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Vegan oder nicht? – Der fehlende Hinweis auf der Zutatenliste

Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine vegetarische oder sogar rein pflanzliche Ernährung. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage haben mittlerweile rund zwölf Prozent der Menschen in Deutschland Fleisch aus ihrem Ernährungsplan gestrichen. Neun Prozent der Bevölkerung ernähren sich vegetarisch, drei Prozent vegan, wie aus der Befragung hervorgeht.

Foto: Bild: Freepic/Fahrwasser

Die Zahlenangaben unterscheiden sich je nach Quelle leicht, doch allen Untersuchungen ist gemein: Rund ein Zehntel der Bevölkerung ernährt sich vegetarisch oder vegan. Das bedeutet, mehr als acht Millionen Menschen verzichten grundsätzlich auf Fleisch. Nimmt man die Zahl der Gelegenheitsfleischesser (die sogenannten Flexitarier) hinzu, wird schnell klar: Der Markt mit pflanzlichen Alternativen ist längst ein Millionen-, sogar Milliardenmarkt geworden.

Trotz Inflation stieg der Umsatz in Deutschland auf zuletzt rund zwei Milliarden Euro. Viele Unternehmen, die traditionell mit Fleisch und Wurstwaren ihr Geld verdienen, sind in den Markt eingestiegen und stellen auch pflanzliche Alternativen her. Der Marktführer erzielt hiermit mittlerweile deutlich mehr Gewinne als mit dem traditionellen Geschäft, fleischhaltige Produkte werden nach und nach durch pflanzliche Pendants ersetzt und machen bereits mehr als die Hälfte des Sortiments aus. Da wundert es nicht, dass Vegan-Labels im Supermarkt immer öfter anzutreffen sind und eine wertvolle Orientierung liefern. Manchmal sorgen sie jedoch auch für Verwirrung.

Ob Saft und Wein als vegan gekennzeichnet werden, ist rechtlich nicht vorgeschrieben.
Ob Saft und Wein als vegan gekennzeichnet werden, ist rechtlich nicht vorgeschrieben. Foto: © Jan Peifer

Warum werden z. B. auch Säfte oder Weine als vegan gekennzeichnet, die doch ohnehin keine tierischen Bestandteile enthalten?

Der Grund hierfür ist, dass zur Klärung bzw. Filtrierung teilweise tierische Eiweiße, Gelatine oder auch Fischblasen verwendet werden. Bei diesen Prozessen werden ungewollte Trübstoffe gebunden, das Ergebnis ist ein klarer Saft bzw. Wein. Damit ist das Produkt allerdings für Veganer und Vegetarier nicht mehr geeignet. Da die Hilfsmittel nach dem Einsatz wieder aus den Getränken gefiltert werden, gelten sie nicht als Zutat, sondern als sogenannter Verarbeitungshilfstoff. Aus diesem Grund tauchen sie auf der Zutatenliste nicht auf. 

Ob Saft und Wein aber als vegan gekennzeichnet werden, ist rechtlich nicht vorgeschrieben. Naturtrüber Saft oder trübe Weine, die sogenannten Naturweine, sind in der Regel frei von nicht deklarierten Zusatzstoffen. Allerdings müssen auch diese nicht gekennzeichnet werden, nur eine Nachfrage beim Hersteller liefert hier eine sichere Antwort. Umgekehrt müssen Weine und Säfte, die ein Vegan-Label tragen, diesen Anspruch aber auch erfüllen und dürfen tatsächlich nur mit pflanzlichen Hilfsmitteln hergestellt bzw. geklärt worden sein. Solche Hilfsstoffe sind z. B. Kieselsol oder Aktivkohle, auch sie müssen auf dem Etikett nicht angegeben werden. Dies gilt auch, wenn z. B. Gelatine als Trägermittel für Aromen oder Vitamine eingesetzt wird, da sie auch hier nicht als Zutat zählt.

Teige werden durch die Aminosäure L-Cystein, gewonnen aus Federn oder Schweinehaaren, knetbarer.
Teige werden durch die Aminosäure L-Cystein, gewonnen aus Federn oder Schweinehaaren, knetbarer. Foto: © AdobeStock/Best

Ein weiteres Beispiel für eine fehlende Deklarationspflicht sind Zusätze in Backwaren wie L-Cystein, die Teige leichter knetbar machen sollen. Gewonnen wird diese Aminosäure aus Schweinehaaren oder auch Federn. Fettsäuren, die als Emulgatoren eingesetzt werden, damit sich in fertigen Produkten Stärke und Wasser verbinden und die Produkte wie z. B. Kartoffelpüree oder Kakaopulver nicht austrocknen, stammen in der Regel aus pflanzlicher Herkunft. Auch hier ist aber der Einsatz tierischer Fette wie Schweineschmalz oder Milchfett erlaubt. Die Herkunft der Hilfsmittel muss nicht angegeben werden. 

Verbraucherschutzorganisationen setzen sich seit vielen Jahren dafür ein, dass auch versteckte Einsätze von tierischen Produkten ohne Ausnahme deklarationspflichtig werden, um Konsumenten zu schützen. Ob und in welcher Form diese Forderung aber in absehbarer Zeit umgesetzt wird, ist völlig unklar. Daher ist das Vegan-Label an dieser Stelle ein wichtiger Hinweis. Für die freiwillige Vergabe des Siegels werden Hersteller geprüft, um mögliche tierische Inhalts- oder auch Hilfsstoffe auszuschließen.

Jan Peifer