Nachhaltig leben und einkaufen

Aufreger – Spaß im Glas?

Nicht für die kleinen Garnelen, die in Mini-Aquarien eingeschlossen werden und dann als lebende Deko auf Schreibtischen dahinsiechen.

Geschlossene Ökospheren-Kugeln
Einfach geschmacklos. Geschlossene Ökospheren-Kugeln. Foto: Screenshot Verkaufsanzeige im Internet

Anlass für diesen Aufreger war die E-Mail eines Mitgliedes mit dem Hinweis, dass im Souvenirshop eines gerade in Berlin eröffneten Museums für Kultur und Wissenschaft Eco-Spheren-Kugeln angeboten werden. Hierbei handelt es sich um hermetisch geschlossene Glaskugeln in unterschiedlichen Größen. Im Inneren befinden sich Salzwasser, kleine Steinchen, ein Stück Weichkoralle (Gorgonie), Grünalgen als Nahrung sowie 3-4 lebende Rote Hawaiigarnelen (Halocaridina rubra).

Wassergebundene Mini-Lebensräume mit kleinen Garnelen in Glas- oder Plastikbehältern gibt es nicht nur von EcoSphere, sondern von vielen verschiedenen Herstellern. Die Idee dahinter ist, durch die einzelnen Komponenten ein ökologisches Gleichgewicht zu schaffen, welches über viele Jahre hinweg alles Leben im Gefäß gewährleistet.

Falscher Schein

Die Anbieter dieser Kugeln hüllen ihre Geschäftsidee gerne in das unschuldige Mäntelchen der Wissenschaft und preisen die Produkte als lehrreich und bildend an. Wenn in der Schule unter Anleitung des Lehrers ein abgeschlossenes Ökosystem angelegt wird, um zu beobachten, wie lange dieser Mikrokosmos überlebt, kann das sinnvoll und akzeptabel sein. Als Spielzeug für Kinder oder Eyecatcher fürs Wohnzimmer sollten Lebewesen jedoch nicht missbraucht werden. Außerdem müsste jedem klar sein, dass solch eine winzige, geschlossene Biosphere auf Dauer nicht funktioniert. Sonst würde es etwas Derartiges auch in der Natur geben.

Rote Hawaiigarnele Halocaridina rubra.
Rote Hawaiigarnele Halocaridina rubra. Foto: © Adobe Stock/Andrej

In zahlreichen Kommentaren von Kugelbesitzern ist zu lesen, dass die Roten Hawaiigarnelen innerhalb weniger Wochen gestorben sind. Dabei können Zwerggarnelen bis zu 15 Jahre alt werden.

Tierquälerei

In den Ökospheren-Kugeln gibt es keine Strömung, keine Frischwasserzufuhr, keinen Gas- und Stoffaustausch mit der Umwelt. Die völlig unnatürlichen Lebensbedingungen sind für die eingesperrten Garnelen eine Zumutung. Sie leben in einer engen Wasserblase, die im Laufe der Zeit durch die eigenen Ausscheidungen verdreckt. Das führt mangelsFrischwasserzufuhr zu unhygienischen, krankheitsfördernden Verhältnissen. Die kleinen Tiere verstecken sich außerdem gerne, leben in den Glaskugeln aber wie auf dem Präsentierteller, damit die Besitzer sie gut sehen können. Das verursacht Stress. Des Weiteren ernähren sich die Roten Hawaiigarnelen in freier Natur von mikroskopisch kleinen Einzellern wie Wimpern- und Pantoffeltierchen und weiden die auf Steinen wachsenden Algenrasen ab. In den Mini-Aquarien gibt es von alldem zu wenig. Die Garnelen sind schnell mangelernährt und fressen, wie Käufer berichten, in ihrer Not auch die gestorbenen Artgenossen auf. Und es gibt wohl nichts Einsameres als das letzte überlebende Tierchen in seinem Gefängnis.

Die Halocaridina rubra lebt auf Hawaii in Brackwassertümpeln.
Die etwa 1,5 cm groß werdende Halocaridina rubra kommt natürlicherweise ausschließlich auf Hawaii und einigen Nachbarinseln vor, wo sie in Brackwassertümpeln lebt. Foto: © AdobeStock/Billy McDonald

Gegen das Tierschutzgesetz verstoßen die Mini-Ökospheren nicht, da es sich bei Garnelen (nur) um Wirbellose handelt, denen, wie wir finden zu Unrecht, ein Schmerzempfinden abgesprochen wird. Daher gilt für sie der Grundsatz des Tierschutzgesetzes, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf, bedauerlicherweise nicht. Wirbellose Tiere wie Garnelen, Krebse, Hummer und Co. dürfen somit ungestraft in kochendes Wasser geworfen oder wie hier, eingeschlossen und als Deko oder „Studienobjekt“ missbraucht werden.

Grausamer Tierversuch

In unseren Augen sind die geschlossenen Ökospheren-Kugeln nichts weiter als ein geschmackloser Shopping-Gag, der mit Tierhaltung nichts zu tun hat. Man kann sich weder um die Garnelen kümmern noch eingreifen, wenn es ihnen schlecht geht. Die Tätigkeit der Kugelbesitzer beschränkt sich daher wohl auf die tägliche Verwunderung darüber, dass die Tiere immer noch leben.

Wenigstens hat der Museumsshop die Kugeln aufgrund unserer Kritik aus seinem Sortiment genommen!

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.