Nach erster Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich um ein männliches Tier von etwa fünf Jahren handelte. Da das feste Revierpaar des Gebietes zuvor bereits gesichtet werden konnte, wurde deutlich, dass es sich hierbei um ein revierfremdes Tier handelte. Auffällig war der rechte Flügel, der deutlich vom Körper abgeneigt war, jedoch keine offenen Verletzungen aufwies. Auf direktem Weg wurde der Seeadler dann zu dem fachkundigen Tierarzt Dr. Wilken in seine tierärztliche Praxis in Ofen gebracht, damit eine Untersuchung stattfinden, sowie ein Röntgenbild angefertigt werden konnte. Auf dem Röntgenbild waren dann eine Fraktur der Elle und Speiche, sowie eine zusätzliche Fissur an der Elle zu erkennen. Aufgrund der Nähe der Verletzung zum Handwurzelgelenk wurde die Prognose als schlecht eingestuft mit der Befürchtung, dass der Vogel lebenslänglich flugunfähig bleiben würde und somit gegebenenfalls euthanasiert werden müsse. Nach weiterer ausführlicher Anamnese und Beratung entschlossen wir uns gemeinsam mit Dr. Wilken, eine sofortige Operation durchzuführen. Die Speiche wurde dabei mit einer sogenannten Marknagelung unterstützt und der Bruch an der Elle mit einer Knochenplatte überbrückt. Die Fissur wurde so belassen, da diese durch Ruhigstellung der Schwinge von allein ausheilen kann. Die Operation dauerte insgesamt 2,5 Stunden und verlief komplikationslos.
Bereits wenige Tage nach der Operation wurde sichtbar, dass es die richtige Entscheidung war. Das Tier zeigte deutlich Lebenswillen, tolerierte das Futter, und die neue Stabilität des Flügels machte sich durch eine nun wieder physiologische Haltung am Körper des Tieres bemerkbar. Schon sechs Wochen nach der Operation zeigte eine erneute Röntgenaufnahme, dass der Bruch schön verheilt war, sodass der Marknagel operativ entfernt werden konnte. Die Platte, die an sieben Stellen mit dem Knochen verschraubt ist, konnte im Flügel belassen werden, da sie mit einem Gewicht von nur rund fünf Gramm das Fliegen nicht beeinflussen würde.