Der entsetzte Anruf im Tierschutzcentrum Meißen kam von einer Frau aus Radebeul. Sie hatte auf einer Weide bei Moritzburg 9 tote Schafe entdeckt. Die Kadaver lägen verstreut auf der Fläche sowie in einem als Unterstand genutzten Wohnwagen. Wir sprangen ins Auto und fuhren los. Als wir in Moritzburg eintrafen, hatte die örtliche Polizei schon die Tierleichen abtransportieren lassen. Der Rest der Herde, 5 abgemagerte und ungepflegte Schafe, scharrten auf der Weide verzweifelt den Schnee weg, um wenigsten an das im Winter nur sehr kümmerlich vorhandene Gras zu gelangen. Heu, das Hauptfutter für Wiederkäuer, stand den Tieren nicht zur Verfügung. Lediglich ein paar verfaulte Gemüsereste lagen an einem provisorisch aus lockeren Brettern zusammengebastelten und vollgekoteten „Futterplatz“. Der kleine Wasserrest, der sich in einer Zinkwanne auf der Weide befand, war zugefroren. Ein als Stall gedachter ehemaliger Wohnwagen war komplett mit Tierkot verdreckt, auf dem mit Urin durchtränkten Boden war keinerlei Einstreu vorhanden.
Wir fanden an den Stellen, wo die Kadaver gelegen hatten, Blutflecken sowie Fell-, Haut- und Knochenreste. Darunter 2 Unterkieferknochen, 1 Beinknochen sowie ein vermoostes Schulterblatt. Der Zustand der teilweise von Wildtieren angefressenen Kadaverreste deutete darauf hin, dass die Tiere nicht alle gleichzeitig, sondern nacheinander zu unterschiedlichen Zeiten gestorben waren.
Um der Tierhalterin, einer ortsansässigen Ärztin, die Schuld am Tod der Tiere nachweisen zu können, mussten wir unbedingt deren Todesursache erfahren. Also sorgten wir dafür, dass die Behörde die Kadaver obduzieren ließ. Es stellte sich heraus, dass die Schafe komplett unterernährt waren. Sogar das Herzfett war vollständig abgebaut. Dieses Fettdepot wird erst kurz vor dem Verhungern als letztes vom Körper abgebaut. In den Mägen der toten Schafe befanden sich außerdem Plastik- und Folienteilchen. Die hungrigen Tiere hatten anscheinend alles gefressen, was ihnen vor die Mäuler kam. Wahrscheinlich hatten sie aufgrund der schlechten hygienischen Zustände auch Bakterien, Pilze und Krankheitserreger mit der Nahrung aufgenommen. Ihr Tod war sicherlich sehr schmerz- und qualvoll. Kein Tierarzt kam ihnen zu Hilfe.