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Auszeit für Schildkröten – überwintern, aber richtig

Schildkröten sind wechselwarme Tiere. Die meisten Arten verfallen deshalb bei sinkenden Umgebungstemperaturen in Winterstarre. Diese Arten leben auch in der Obhut des Menschen gesünder, wenn man sie im Winter „schlafen“ lässt. Das gilt für Land- als auch für Wasserschildkröten. Streng genommen handelt es sich aber weder um Winterschlaf noch um Winterruhe. Der korrekte Fachausdruck lautet Hibernation.

Die meisten Schildkrötenarten verfallen bei sinkenden Umgebungstemperaturen in Winterstarre. Foto: © privat

Viele Schildkrötenbesitzer haben Angst, ihr Liebling könne durch das Überwintern erfrieren oder verhungern. Diese Sorgen sind unbegründet. Die Starre gehört zum physiologischen Jahreszyklus dieser Tiere und entspricht am ehesten einem Leben in freier Wildbahn. Je näher die Exotenhaltung in Menschenhand dem Leben in Freiheit kommt, umso artgerechter und gesünder ist es für das Tier. Besonders Jungtiere sollten die Ruhephase erleben dürfen, da sie ohne diese Auszeit zu schnell wachsen und sich daraus gesundheitliche Probleme entwickeln. Schildkröten, die in Winterstarre gehen dürfen, sind widerstandsfähiger und fitter als Artgenossen, die nicht während des Winters ruhen. Wie lange die Winterstarre dauert und wann sie genau beginnt, welche Temperatur währenddessen optimal für die Schildkröte ist, hängt ganz entscheidend von der jeweiligen Schildkrötenart ab.

Deshalb ist es unerlässlich in Erfahrung zu bringen, um was für eine Schildkröte es sich bei dem eigenen Tier genau handelt. Arten, die in der freien Wildbahn in Regionen leben, in den es im Winter kalt wird, verfallen in diese Starre, um Energie zu sparen. Kommt die Schildkrötenart jedoch aus einer ganzjährig warmen Region, benötigt sie keine Ruhephase und man kann auf die Hibernation getrost verzichten. Die Identifizierung der eigenen Art gelingt durch Vergleiche mit Bildern im Internet sowie durch Studium der dazugehörigen Informationen meist problemlos.

Je kälter es wird, desto träger werden die Tiere.

Schlafen dürfen und sollen grundsätzlich nur gesunde Tiere. Eine Krankheit zehrt in der Zeit der Starre derart am Schildkrötenkörper, dass das kranke Tier die Aufwachphase im Frühjahr womöglich nicht übersteht. Ein Gesundheitscheck durch einen Tierarzt oder einen erfahrenen Reptilienhalter ist sozusagen die Eignungsprüfung für die Überwinterung. Klare und glänzende Augen, Panzer ohne Unregelmäßigkeiten, trockene saubere Nasen deuten auf gesunde Tiere hin. Durch eine Kotuntersuchung überprüft der Tierhalter im Vorfeld, ob das Reptil frei von Parasiten ist. Alternativ kann man auch zwei bis drei Monate vor dem Übergang in die Ruhephase ein Medikament gegen Endoparasiten verabreichen. Je kälter es wird, desto träger werden auch die Tiere. Sind sie trotz sinkender Temperaturen immer noch aktiv, ist das eher ein Signal dafür, dass mit dem Vierbeiner doch etwas nicht stimmt. Bei Krankheitsanzeichen muss Schildi zum Tierarzt und kann nur überwintern, wenn die Genesung schnell erfolgt.

Da es in unseren Breiten von Jahr zu Jahr zu erheblichen Temperaturschwankungen kommt, ist es für die Schildkröte besser, wenn man das Herunterkühlen als Tierbesitzer aktiv beeinflusst und damit bestimmt. So kann der Übergang zur Winterstarre kontrolliert ablaufen. Sukzessive reduziert man die Umgebungstemperatur und setzt die tägliche Beleuchtungsdauer herab. Für Landschildkröten befüllt man schließlich eine Kunststoffbox großzügig mit feuchter Gartenerde und Sand. Hier gräbt sich die Schildkröte – wenn es dann soweit ist – komplett ein. Einmal pro Woche muss das Substrat, mit dem sich das Reptil bedeckt hat, befeuchtet werden. Wasserschildkröten können in Wasser überwintern. Die Füllhöhe wird so gewählt, dass sie problemlos atmen können. Ab etwa 4°C (je nach Art!) ist die optimale Temperatur erreicht.

Das Herunterkühlen und auch das Erwärmen der Temperatur müssen jeweils langsam erfolgen!

Der Stoffwechsel ist nun maximal reduziert, das Herz schlägt nur noch wenige Male in der Minute. Zwei bis dreimal pro Woche öffnet der Besitzer den Kühlschrank, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung ist. Dabei kommt es zum Luftaustausch im Schrank. Beim Betasten der Beinchen sollte die Schildkröte leicht zurückzucken. Viele Tierhalter glauben, hohe Gewichtsverluste in dieser Zeit seien normal. Das stimmt so nicht. Maximal 15% des Köpergewichts darf die Schildkröte während der Starre einbüßen. Gelegentliches Wiegen erlaubt frühzeitiges Einschreiten, wenn die Gewichtsabnahme besorgniserregende Ausmaße erreicht.

Ebenso wie das Herunterkühlen ist es ratsam, wenn auch das Erwärmen langsam und schonend in Schritten erfolgt. Im Frühjahr wird das Tier nach der Kühlschrankperiode in einen Raum verbracht, in dem 10-15 °C Raumtemperatur herrschen. Nach etwa zwei Tagen gräbt sich der Langschläfer aus bzw. werden Wasserschildkröten munter. Nach zwei weiteren Tagen dürfen sie in die Wohnung oder den Garten geholt werden. Jetzt fangen die Schildkröten auch das Fressen wieder an. Das Frühjahr kann kommen.

Winterschlaf im Kühlschrank?

Überwintern können die Tiere entweder im Freien oder in sehr kalten Keller- oder Garagenräumen. Am besten funktioniert die Hibernation jedoch im Kühlschrank (z.B. im Gemüsefach), so abstrus dies klingt. Hier herrschen sehr gleichmäßige Temperaturen und die Schildkröten sind vor Feinden geschützt. Regelmäßig kann der Besitzer kontrollieren, wie es seinem Schützling geht.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.