Lieber Luis,
vielen Dank für deine interessanten Fragen, die zeigen, dass du sehr viel über das Thema Tier(-schutz) nachdenkst! Zu ersten Frage „Die toten Tiere im Supermarkt sind sowieso tot, dann könnte ich sie doch essen bzw. auch mal probieren“ lautet meine Antwort: „Probieren geht über Studieren!“ wie man so schön sagt. Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass man Fleisch einmal probiert – oder sogar regelmäßig Fleisch isst. Das sollte jeder für sich selbst entscheiden. Jeder Mensch hat eine andere Einstellung gegenüber Tieren, die sich aus seinem Wissen über Tiere, seinen Erfahrungen mit diesen und seinen Gefühlen gegenüber Tieren ergibt. Genau deshalb sieht jeder von uns in einem Tier etwas anderes.
Für viele Menschen – mich eingeschlossen – sind Tiere tatsächlich Lebewesen. Wie der Name schon sagt, wollen alle Lebewesen leben. So wie wir Menschen auch! Und ich möchte sie nicht daran hindern. Ich bin davon überzeugt, dass Tiere, genauso wie wir, Leid, Schmerz und Freude empfinden und möchte nicht, dass ein Tier meinetwegen, für oder durch mich leidet. Deshalb habe ich mich schon vor vielen Jahren dazu entschlossen keine Tiere zu essen. Denn mit jedem Kauf von Fleisch und somit mit jedem Bissen, den man isst, unterstützt man, dass Tiere geschlachtet werden und in den meisten Fällen leiden müssen. Wenn man Fleisch essen möchte, musste dafür zuerst ein Tier getötet werden. Ganz einfach! Möchtest du also nicht, dass ein Tier leiden oder sterben muss, kannst du mit deiner Entscheidung kein Fleisch zu essen, jeden Tag aufs Neue dazu beitragen, dass für dich schon mal kein Tier geschlachtet werden musste. Mit der Entscheidung kein Fleisch zu essen beeinflusst du nicht nur das Leben der Tiere, sondern auch das deiner Mitmenschen und leistest zudem einen großen Beitrag zur Gesunderhaltung deiner Umwelt. Denn wie du sicher weißt, wird für die „Produktion“ von Fleisch die Umwelt ganz schön verschmutzt!
Ich wurde schon sehr oft gefragt, warum ich kein Fleisch esse. Immer wenn ich der interessierten Person meine Entscheidung erklärt habe, habe ich mein Wissen und meine Erfahrung an sie weitergegeben. Genau dadurch ändert sich dann in manchen Fällen sogar die Einstellung dieser Person gegenüber Tieren. Wenn sich dann auch diese Person dazu entscheidet in Zukunft kein oder weniger Fleisch zu essen, hat man gleich doppelt so viele Tierleben gerettet und seine Umwelt geschützt.
Ich finde es super, dass du schon in so jungen Jahren vegetarisch lebst und dich mit vielen schwierigen Fragen beschäftigst. Zur Beantwortung deiner zweiten Frage „Warum esse ich ab und zu Fisch, aber nie Fleisch?“ möchte ich zunächst etwas ausholen: Wie ich schon in meiner ersten Antwort schreibe, hat jeder eine andere Einstellung gegenüber Tieren, jeder aus seinem eigenen Blickwinkel eine andere Sicht auf die Dinge. Deshalb hat jeder Mensch eigene Vorstellungen darüber, wie etwas zu sein scheint. Richtig oder falsch, gut oder schlecht – jeder versteht darunter etwas anderes und das ist auch völlig in Ordnung so.
Manchmal handeln wir jedoch widersprüchlich zu unseren eigentlichen Vorstellungen und können uns bei genauerem Nachdenken erstmal selbst gar nicht erklären warum. Viele Menschen essen zum Beispiel einerseits billiges Fleisch – wofür Tiere mit großer Sicherheit leiden mussten – haben aber gleichzeitig ein Haustier, das sie behandeln wie ihr Kind und dem Niemand jemals Schmerzen oder Leid zufügen dürfte. Wie kann das sein? Ich erkläre mir das so: Bei ihrem Hund sind sich die meisten Menschen ganz sicher, dass er Gefühle hat. Das ist so, weil sie mit ihm zusammenleben und seine Gefühle wahrnehmen und beobachten können. Dass das bei einem Schwein so genau ist, darüber haben sie vielleicht noch gar nicht nachgedacht.
Oft möchten Menschen auch einfach nicht darüber nachdenken, weil sie Angst davor haben die grausame Wahrheit zu kennen. Denn Wissen bestimmt unser Handeln. Und weiß man, wie sehr „Nutztiere“ leiden, so müsste man eigentlich handeln und aufhören Fleisch zu essen. Das bringt viele Menschen in einen inneren Konflikt, denn: Menschen sind Gewohnheitstiere. Vielen Menschen fällt es schrecklich schwer, ihre Gewohnheiten zu ändern. Du kennst das vielleicht selbst. Um fünf Uhr morgens aufzustehen ist gar nicht so leicht! Aber zurück zum Thema: Der Unterschied vom Schwein zum Haustier ist in Deutschland für viele Menschen sehr groß, da sie einfach kein Schwein kennen und deshalb wenig über deren Empfindungen und Gefühlsleben wissen.
Wir Menschen lernen durch Beobachtung. Und darin steckt auch meine Lösung für deine Frage, warum einige Menschen Fisch essen, aber kein Fleisch. Im unserem Alltag begegnen uns lebende Fische – außerhalb eines Aquariums ¬ schon mal gar nicht. Wie auch? Wir leben schließlich in unterschiedlichen Elementen! Natürlich gibt es sehr viel Forschung über Fische, aber trotzdem. Über Fische wissen die meisten Menschen einfach nicht so viel wie über andere Tiere. Sehr viele Menschen gehen zum Beispiel davon aus, dass Fische anders oder weniger als Säugetiere empfinden und finden es deshalb in Ordnung Fisch zu essen. Jeder muss das für sich entscheiden. Außerdem ist es – bei aller Tierliebe – wichtig, auf seine eigene Gesundheit zu achten. Viele Fische sind sehr gesund, deshalb entscheiden sich manche Menschen für das „geringere Übel“ und essen Fisch statt Fleisch. Für mich sind alle Tiere gleich. Deshalb esse ich auch keinen Fisch. Aber wie ich mehrfach betont habe – jeder Mensch sollte das für sich entscheiden.