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Amphibien auf Wanderschaft

Von Anfang März bis Mitte Mai sind sie wieder unterwegs. Viele unserer heimischen Kröten, Frösche und Molche wandern in dieser Zeit vom Winterquartier zu Teichen, Tümpeln und Seen, wo sie sich paaren und ihre Eier ablegen. Der Weg zum Laichgewässer ist vor allem wegen der Straßen, die überquert werden müssen, sehr gefährlich.

Erdkröte (Bufo bufo)
Heimische Erdkröte (Bufo bufo) mit warziger Haut. Foto: Ursula Bauer

Der Beginn der Laichwanderungen hängt hauptsächlich von der Witterung ab. Bei Temperaturen über 5 Grad und Regen geht es dann häufig ganz plötzlich los. Oft machen sich zeitgleich Massen von Amphibien vor allem in den Dämmerungsstunden und nachts auf den teilweise mehrere Kilometer langen Weg zum Laichgewässer. Arten wie Grasfrosch und Teichmolch gehen als erste auf Wanderschaft, später folgen dann die Erdkröten. Die Klasse der Amphibien (oder Lurche) umfasst weltweit über 6.000 Arten und gehört zum Stamm der Wirbeltiere. In Deutschland kommen mit 7 Schwanzlurchen und 14 Froschlurchen lediglich 21 Amphibienarten vor. Wie der Name schon sagt besitzen Schwanzlurche, also Salamander und Molche, auch im Erwachsenenalter einen Schwanz. Unken, Kröten und Frösche zählen zu den Froschlurchen. Bei ihnen sind nur die Kaulquappen mit einem Schwanz ausgestattet, welcher sich dann im Laufe der Entwicklung zum erwachsenen Tier zurückbildet.

Amphibien gibt es bereits seit mehr als 400 Millionen Jahren. Charakteristisch für Lurche ist ihre unbehaarte, dünne Haut, die glatt oder warzenreich sein kann. Zahlreiche Schleimdrüsen sorgen für eine stetige Befeuchtung der Körperoberfläche. Zusätzlich verfügen alle Amphibien über spezielle Drüsen, deren mehr oder minder giftiges Sekret sie vor Fressfeinden schützen soll. Entsprechend der Bezeichnung dieser interessanten Tierklasse (amphi = beidseitig, bios = Leben) spielt sich das Leben der meisten Amphibien zeitweise im Wasser und zeitweise an Land ab. Der Großteil unserer heimischen Lurche legt seine Eier (Laich) im Wasser ab, wo sich dann auch die weitere Entwicklung vollzieht. Es gibt ganz unterschiedliche Laichformen, anhand derer sich bereits erkennen lässt, ob es sich um Frösche, Kröten oder Molche handelt. So legen Grün- und Braunfrösche ihre Eier in großen Klumpen, Laubfrösche dagegen in kleinen Ballen ab. Mehrreihige Laichschnüre sind charakteristisch für die echten Kröten, während Gelbbauchunken und Molche meist nur einzelne Eier an Wasserpflanzen anheften.

Durch die enge Bindung ans Wasser sind entsprechend geeignete Laichhabitate für den Fortbestand unserer Lurche extrem wichtig. Oft nutzen die Tiere diejenigen Gewässer, in denen sie selbst geboren wurden. Vor allem naturbelassene oder naturnah gestaltete Tümpel, Teiche und Seen mit größeren Flachwasserzonen sind als Laichplatz für viele Arten geeignet. Aber auch in nur temporär überfluteten Mulden, Senken oder tiefen Fahrrinnen legen Amphibien ihre Eier ab, die dann eine spannende Entwicklung durchlaufen.

Metamorphose

Im Laufe ihrer Entwicklung verwandeln sich die Amphibien vom Ei über die im Wasser lebende und mit Kiemen versehene Larve (Kaulquappe) bis zum landlebenden, lungenatmenden, erwachsenen Lurch. Diesen Vorgang nennt man Metamorphose. Als Beispiel für diese interessante Gestaltänderung möchte ich Ihnen hier die Entwicklungsstadien unseres heimischen Grasfrosches (Rana temporaria) näherbringen. Grasfrösche gehören zu den Froschlurchen. Die Wanderung dieser Lurchart zum Laichgewässer findet im zeitigen Frühjahr statt. Für sein Brutgeschäft nutzt der relativ anspruchslose Grasfrosch verschiedene Gewässertypen von nur zeitweise wassergefüllten Mulden bis hin zu großen Seen. Allerdings muss das Gewässer vegetationsreich sein sowie flache, besonnte Uferbereiche aufweisen. Haben sich die Grasfrösche dann oft in Massen am Gewässer eingefunden, hört man vor allem nachts die wie ein Knurren klingenden Paarungsrufe der Männchen, die auf Brautschau sind. Ist eine geeignete Dame in Sicht klammert sich das Männchen reflexartig an dessen Rücken fest. Das Weibchen legt dann einen sehr großen und aus bis zu 2.500 Eiern bestehenden Laichballen im Wasser ab, der von dem huckepack getragenen Männchen besamt wird. Dieser gallertige Laichklumpen quillt schnell auf und steigt an die Wasseroberfläche. Bei milderen Temperaturen schlüpfen die winzigen, mit einem Ruderschwanz ausgestatteten Larven bereits nach wenigen Tagen. Sie atmen mit Hilfe von Kiemen, welche am Anfang als Bündel nach außen ragen, später dann jedoch von einer Hautfalte überwachsen werden. Die eifrig umher schwimmenden schwarzen Kaulquappen halten sich gerne in großen Scharen in den flachen Uferbereichen auf und ernähren sich von Algen und Mikroorganismen, die sie von Steinen und Pflanzen abweiden.

In der weiteren Entwicklung wachsen den Grasfrosch-Larven Extremitäten – zuerst die Hinterbeine und Tage später dann die Vorderbeine. In dieser Zeit finden auch noch weitere gravierende äußere und innere Umwandlungen statt, welche unter anderem die Rückbildung des Schwanzes und die Entwicklung der Lungen bei gleichzeitiger Rückbildung der Kiemen beinhalten. Das gesamte Prozedere vom Ei bis zum fertigen Grasfrosch dauert etwa 2,5 bis 3 Monate. Die etwa daumennagelgroßen Jungfrösche verlassen dann Mitte bis Ende Juni ihr Laichgewässer und suchen sich in einem Radius von ca. 800 Metern einen passenden Landlebensraum. Grasfrösche sind auch hier recht flexibel und fühlen sich in unterschiedlichen Habitaten mit guter Bodenfeuchte und Krautschicht wohl. So sind sie in feuchten Wiesen und Weiden, Parks und Gärten sowie in Misch- und Laubwäldern recht häufig anzutreffen. Erwachsene Grasfrösche ernähren sich von diversen Insekten, Spinnentieren, Schnecken und Würmern, auf die sie in der Dämmerung und nachts Jagd machen. Amphibien sind wie Reptilien und Fische wechselwarm. Das bedeutet, ihre Körpertemperatur passt sich der Außentemperatur an. Wenn es im Herbst kalt wird sinkt also auch die Körpertemperatur unserer Grasfrösche. Nun suchen sie sich einen geschützten, frostfreien Unterschlupf im Laub oder in einem Mäusegang und fallen hier in eine Winterstarre. Wenn im Frühjahr dann die Sonne den Boden wieder erwärmt erwachen auch die Grasfrösche aus ihrer Winterstarre und der Kreislauf ihres Lurchlebens beginnt von neuem.

Errichtung eines Amphibienschutzzaunes
Mitarbeiter von aktion tier e.V. errichten einen Amphibienschutzzaun. Foto: aktion tier e.V.

Schutz und Hilfe

Alle in Deutschland heimischen Amphibien zählen zu den besonders geschützten Wildtieren. Der gesetzliche Schutz umfasst nicht nur die erwachsenen Tiere, sondern auch deren Laich und Entwicklungsstadien. Daher dürfen auch keine Kaulquappen mitgenommen und zu Hause aufgezogen werden. Von den 21 in Deutschland vorkommenden Lurcharten werden 8 Arten innerhalb der Roten Liste als gefährdet eingestuft. Zwei weitere Arten stehen auf der Vorwarnliste. Grund für die Gefährdungssituation vieler Amphibienarten ist neben dem Verlust von Laichgewässern durch Trockenlegung oder Baumaßnahmen der Straßenverkehr. Lurche sind hinsichtlich ihrer Fortbewegung sehr langsam. Ihr Leben ist nicht auf Schnelligkeit ausgerichtet, sie sind keine Fluchttiere. Und so wird ihnen ihre behäbige Art der Fortbewegung während der Laichwanderung alljährlich zum Verhängnis. Schätzungen zu Folge werden jedes Jahr Hunderttausende Individuen auf unseren Straßen überfahren. Bei den Erdkröten (Bufo bufo) kommt erschwerend hinzu, dass sich die Paare meist schon auf dem Weg zum Gewässer finden. Das Männchen setzt sich auf den Rücken des Erdkrötenweibchens, umklammert es mit den Vorderbeinen und lässt nicht mehr los. Derart bepackt kommen die Weibchen noch weitaus langsamer voran. Daher sind Erdkröten auch beim Überqueren von Straßen vom Verkehrstod am stärksten betroffen.

Zum Schutz der wandernden Lurche werden Straßen teilweise mit dauerhaften Leiteinrichtungen mit Amphibiendurchlässen ausgestattet. Diese sogenannten Krötentunnel bestehen aus einfachen, nach beiden Seiten offenen Rohren, die unter den Straßen verlegt werden. Mehrere Meter lange Leitblenden an den Rohrenden lenken die wandernden Amphibien zu den „Unterführungen“. Diese Leitsysteme sind allerdings sehr teuer und werden in der Regel nur an nachweislich stark frequentierten Stellen errichtet. Und auch nur dann, wenn Straßen neu gebaut oder von Grund auf saniert werden. Weiter verbreitet sind dagegen mobile Amphibienzäune, die an markanten Streckenabschnitten nur für die Zeit der Wanderungen zum Laichgewässer errichtet werden. Etwa ½ m hohe, parallel zur Straße errichtete Folienbahnen lenken die wandernden Lurche in ebenerdig eingegrabene Fangeimer. Die Betreuer des Zauns kontrollieren die Eimer mindestens einmal täglich und lassen die gefangenen Tiere auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo sich auch das Laichgewässer befindet, wieder frei. Auch aktion tier hat schon diverse dieser temporären Schutzzäune installiert.

Durch Amphibienschutzzäune können zumindest lokal Tausende Tiere vor dem Straßentod bewahrt werden. Da jedoch nicht überall solche betreuungsintensiven Zäune errichtet werden können sollten Autofahrer im Frühjahr bei Dunkelheit und feuchter Witterung besondere Rücksicht auf wandernde Amphibien nehmen. Häufig weisen entsprechende Warnschilder an Straßen stark frequentierte Bereiche aus. Vor allem an diesen Stellen sollten Autofahrer möglichst langsam fahren oder die Streckenabschnitte sogar während der Wanderzeit ganz meiden. Ein kleiner Umweg kann vielen Lurchen das Leben retten!

Ausnahmen bestätigen die Regel...

Der in mittleren bis hohen Gebirgslagen beheimatete Alpensalamander (Salamandra atra) lebt das ganze Jahr über auf Almwiesen und in feuchten Laubwäldern. Diese Lurchart benötigt für ihren Entwicklungszyklus kein Wasser. Das Weibchen bringt ein bis zwei vollständig entwickelte, lungenatmende Jungtiere zur Welt, deren Entwicklung sich vollständig im Mutterleib vollzogen hat. Auch der bei uns vorrangig in alten Laubwäldern der Höhenlagen vorkommende Feuersalamander (Salamandra salamandra) unterscheidet sich von den übrigen Amphibienarten. Das Weibchen sucht zwar auch ein Laichgewässer auf, legt aber hier keine Eier, sondern weit entwickelte Larven mit Kiemen ab, die im Wasser ihre weitere Verwandlung durchlaufen.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.