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Ein Waisenhaus für wilde Luchse

Jedes Jahr werden in der aktion tier Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen viele verwaiste Jungtiere aufgenommen und großgezogen bis sie wieder in die Natur entlassen werden können. In diesem Jahr haben wir allerdings mit gleich drei Jungluchsen ganz besondere Gäste aufgenommen.

Junger Luchs
Vorsichtig untersucht der junge Luchs sein neues Gehege. Foto: aktion tier Wildtierstation Niedersachsen

Der Luchs ist in Deutschland stark bedroht. Deswegen wurde mit dem Luchsprojekt „Harz“ Anfang 2000 erstmals in Deutschland ein Wiederansiedlungsversuch gestartet. Inzwischen hat sich der Luchs im Harz wieder erfolgreich etabliert und breitet sich sogar über die Grenzen des nördlichsten deutschen Mittelgebirges hinweg aus. So kommt es, dass den Mitarbeitern des Luchsprojektes in der Nationalparkverwaltung gelegentlich auch kranke oder verwaiste Luchse gemeldet werden. Diese werden geborgen und wenn möglich auch versorgt, um sie später wieder auszuwildern.

Wenige Wochen altes Luchsbaby gefunden.

In diesem Jahr gab es mit drei Meldungen verwaister Jungluchse ungewöhnlich viele solcher Fälle. Bereits im Juli wurde ein nur wenige Wochen altes Luchsbaby in der Nähe von Rhüden aufgefunden. Weil dieses medizinische Versorgung und intensive Pflege benötigte, wurde es direkt in die Wildtierstation eingeliefert. Zwei weitere, noch nicht selbstständige Jungluchse wurden im November in Goslar und Stiege eingefangen, weil sie sich ausgehungert über mehrere Tage im Siedlungsbereich aufgehalten hatten. Da die projekteigenen Auffanggehege bei Bad Harzburg nicht auf die Pflege mehrerer Luchse gleichzeitig ausgelegt sind, wurden auch diese an die Wildtierstation abgegeben.

Hier werden die Drei nun in einem Gehege hinter den Kulissen heranwachsen, bis sie zur Vorbereitung auf die Wiederauswilderung in den Harz zurückgebracht werden können. Damit sie sich nicht an Menschen gewöhnen, wird der Kontakt dabei so weit wie möglich reduziert.

Nachdem der Jungluchs aus Rhüden lange Zeit allein bei uns gelebt hat, freute er sich offensichtlich über die neuen Spielkameraden im Luchskindergarten. Schon wenige Tage nach der Zusammenführung lagen die Jungluchse gemeinsam auf ihren Schlafplätzen. Bei ihren nächtlichen Aktivitäten können sie nun anschleichen, jagen und balgen üben, wie man es von jungen Hauskatzen kennt. Dieses spielerische Training ist eine gute Vorbereitung auf ihre Auswilderung, die im baldigen Frühjahr erfolgen soll, wenn die Luchse alt genug sind, sich in der Natur selbstständig mit Nahrung zu versorgen.

Dr. Florian Brandes

Stationsleiter, Fachtierarzt für Wildtiere und Artenschutz