Als die Formulierung bekannt wurde, sorgte sie schnell für Aufsehen. Die Schaffung eines neuen Straftatbestands stand im Raum, denn Aktivisten, die sich unerlaubt Zutritt zu Zucht- und Mastanlagen verschaffen, unterscheiden sich grundsätzlich von Einbrechern auf Beutezügen. Tierrechtler zerstören in der Regel nichts und begehen auch keine Diebstähle, ihr Anliegen ist es lediglich, Missstände in der Tierhaltung aufzuzeigen, diese publik zu machen und so möglichst zu ihrer Beseitigung beizutragen. Dabei betreten sie privates Gelände, sie begehen Hausfriedensbruch und machen sich bei den Eigentümern, gelinde gesagt, nicht sehr beliebt. Wenn es zu Veröffentlichungen von Bildmaterial aus Ställen mit Intensivtierhaltung kommt, sind die Reaktionen der Agrarindustrie und ihrer Funktionäre daher fast immer identisch. Es handele sich um manipulierte Bilder, Missstände seien entweder gar nicht ersichtlich oder nachgestellt. Wenn diese zu offensichtlich und nicht mehr abzustreiten sind, dann handele es sich um einen „bedauerlichen Einzelfall“ und bei den Tierschützern um Gesetzesbrecher und Banditen, die es mit allen Mitteln in die Schranken zu weisen gilt. Eine verständliche Reaktion, rufen doch schlechte Schlagzeilen die Empörung von Medien und Verbrauchern hervor und wirken sich negativ auf den Umsatz aus.
Tierschützer wurden freigesprochen
Umso größer war der Paukenschlag, als das Oberlandesgericht Naumburg im Februar 2018 drei Tierschützer freisprach, die genau den noch gar nicht geschaffenen „Straftatbestand“ erfüllt hatten: Sie waren in einen Schweinezuchtbetrieb in Sachsen-Anhalt eingestiegen und hatten dort u.a. Kastenstände dokumentiert, die die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllten. Die 60.000 Tiere in den Ställen auf dem Betriebsgelände hatten offensichtlich viel zu wenig Platz. Die Aktivisten gingen davon aus, dass die zuständigen Behörden ohne Beweis die Missstände nicht abstellen würden. Zwar riskierten sie damit eine Anklage wegen Hausfriedensbruch, doch das Amtsgericht Haldensleben sprach die Aktivisten frei. Nach der Berufung durch die Staatsanwaltschaft bestätigte auch das Landgericht Magdeburg dieser Entscheidung. Weil die zuständige Staatsanwaltschaft den Freispruch in der zweiten Instanz noch immer nicht akzeptieren wollte, gelangte der Streit vor das Oberlandesgerichtund endete wieder mit einem Freispruch, der diesmal rechtsgültig ist. Zwar hätten die Angeklagten sich durchaus des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht, doch sei der vernachlässigte Tierschutz, immerhin als Staatsziel im Grundgesetz verankert, ein rechtfertigender Notstand, das Tierwohl damit deutlich höher zu bewerten als das verletzte Hausrecht des Landwirts, so das Gericht.