Nachhaltig leben und einkaufen

Vegetarische Küche ist vielseitig und tierfreundlich

Die Zeiten, als „vegetarisch“ und „vegan“ als Fremdworte galten und bestenfalls mit Birkenstock- Sandalen und Hippiemusik assoziiert wurden, sind lange vorbei. Schon längst kann es sich zumindest in Großstädten kein namhaftes Restaurant mehr leisten, keine vegetarischen Gerichte anzubieten. Selbst die vegane Szene, die nicht nur auf Fleisch, sondern auf alle anderen tierischen Produkte wie Milch und Eier, aber auch Honig, Leder und Wolle verzichtet, wird immer größer.

Supermarktkette „Veganz“
In der Supermarktkette „Veganz“ werden nur vegane Lebensmittel angeboten. Foto: © Veganz / Lizenz: Veganz Internetseite

Vegane Kochbücher sind der Verkaufshit der letzten Jahre und bringen ihren Autoren teilweise Bestsellerruhm. Zu diesem Aufschwung haben nicht zuletzt nationale und internationale Stars beigetragen, die sich zum Vegetarismus bekennen: Paul McCartney, George Harrison, Kim Basinger, Eddie Vedder oder Xavier Naidoo sind nur wenige der bekanntesten. Doch auch historische Persönlichkeiten wie etwa Mahatma Gandhi tragen noch immer ihren Teil zur Popularität des Fleischverzichts bei. Selbst in der Populärkultur gibt es sie: Lisa Simpson und Mr. Spock sind wohl die bekanntesten fiktiven Vegetarier. Schätzungen zufolge leben in Deutschland derzeit rund 7 Millionen Vegetarier und immerhin 800.000 Veganer, zusammengenommen sind dies fast 10 % der Bevölkerung.

Für die allermeisten Fleischvermeider steht der Tierschutzgedanke im Vordergrund. Aus ethischen Gründen möchten immer mehr Menschen die moderne Fleischproduktion nicht unterstützen – nahezu 99 % des angebotenen Fleisches stammt aus industrieller Massentierhaltung, die oft nach dem Tierschutzgesetz zwar legal ist, für die wenigsten Tiere aber ein artgerechtes Leben bedeutet. Auch unter den Fleischessern spricht sich der Großteil gegen solche Umstände aus und möchte den Fleischkonsum zumindest reduzieren (dieser liegt in Deutschland bei derzeit ca. 60 kg pro Kopf und Jahr, in den USA betrug er zwischenzeitlich sogar 90 kg). Auch der ökologische Aspekt der massenhaften globalen Fleisch-produktion findet immer mehr Unterstützer, seitdem der Zusammenhang von Massentierhaltung und Klimaveränderung an Bekanntheit gewinnt: Nach einer aktuellen Studie trägt der Konsum tierischer Produkte deutlich mehr zum Klimawandel bei als bisher angenommen. Das Worldwatch Institute beziffert den Anteil auf über 50 %, mit steigender Tendenz. Demnach sind die klimaschädlichen Wirkungen der weltweiten Nutztierwirtschaft zusammengefasst sogar in größerem Ausmaß ursächlich für die negative Beeinflussung des Klimas als alle Autos, Flugzeuge und Schiffe zusammen. Verantwortlich dafür sind vor allem die Waldrodung zur Schaffung von Futteranbauflächen und Weideland, die Ausbringung von synthetischen und organischen Düngemitteln und die Entstehung von Methan bei der Verdauung von Rindern.

Berlin isst vegan

Gerade in der Hauptstadt hat sich eine große vegetarische und vegane Szene etabliert, mit Dutzenden vegetarischen / veganen Restaurants, mehreren rein pflanzlichen Supermärkten und veganen Schuh- und Bekleidungsgeschäften. Die Geschäfte und Supermärkte laufen so gut, dass bereits in anderen Städten Filialen aufgemacht wurden, ein Ende dieses Trends ist derzeit nicht in Sicht.

Vorurteile gegen Vegetarier und Veganer werden abgebaut

Lange Zeit galten Vorurteile gegen eine fleischfreie Ernährung als unbestritten, nach denen Vegetarier und besonders Veganer unter Mangelerscheinungen leiden müssten. Nicht zuletzt die Fleischwirtschaft versucht bis heute, mit dem Slogan von der „Kraft im Fleisch“ diese aufrechtzuerhalten, dabei ist das Gegenteil schon lange bewiesen. Eine fleischfreie Ernährung kann nicht nur problemlos alle Bedürfnisse befriedigen, sie bietet zudem zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Ein Zusammenhang zwischen fleischreicher und damit u. a. besonders fetthaltiger Ernährungsweise und dem vermehrten Auftreten von Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Diabetes und verschiedensten Krebsleiden wurde von vielen Wissenschaftlern bestätigt; der Vorteil von pflanzlichen Alternativen ebenso. Produkte auf pflanzlicher Basis wie Tofu enthalten deutlich weniger Cholesterin und Fett, in verschiedenen Studien wird Vegetariern sogar eine längere Lebenserwartung bescheinigt. Die Fleischindustrie reagiert mit der Einführung immer neuer Siegel und Zertifikate, die die hervorragende Qualität anpreisen und ein gutes Gewissen generieren wollen – doch wird dies den Imagewandel kaum aufhalten können. Hinzu kommt das wachsende Bewusstsein über gesellschaftliche Verantwortung, die zum Verzicht oder zumindest zurückhaltenden Konsum von Fleisch anhält: Knapp die Hälfte der weltweiten Getreideernte und fast 90 % der Sojaerträge werden zu Viehfutter verarbeitet. Gleichzeitig sind fast 900 Millionen Menschen ständig vom Hunger bedroht, obwohl die Weltproduktion problemlos ausreichen würde, alle 7 Milliarden Menschen zu ernähren. Zur Erhaltung von Selbständigkeit und Eigenverantwortung gehört Wissensbildung, die nur durch engagierte Aufklärungsarbeit erreicht werden kann. Wir möchten uns daher auch in Zukunft dafür einsetzen, dass der Trend weiterhin heißt „Go Veggie!“.

Jan Peifer