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Froschschenkel: Gaumenkitzel mit Risiken und Nebenwirkungen

Die „Gewinnung“ von Froschschenkeln ist schockierend brutal. Da die Zucht in Farmen schwierig ist, stammen die meisten Frösche aus der Natur.

Juni 2019
Ein Beitrag von Ursula Bauer
 Froschschenkel: Gaumenkitzel mit Risiken und Nebenwirkungen

Herkunft und Import

Früher kamen ausschließlich heimische Lurche auf den Teller. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden ganz selbstverständlich Wasserfrösche gefangen und entweder der eigenen Familie vorgesetzt oder lebendig auf Märkten verkauft. Heute sind dagegen alle europäischen Amphibien, zu denen auch die Frösche gehören, gesetzlich geschützt. Sie zu fangen, zu verkaufen, zu verletzten oder zu schlachten steht unter Strafe. Daher werden alle in der EU verspeisten Froschschenkel importiert. Jährlich sollen es 4.000 bis 5.000 Tonnen sein. Das Fleisch stammt zum Beispiel aus Vietnam, Taiwan und der Türkei, vorrangig jedoch aus Indonesien.

Im Vergleich zu Frankreich und Belgien wird in Deutschland wenig Froschfleisch verzehrt. Hierzulande isst man nur die sogenannten Froschschenkel, die aus den Hinterbeinen mit dem Ansatz der Wirbelsäule bestehen. Die beispielsweise im Jahr 2016 nach Deutschland importierten 41,5 Tonnen Schenkel entsprechen einem Pro-Kopf-Verbrauch von nur 0,5 Gramm. Dagegen kamen auf jeden Bundesbürger im gleichen Jahr über 50 kg (!) Schwein und immerhin noch 900 Gramm Schaf- und Ziegenfleisch. Aber auch für die relativ geringe Importmenge von 41,5 Tonnen Froschschenkel mussten zwischen 150.000 und 300.000 Frösche sterben.

Gerne gegessen werden unter anderem der Indonesische Zahnfrosch und der Chinesische Ochsenfrosch. Die beiden Hinterbeine des Indonesischen Zahnfroschs wiegen etwa 140 Gramm, die des kleineren und leichteren Chinesischen Ochsenfroschs dagegen nur ca. 70 Gramm.

Sinnloses Tierleid, brutale Fangmethoden, Artensterben

Am Nahrungsmittel Froschschenkel haftet großes und sinnloses Leid. So muss ein Tier sterben, um dann nicht einmal die Hälfte seines Körpers als Nahrungsmittel zu verwerten. Auch werden die nachts in Reisfeldern und Sümpfen gefangenen Frösche meist nicht getötet, bevor ihnen die Hinterbeine abgeschnitten oder aus dem Körper herausgedreht werden. Der weggeworfene „Restfrosch“ lebt noch eine ganze Weile, bis endlich der Tod eintritt.

Da die Zucht in Farmen schwierig ist, stammen die meisten für den Export bestimmten Frösche aus der Natur. Dieser Wildfang erfolgt völlig unkontrolliert. Niemand weiß, welche Arten in welcher Stückzahl gejagt werden. Die Amphibien oder Lurche gehören zu den weltweit am meisten bedrohten Tieren. Unter anderem durch die Zerstörung von Lebensräumen, Umweltverschmutzung, Straßenbau und eingeschleppte Fremdarten soll inzwischen knapp ein Drittel aller Arten vom Aussterben bedroht sein. Der unmäßige Fang von Tieren für den Export trägt erheblich zum Artensterben bei.

Die massenhafte Jagd auf eine bestimmte Tierart stört früher oder später auch immer das ökologische Gleichgewicht. Frösche ernähren sich unter anderem oder sogar ausschließlich von Insekten. Im Gegenzug dienen Laich, Kaulquappen und erwachsene Lurche verschiedenen Vögeln sowie zahlreichen Schlangen- und Säugetierarten als Nahrung. Als in den 1950er bis 1980er Jahren in Indien und Bangladesch die intensive Froschjagd zu einem starken Bestandsrückgang führte, vermehrten sich die Insekten rasant. Unter anderem die Malaria übertragende Anopheles-Mücken, wodurch die Zahl der Erkrankungen rapide anstieg. Nachdem die natürlichen Schädlingsbekämpfer fast ausgerottet waren, kam neben diversen anderen Umweltgiften das bei uns bereits seit 1972 verbotene Insektengift DDT verstärkt zu Einsatz.

Das Pestizid DDT ist in Deutschland auch nach 46 Jahren noch im Boden nachweisbar, reichert sich im Fettgewebe von Säugetieren an, tötet selbst in sehr niedriger Konzentration Wasserlebewesen und steht im Verdacht, Krebs zu erregen.

Außerdem ergaben sich durch den Wegfall der Frösche als Beute weitere ökologische Ungleichgewichte. Erst als in Bangladesch, Indien und später auch in China der Export von Froschfleisch kategorisch verboten wurde, begannen sich die dortigen Ökosysteme sehr langsam zu erholen. Auch die aktuellen Exportländer, allen voran Indonesien, werden den Preis für den intensiven Froschfang zahlen müssen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das natürliche Gefüge auch dort durch die maßlose Jagd aus den Fugen gerät.

Etwa 50 Prozent der in Deutschland heimischen Amphibienarten stehen aktuell auf der „Roten Liste der gefährdeten Arten“ und sind vom Aussterben bedroht. Neben anderen Gefährdungsfaktoren fallen vor allem zahlreiche Kröten und Frösche bei ihrer Wanderung zum Laichgewässer dem Straßenverkehr zum Opfer. Angesichts der zahlreichen Gefährdungen sollten wir nicht auch noch Millionen von Amphibien töten, um ihre Beine zu essen.

Farmzucht

Im Grunde wäre die Zucht ja eine Möglichkeit, die Nachfrage nach Froschfleisch zu befriedigen – ohne negative Auswirkungen. Dagegen spricht jedoch erst einmal, dass es wesentlich bequemer und auch viel günstiger ist, die Tiere in freier Natur zu fangen. Außerdem ist die Zucht von Fröschen schwierig, und in den Farmen treten die gleichen Probleme auf wie in anderen Massentierhaltungen. So nimmt beispielsweise der Kannibalismus unter den auf engstem Raum gehaltenen Kaulquappen zu, und gesundheitliche Probleme wie bakterielle Infektionen und Pilzbefall sind an der Tagesordnung.

Hinzu kommt, dass die Farmfrösche schlecht fressen. Sie ernähren sich grundsätzlich nur von Lebendfutter, aber selbst darauf scheinen sie in Gefangenschaft wenig Appetit zu haben.

Etikettenschwindel

Um zu verhindern, dass Wildfänge zum Artensterben führen und die Ökosysteme Schaden nehmen, müsste sichergestellt werden, dass nur noch Farmfrösche nach Deutschland gelangen. Stichproben von Experten zeigen jedoch, dass die aktuell durchgeführten Kontrollen völlig unzureichend sind. So fanden Wissenschaftler des Berliner Museums für Naturkunde bei einer Untersuchung von in der Hauptstadt angebotenen Froschschenkeln heraus, dass das auf der Verpackung angegebene Herkunftsland meisten korrekt war. Bei als ’Farmtier‘ deklarierten Fröschen handelte es sich jedoch teilweise um Wildfänge, und auch die Angaben zur Froschart waren nicht immer korrekt.

Eine andere Studie von Wissenschaftlern der Pariser Universität Sorbonne zeigte, dass es sich bei 98% der angeblich vom indonesischen Zahnfrosch (Limnonectes macrodon) stammenden Schenkel um die Körperteile des südostasiatischen Reisfroschs (Fejervarya cancrivora) handelte. Warum eine andere Froschart angegeben wurde, können die Wissenschaftler nur vermuten. Der Reisfrosch ist stark pestizidbelastet und könnte daher bei den Abnehmern nicht gut angekommen. Eine andere mögliche Erklärung wäre, dass der Zahnfrosch durch die starke Entnahme schon selten geworden und daher nur noch begrenzt verfügbar ist.

© Ursula Bauer Foto: aktion tier, Ursula Bauer

In dieser Packung aus einem ASIA-Supermarkt befinden sich 23 Froschschenkel- Paare. Sie sollen laut Aufdruck von Chinesischen Ochsenfröschen (Hoplobatrachus rugulosus) aus einer Farm in Vietnam stammen. Bei einem Netto-Inhalt von 900 Gramm wiegt ein Beinpaar im Schnitt nur 40 Gramm. Normalerweise wiegen die Hinterbeine bei ausgewachsenen Tieren dieser Froschart aber mindestens 70 Gramm. Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich entweder um eine andere, kleinere Froschart handelt oder dass bewusst junge Ochsenfrösche getötet wurden. Warum nicht ausgewachsene Tiere, noch dazu in einer Farm, für den Verzehr geschlachtet werden, obwohl sie noch größer und schwerer werden könnten, bleibt ein Rätsel. Derartige Ungereimtheiten sind jedoch ein Grund mehr, keine Froschschenkel zu konsumieren.

Dass Millionen von Fröschen bestialisch getötet, Arten ausgerottet und das natürliche Gleichgewicht durcheinander gebracht wird, um am Ende ein Produkt zu erhalten, das nur mit Hilfe von Marinade oder Knoblauchsauce „nach Hühnchen“ schmeckt, grenzt an Irrsinn. Ein konsequenter EU-weiter Importstopp könnte das Drama beenden, aber es ist unwahrscheinlich, dass Länder mit hohem Frosch- Konsum wie Frankreich und Belgien zustimmen würden.

Was hat aktion tier getan?

Im Rahmen einer kampagnenbegleitenden Aktion haben wir eine Protest-Postkarte erstellt und Restaurants in ganz Deutschland angeschrieben, die offen mit Froschfleisch zum Beispiel im Internet werben. Mit Hilfe des informativen Postkarten-Textes wurden die Betreiber freundlich gebeten, diese Speise aus ihrem Angebot zu streichen. Wir hoffen, dadurch zumindest zum Nachdenken angeregt zu haben.

Was können Sie tun?

Sie haben die „Macht des Verbrauchers“. Wenn hierzulande keine Froschschenkel mehr konsumiert werden, fällt irgendwann auch deren Import weg.

  • Verzichten Sie bitte auf den Kauf und Verzehr dieser Speise.
  • Wenn Sie in einem Restaurant feststellen, dass Froschfleisch angeboten wird, können Sie den Betreiber direkt darauf ansprechen und, wenn Ihnen der Anblick den Appetit verdorben hat, natürlich auch die Lokalität verlassen.
  • Falls Sie die direkte Konfrontation scheuen, können Sie auch einfach unsere Froschschenkel- Postkarte mit fertigem Text auf der Rückseite anfordern und, mit der entsprechenden Adresse versehen, an den Restaurantbetreiber schicken.

Kampagnenvideo

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