Massentierhaltung

Zu wenige Vorschriften bei Tiertransporten

Noch immer ist der Transport lebender Tiere günstiger als der von Fleisch, was dauerhaft gekühlt werden muss. Doch nicht einmal die wenigen Vorschriften, die es gibt, werden zuverlässig eingehalten: Bei rund einem Drittel der kontrollierten Transporte werden Mängel festgestellt. Besonders gerne wird an Futter, Einstreu und Trinkwasser gespart, denn zusätzliches Gewicht bedeutet höhere Transportkosten. Immer wieder wird auch ein unsachgemäßer Umgang mit den Tieren beobachtet; oft werden sie zu eng und ohne vorgeschriebene Trennwände geladen, besonders beim Be- und Entladen der LKW geht es mit Schlägen, Tritten oder sogar Elektroschockern brutal zu. Nicht selten kommen Tiere mit gebrochenen Gliedmaßen am Schlachthof an oder sterben schon auf der letzten Fahrt an Dehydrierung, zerquetschen sich gegenseitig oder verletzen sich schwer.

Tiertransport auf der Autobahn
Die LKW haben sich baulich verändert: früher sah man meist LKW, wo Schweine ihre Nase durch die Lüftungsklappen oder durch Gitter gesteckt haben. Foto: © Kai Horstmann

Selbst an den LKWs wird gespart, wie die vielen Unfälle mit Tiertransportern zeigen. Dementsprechend erschreckend fällt der Bericht der Bundesregierung zu Kontrollen von Tiertransporten aus. Nach offiziellen Angaben wurden bei Kontrollen Verstöße auf fast jedem dritten Tiertransport festgestellt: Bei 38% der kontrollierten Transporte von Rindern fielen Verstöße gegen die Transportverordnung auf, bei Schafen und Ziegen in 34% der Fälle und bei Schweinen in 24%. 70% aller Verstöße wurden am Bestimmungsort, also beim Entladen verzeichnet, weitere 12% am Beginn des Transports. Ernsthafte Konsequenzen müssen die Spediteure vor Kontrollen offensichtlich dennoch nicht fürchten – in etwa zwei Dritteln der Fälle mussten sich die Fahrer oder Verantwortlichen lediglich belehren/ermahnen lassen. Längst werden die meisten Tiere nicht mehr nur einmal im Leben zum Schlachthof gefahren – Zucht und Mast haben sich als eigenständige Produktionszweige etabliert. Wie auch in anderen Wirtschaftszweigen wird in der Agrarindustrie und Fleischproduktion die Globalisierung genutzt, Standorte mit geringen Auflagen (also weniger strengen Tierschutzgesetzen) und billigeren Arbeitskräften im Ausland sorgen für lange Transporte. Oft liegen so zwischen Geburtsort, Mast- und Schlachthof nicht nur viele Kilometer, sondern auch Ländergrenzen. So wurden im Jahr 2013 etwa neun Millionen Ferkel, hauptsächlich aus Dänemark und den Niederlanden, nach Deutschland gebracht.

Etwa 1,4 Millionen Schlachtschweine wurden gleichzeitig exportiert, der Schwerpunkt liegt jedoch auf Hühnerküken: Fast 70 Millionen von ihnen lieferte Deutschland ins Ausland. Mit dieser Dezentralisierung geht der Rückgang kleinerer Betriebe sowohl in der Zucht-, Mast- und Schlachtindustrie und die Konzentration auf wenige Großbetriebe einher, was die Transportwege noch länger werden lässt. Innerhalb der EU legt eine Transportverordnung eine Höchstdauer von acht Stunden pro Transport fest, aber durch viele Ausnahmeregelungen wird diese fast nie eingehalten. So dürfen Schweine bis zu 24 Stunden lang transportiert werden, Rinder sogar bis zu 29 Stunden. Unvorhergesehene Verzögerungen wie etwa Verkehrsbehinderungen und Stau oder klimatische Einflüsse wie Schneestürme können die Dauer noch verlängern. Etwa 360 Millionen Tiere (ohne Geflügel!) werden jährlich durch Europa transportiert; die Wege der internationalen Viehtransporte sind besonders hart. Ein großes Problem sind fehlende Standards, sowohl in der EU als auch beim Export in Nicht-EU-Länder wie die Türkei oder auch Ägypten und den Libanon, die gemeinsam 200.000 Rinder pro Jahr für das Schächten importieren. Ein großes Hindernis ist das Fehlen einer einheitlichen Tierschutzgesetzgebung und die damit verbundenen verschiedenen Standards und Richtlinien. So müssen etwa Fahrer und Verantwortliche eines Tiertransporters aus Dänemark eine fünftägige Schulung zum sachgerechten Umgang auf sich nehmen, in anderen Ländern gibt es nur eine kurze Belehrung von wenigen Stunden. So verschieden die Regelungen auch sind, gibt es doch auch einen zu begrüßenden Aspekt: Gerade Dänemark ist ein Beispiel, von dem andere Länder lernen können. Aus dem Norden kam die Initiative für eine tatsächliche Begrenzung der Transporte auf acht Stunden, wie sie innerhalb Dänemarks schon gilt. Unterstützt werden die Dänen bei ihrem Vorschlag von Belgien, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien. Auch das Europäische Parlament hat sich schon für eine Änderung ausgesprochen – möglicherweise könnte ein Durchbruch in die gerade neu gestartete Legislaturperiode fallen. Vielleicht wird es dann eines Tages auch einheitliche und vor allem konkrete Vorschriften an die Transporter selbst geben, die ihrer wertvollen Ladung endlich gerecht werden.

Lebendtransport billiger als Kühltransporter

Es ist kaum zu glauben, aber der Transport von lebenden Tieren ist wirtschaftlicher, als sie geschlachtet in einem Kühltransporter zu transportieren. Dies ist u.a. der Grund, warum Tiertransporter über längere Strecken im In- und Ausland fahren, statt die Tiere in einem Schlachthof in der Nähe der Mastanlage zu schlachten. Aus Tierschutzsicht ist dieses zu kritisieren, denn ein Transport sollte auf ein Minimum reduziert werden, um den Tieren unnötigen Stress und auch Leid zu ersparen. Leider stehen aber, wie so häufig in der Massentierhaltung, die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund – und so wird es wohl auch weiterhin Lebendtransporte geben.

Vielleicht sehen Sie auch weniger Tiertransporter auf der Autobahn. Dies hat aber leider nichts damit zu tun, dass es weniger Transporter gibt, sondern dass sich die Transporter (baulich) verändert haben. Vor ein paar Jahren sah man meist LKW, wo Schweine ihre Nase durch die Lüftungsklappen oder durch Gitter gesteckt haben. Gerade für Vielfahrer war dies ein gewohntes Bild auf der Autobahn. Die Transporter haben sich verändert, sind jetzt klimatisiert und verschlossen, dies ist der Grund, warum man die Schweinenasen nicht mehr so häufig sieht. Ob die LKW zum Wohl der Tiere geschlossen sind, wie die Industrie gerne behauptet, darf aber angezweifelt werden, sicherlich hat es auch etwas damit zu tun, dass der Verbraucher nicht mehr sehen soll, wie Tiere transportiert werden, denn für viele Konsumenten war dies der Anstoß, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren.

Jan Peifer