Hausschweine | Massentierhaltung

Ringelschwanz-Kupierung bei Schweinen

Das Kupieren von Ferkeln, also das Abschneiden der Ringelschwänze, ist nach einer EU-Richtlinie seit 1994 verboten. Dennoch ist die grausame Prozedur bei Schweinezüchtern dank nationaler Ausnahmegenehmigungen bis heute auch in Deutschland noch weit verbreitet. Vom Abtrennen der Schwänze erhoffen die Mäster sich, Verluste durch Kannibalismus zu umgehen. Innerhalb der ersten vier Lebenstage ist die Operation ganz legal – und das auch noch ohne Betäubung. Doch zu welchem Preis?

Das Kupieren von Ferkeln, also das Abschneiden der Ringelschwänze, ist nach einer EU-Richtlinie seit 1994 verboten. Foto: © Jan Peifer

Die meisten Mastschweine leben auch in Deutschland ihr ganzes, kurzes Leben unter nicht artgerechten Bedingungen in der sogenannten konventionellen Mast der industriellen Massentierhaltung. Das gelegentlich auftretende Anknabbern der Artgenossen ist eine Folge dieser Haltungsbedingungen. Schweine sind hoch intelligent, haben einen ausgeprägten Spieltrieb und sind ausgesprochen saubere Tiere. In der Intensivtierhaltung müssen sie mit engen Platzverhältnissen auskommen, ohne Beschäftigungsmöglichkeiten und ohne die Möglichkeit, ihren arteigenen Bedürfnissen wie Graben und Suhlen nachkommen zu können. Zudem sind sie gezwungen, auf Spaltenböden Zeit ihres Lebens in den eigenen Exkrementen zu verbringen. Forschungen haben ergeben, dass vor allem hier die Gründe für Kannibalismus zu suchen sind: Aus Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten und dem dauerhaften Stress durch die artwidrige Haltung beginnen Schweine, sich gegenseitig anzuknabbern. Doch anstatt die Haltungsbedingungen den Tieren anzupassen, werden auch hier die Tiere den Umständen angepasst, indem ihnen die Schwänze kupiert werden. Laut Genehmigung ist dies lediglich in Ausnahmefällen gestattet, doch die konventionelle Zucht und Mast stellt eine dauerhafte Belastung und damit gleichsam eine dauerhafte Legitimation der Ausnahmegenehmigung dar.

Einem gesetzlichen Verbot des Kupierens steht vor allem der Umkehrschluss im Weg: Um den Beißdrang zu bändigen, bräuchten die nicht kupierten Schweine mehr Bewegungsfreiheit, mehr Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten. Dies würde, so die Mästerlobby, die Mast und damit den Fleischpreis deutlich verteuern. Um dennoch einen Anreiz zu schaffen, denken einzelne Bundesländer über ein Prämiensystem nach, welches nicht kupierte Schweine belohnt. So in Niedersachsen, wo sich Landwirtschaftsminister Christian Meyer und Vertreter der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) auf eine Prämie von 16,50 EUR pro Schwein mit intaktem Schwanz verständigt haben. Schon 2014 hatte sich auch im Nachbarland Nordrhein-Westfalen Umweltminister Johannes Remmel mit dem Rheinischen und Westfälischen Landesbauernverband auf einen schrittweisen Verzicht auf das Kupieren ab 2016 geeinigt. Begleitet wird der Prozess von regelmäßigen Evaluierungen durch Vertreter der Landwirtschaft und des Umweltministeriums.

Während das Kupieren in der konventionellen Intensivmast trotz des Verbots routinemäßig durchgeführt wird (in verschiedenen Untersuchungen lag die Rate der am Schlachthof angelieferten Tiere mit kupierten Schwänzen bei ca. 80 %), darf in der ökologischen Landwirtschaft nur in Ausnahmefällen ein Schweineschwanz abgetrennt werden (dies gilt auch für andere körperliche Eingriffe an Tieren wie etwa das Abzwacken von Zähnen, das Enthornen oder das Kupieren von Schnäbeln). Das Schwanzbeißen ist die Folge vieler Faktoren, die in den Bedingungen der Massentierhaltung vereint werden, auch durch das Kupieren ist es nicht völlig zu unterdrücken. Immer wieder zeigen daher selbst kupierte Mastschweine blutige Schwänze bzw. Schwanzstummel. Wer dieses unnötige Leid, welches durch die Tiermast selbst verursacht wird, nicht unterstützen möchte, sollte daher – egal welchen Ursprungs – kein Schweinefleisch und keine Wurstwaren kaufen. Probieren Sie doch einmal eine der zahlreichen Alternativen an fleischfreiem Aufschnitt, die mittlerweile auch im gut sortierten Supermarkt erhältlich sind!

Der Eingriff dauert zwar nur ein paar Sekunden... Foto: © Jan Peifer

Jan Peifer