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Gibt es Alternativen zu Kuhmilch?

Frische oder auch pasteurisierte Schaf- und vor allem Ziegenmilch sowie daraus hergestellte Milchprodukte wie Joghurt und Käse sind bei uns noch immer ein Nischenprodukt, stehen aber vor allem unter Fitness- und Gesundheitsbegeisterten als Geheimtipp hoch im Kurs. Sie gelten als eiweißreich, reich an leicht verdaulichen Fetten und wichtigen Spurenelementen und sind auch für Allergiker eine hochwertige Alternative zur Kuhmilch.

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Seitdem allgemein bekannt ist, dass auch Milchkühe in weitgehend automatisierter Intensivhaltung leben müssen, schauen sich immer mehr Menschen nach Alternativen um. Verbraucher möchten die moderne Milchkuhhaltung nicht mehr unterstützen – Hochleistungskühe, die dank Einsatz von viel Kraftfutter und wenig Bewegung täglich bis zu 40 Liter Milch produzieren müssen, sind nach wenigen Jahren völlig ausgelaugt und finden ein trauriges Ende beim Schlachter. Mit Schafen und Ziegen verbinden viele dagegen grüne Wiesen und kleine Höfe und haben damit – teilweise Recht – Schafe und Ziegen gelten in Deutschland als nicht tauglich für die Massentierhaltung, diese ist daher durch das Tierschutzgesetz weitgehend ausgeschlossen. Massenställe ohne geeigneten Auslauf sind nicht zulässig. Dies musste auch ein bekannter Frischkäsefabrikant hinnehmen, der im niedersächsischen Holzminden Deutschlands erste industrielle Haltungsanlage für Ziegen hatte errichten wollen. Bis zu 7.500 Ziegen hatte er geplant, dort unterzubringen, scheiterte aber nach massivem Protest an der Ablehnung auch durch den Kreistag 2010. Anders sieht es dagegen im europäischen und internationalen Ausland aus, wo die Haltung von Ziegen und Schafen auch in der Intensivhaltung gestattet ist. So leben allein in Frankreich etwa eine Million Ziegen – in Deutschland nur etwa 150.000. Problematisch ist dabei die fehlende Kennzeichnungspflicht für das Herkunftsland von Milchprodukten, denn so können Käse und Milch aus der Massentierhaltung vom Verbraucher unbemerkt problemlos auch in deutsche Supermärkte gelangen. Hinzu kommt, dass z.B. Ziegenkäse aufgrund der deutlich besseren Verfügbarkeit von Kuhmilch oft mit ebendieser darüber hinaus erheblich günstigeren Milch gestreckt wird.

Auch Schafe und Ziegen geben ohne Lämmer keine Milch. Vor allem die männlichen Nachkommen werden im Alter von wenigen Monaten geschlachtet, da sie für die Milchproduktion uninteressant sind. Wegen ihres Fleisches werden besonders Ziegen relativ selten gezüchtet, die Lämmer der Milchrassen eignen sich auch für die Fleischmast nicht, da sie weniger und langsamer Muskeln ansetzen als spezielle Fleischrassen. Schafe, die wie Ziegen zu den ältesten Nutztieren gehören und schon seit über 10.000 Jahren vom Menschen genutzt werden, spielen noch heute eine größere Rolle als die Ziegen. Im Gegensatz zu diesen werden sie außer zur Naturpflege, etwa auf Deichen oder schwer zugänglichen Flächen, hauptsächlich wegen ihres Fleisches gezüchtet. Der Pro-Kopf- Konsum von Lammfleisch liegt in Deutschland bei etwas über einem Kilogramm. Während ein Schaf in Freiheit problemlos ein Alter von 20 Jahren erreicht, werden Lämmer im Schnitt mit sechs Monaten geschlachtet. Auch dieses Schicksal trifft vor allem die männlichen Tiere. Von den rund 12 Millionen Schafen in Deutschland sind nur knapp 11.000 reine Milchschafe, vorwiegend der Rasse des ostfriesischen Milchschafs. Dieses wird seit Jahrhunderten vor allem in den Küstenregionen Deutschlands gezüchtet und zählt, obwohl die Schafsmilch hierzulande eine im Vergleich mit anderen Ländern eher überschaubare Rolle spielt, zu den leistungsfähigsten Milchschafrassen der Welt. Schafmilch ist die kalorienreichste Milch aller Säugetiere – sie wird vor allem wegen des Geschmacks z.B. im griechischen Fetaoder dem italienischen Pecorinokäse geschätzt. Doch dient sie wie die Milch von Ziegen, Kühen und allen anderen Säugetieren natürlicherweise ausschließlich als Säuglingsnahrung der eigenen Nachkommen. Wer Milch und Milchprodukte konsumiert, sollte sich stets bewusst sein, dass Milch ohne den in Kauf genommenen Tod der Tierkinder für den Menschen nicht bereit stehen würde. Für alle, die auf Milch und Milchprodukte ohne Tierleid nicht verzichten möchten, gibt es mittlerweile glücklicherweise eine sehr große Anzahl von schmackhaften Alternativen auf Basis von Nüssen und Getreide. Selbst in den meisten Discountern sind diese fast überall verfügbar.

Ein Verzicht auf Tiermilch ist so längst nicht mehr mit Einbußen, sondern mit einem guten Gewissen verbunden – und das schmeckt doch am besten.

Jan Peifer