nach dem Schlüpfen getötet werden. Bisher erleiden jedes Jahr mehr als 40 Millionen Tiere dieses schreckliche Schicksal, weil sie das falsche Geschlecht haben. Die Aufzucht männlicher Küken von Legehuhn-Rassen lohnt sich nicht, weil sie zu wenig Fleisch ansetzen und keine Eier legen. Sie wurden daher bisher in der Regel vergast und zu Tierfutter verarbeitet. Das Verbot folgt nun einer jahrelangen Debatte und vielen Versprechungen seitens der Politik: Bündnis90/Grüne hatte schon 2016 einen entsprechenden Antrag gestellt, den die damalige Bundesregierung jedoch ablehnte.

Doch schon 2017 stand ein geplantes Ende des Kükenschredderns im Koalitionsvertrag der neuen Großen Koalition. Der damalige Bundesagrarminister Christian Schmidt kündigte an, die Vorgehensweise bis zur Mitte der Legislaturperiode im Jahr 2019 zu beenden. Sein Versprechen konnte der Minister nicht einhalten. Offiziell war die Technik für ein alternatives Auswahlverfahren noch nicht ausgereift.

Für Aufsehen sorgte schließlich ein Machtwort des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2019. Denn die Richter verfügten zum ersten Mal, dass Tierschutzbelange schwerer wiegen müssen als wirtschaftliche Interessen. Damit war das Argument des vernünftigen Grundes ausgehebelt, welches bisher das grausame Kükentöten rechtfertigte: Nach dem Tierschutzgesetz wird bestraft, wer einem Tier ohne diesen vernünftigen Grund Schaden oder Schmerzen zufügt oder es sogar tötet. Die Tierzucht zur Nahrungsmittelgewinnung zählt zu den vernünftigen Gründen. Die „Überproduktion“ der nutzlosen männlichen Küken allerdings nach dem Befinden der Richter nicht mehr. Auch dieser Entscheid wird maßgeblich dazu beigetragen haben, dass viel Geld in die Weiterentwicklung von Technik gesteckt wurde, die die Geschlechtsbestimmung noch im Ei möglich macht.

Laut Julia Klöckner, Bundesagrarministerin Wahlperiode des 19. Deutschen Bundestags, wurden Beträge in Millionenhöhe in die Forschung investiert. Diese Technik soll nach Klöckners Willen auch ins Ausland verkauft werden, damit der Tierschutzgedanke weitergetragen werden und vor allem einer Flut von billig importierten Eiern konventioneller Herkunft vorgebeugt werden kann. Mit der nun marktreifen Technik kann das Geschlecht des Embryos schon kurz nach dem Legen des Eis bestimmt werden, nur noch weibliche Küken werden künftig noch ausgebrütet. Das Verbot des Kükenschredderns findet viel Zuspruch nicht nur unter Tierschützern. Für viele ist es auch angesichts der nicht eingehaltenen Versprechen längst überfällig. Ebenso geht es vielen Tierschützern aber nicht weit genug.

Durch die nun mögliche Selektion vor dem Brüten kann zwar der unnötige Tod von Millionen lebensfähigen männlichen Küken verhindert werden. Ihre Mütter, die Legehennen, werden jedoch dabei ausgeklammert.

Denn während gewöhnliche Haushühner etwa 150-200 Eier pro Jahr legen, im Winter das Eierlegen oft komplett einstellen, müssen die Hybridhühner in den Eierbetrieben das ganze Jahr Eier legen. Mengen von mehr als 320 Eiern pro Huhn und Jahr sind dabei ganz normal. Diese Mengen werden sich durch die Selektion nach dem Legen nicht verändern. Abgesehen von den Lebensumständen, die je nach Haltungsform variieren, bedeutet das Eierlegen im Akkord eine enorme Belastung für den Körper der Tiere. Legehennen werden daher selten älter als 20 Monate, Haushühner in privater Haltung erreichen hingegen regelmäßig ein Alter von etwa acht Jahren.

Eine Alternative könnte die Züchtung sogenannter Zweinutzungsrassen sein.

Hier werden auch die männlichen Küken aufgezogen und als Masthähnchen genutzt. Die tierfreundlichste Lösung aber ist und bleibt das Streichen von Eiern auf dem Einkaufszettel. Mittlerweile gibt es so viele Möglichkeiten, Eier sowohl beim Backen als auch als Rührei zu ersetzen, dass der Kauf von Eiern längst nicht mehr nötig ist.

Jan Peifer