Fleisch ist heute für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil vieler oder sogar aller Mahlzeiten geworden. Ob am Hotelbuffet, am Kiosk oder sogar an der Tankstelle – als Schnitzel, Wurstsemmel oder Bratwurst ist Fleisch in unserer Gesellschaft ständig und nahezu überall verfügbar. Und dieses Angebot wird gerne angenommen: Nach jüngsten Berechnungen lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch im vergangenen Jahr bei 60,3 kg. Das dafür nötige unvorstellbare Tierleid nehmen viele Verbraucher bewusst oder unbewusst in Kauf, befördert von einer riesigen Marketingmaschinerie. Jedes Jahr müssen in Deutschlands Schlachthöfen fast 60 Millionen Schweine ihr Leben lassen, dazu unter anderem mehr als drei Millionen Rinder und unglaubliche 630 Millionen Hühner. Besonders beliebt sind dabei Tiere, die eigentlich noch Babys sind. Schnitzel vom Kalb, krosse Spanferkel oder Lammkoteletts stehen je nach Region auf den allermeisten Speisekarten hoch im Kurs.
In anderen Ländern kommen sogar noch ungeborene Tiere auf den Teller – wie das Balut, ein angebrütetes Entenei mit je nach Zeitpunkt der Zubereitung mehr oder weniger stark entwickeltem Embryo, was in Asien weit verbreitet ist. Diese „Delikatessen“ sind glücklicherweise bei uns verboten, aber auch die Lämmer, Ferkel oder Kälber sind oft nur wenige Wochen alt geworden. Die Zucht von Babyputen hat sich gar zu einem eigenen Mastzweig der Geflügelproduktion entwickelt. Es gibt nur spärliche Untersuchungen auf diesem Feld – doch könnte ein Grund für die Beliebtheit der Tierkinder auf dem Teller die mit der Jugend assoziierte „Frische“ sein. Das besonders zarte Fleisch der noch wenig bewegten Muskeln, der von natürlichen Faktoren wie Ernährung, Luft und Lebensbedingungen „unverfälschte Geschmack“ und vielleicht ein unbewusstes Gefühl der Überlegenheit, ein anderes Leben zu „genießen“, bevor dieses sich richtig entfalten konnte. Auch die Werbung, die diese Faktoren unverblümt ausschlachtet und gleichzeitig mit Bildern von süßen Tierkindern das Kindchenschema anspricht und mit diesem noch besser ein idyllisches Landleben der Tiere vorgaukelt, trägt einen Großteil zur Nachfrage beim Verbraucher bei. Doch vieles wird dabei ausgeblendet.
So sind zum Beispiel Lämmer sehr beliebt, verarbeitet zu Koteletts, Lammkeule oder Milchlamm – auch und gerade zu Ostern. Da die Nachfrage vor allem nach billigem Lammfleisch aus deutscher Produktion nicht gedeckt werden kann, stammt der größte Teil von besonders in Discountern angebotenem Lammfleisch aus dem Ausland; die in Deutschland produzierte Menge an Schaf- (meist Lamm- und Hammel-) fleisch beträgt jährlich weniger als 3000t. Hinzu kamen in den letzten Jahren zwischen 30-40.000t importiertes Lamm- und Hammelfleisch (zum Vergleich: Die in Deutschland produzierte Menge an Schweinefleisch liegt bei jährlich ca. 4 Millionen Tonnen). Der größte Teil des importierten Fleisches stammt aus Australien und Neuseeland, wo die Fleischindustrie zu den Hauptwirtschaftszweigen zählt. Alleine Neuseeland exportiert über eine halbe Million Tonnen Lammfleisch jährlich, ca. die Hälfte findet in den EU-Ländern Abnehmer. Bei der Zucht der Lämmer geht es wie in anderen Tierzuchten auch ruppig zu: Nur kurz nach der Geburt werden den Tieren die Schwänze abgeschnitten, männliche Tiere kastriert – in der Regel ohne Betäubung. Das größte Leid tragen allerdings diejenigen Tiere, die in den Nahen Osten und nach Afrika verschifft werden. Eine Schafhaltung im großen Stil ist hier aufgrund der klimatischen Bedingungen nicht möglich; die Nachfrage aber (insbesondere zum Opferfest) nach Lämmern ist riesig. Die Tiere sollen geschächtet, also mit einem Schnitt durch die Kehle getötet werden, meist ohne Betäubung. Aus diesem Grund werden die Lämmer lebend transportiert und erleiden auf überdimensional großen Viehtransporten dasselbe Schicksal wie ihre Artgenossen auf dem Landweg, bevor ihnen dann – sofern sie die Schifffahrt überlebt haben – am Zielort der Reise die Kehle bei lebendigem Leibe durchgeschnitten wird. Wer diese Industrie nicht unterstützen möchte, der sollte sein „Osterlamm“ lieber selbst backen als aus der Tiefkühltruhe des nächstbesten Discounters kaufen. Gleiches gilt für den Konsum eines Spanferkels, welches eines von 55 Ferkeln ist, die eine deutsche Zuchtsau im Durchschnitt gebiert – das Schweinchen aus Marzipan schmeckt nicht nur zu Ostern ohne schlechtes Gewissen viel, viel besser.