Nachhaltig leben und einkaufen

Wie Tiere für unsere Wärme leiden

Jedes Jahr, wenn die Tage kürzer werden, drängen sich Pelze, Felle, Daunen und Co. in die Fußgängerzonen und auf die Promenaden. Die natürlichen Wärmespender sollen eigentlich Wildtieren ermöglichen, die kalte Jahreszeit zu überstehen – finden aber vor allem als Kleidungsstücke, Besätze oder Füllung von Jacken und Mänteln Verwendung, um uns Menschen über den Winter zu bringen. Eine Pelzmütze oder einen Nerzmantel verbinden noch immer viele Menschen mit einem Hauch von Luxus und Exotik, mit Ferne und Abenteuer. Doch angesichts der Entwicklungen der modernen Textilindustrie sind Pelze und andere tierische Produkte als wärmende Bekleidung längst überholt.

Gänse in Massentierhaltung
Auch in Deutschland werden Gänse in riesigen Farmen gehalten, zur Fleisch- und Daunengewinnung. Foto: Jan Peifer

Die Pelzindustrie bringt wohl die deutlichsten Symbole für Tierausbeutung in die Öffentlichkeit, stößt mittlerweile aber auch auf deutliche Gegenwehr: Nach aktuellen Umfragen sprechen sich mittlerweile 70-90 % der Bevölkerung gegen Zucht und Tötung von Pelztieren aus. Zwar versucht die Pelzlobby in Deutschland mit großer Mühe, den Ruf der Pelzbranche zu wahren. In den Richtlinien des Deutschen Pelzinstitutes, das sich als Sprecher und Vertreter aller an der Pelzindustrie beteiligten Unternehmen und Personen versteht, heißt es, man sei im Umgang mit den Tieren an „ethische Normen“ gebunden. Die Zucht von sogenannten Pelztieren, vor allem Nerzen, auf Pelzfarmen wird mit Verweis auf den Schutz natürlicher Artenvielfalt gerechtfertigt. Doch lassen sich ethische Normen damit vereinen, dass für einen Pelzmantel die Felle von bis zu 80 Nerzen benötigt werden? Die Pelzlobby meint: ja, denn die Pelze befriedigten nur die menschlichen Grundbedürfnisse nach Wärme, Schutz und Schmuck. Dass diese Bedürfnisse aber mit dem Töten von Tieren gar nichts zu tun haben müssen, wird lieber nicht erwähnt. Und dass die natürlichen Bedürfnisse der Tiere auf den Pelzfarmen alles andere als erfüllt werden, wird geflissentlich ignoriert. Doch nicht nur Nerze leiden für das vermeintliche Wärmebedürfnis, welches in Wirklichkeit doch nur modisches „Statement“ ist.

Daunenfedern sind noch immer sehr beliebt

Ein „Klassiker“ sind nach wie vor auch Daunen, die natürliche Isolationsschicht von Enten und Gänsen. Bei der Gewinnung von Daunen gibt es deutliche Unterschiede – zum einen unterscheidet man zwischen Lebendrupf und dem Rupfen von bereits geschlachteten Tieren. Zum anderen gilt das Abnehmen der Daunen während der Mauser, dem natürlichen Wechsel des Federkleids, als wesentlich tierfreundlicher. Gegenüber dem sogenannten Raufen steht das wirkliche Rupfen, also das Ausreißen der Federn aus der Haut der Vögel, entweder per Hand oder sogar maschinell. Diese schlimmste Form der Daunenproduktion ist glücklicherweise nicht nur in Deutschland verboten. Doch der Großteil der auch hier gehandelten und importierten Daunen stammt aus Polen, Ungarn, China und Frankreich. Während in China gar kein relevantes Tierschutzgesetz besteht, stammen Daunen aus Frankreich oft aus der barbarischen Stopfmast zur Erzeugung von foie gras (Gänsestopfleber), sie sind also ein Nebenprodukt anderer Tierquälerei. Auch wenn Daunen in der Füllung von Jacken und Mänteln oft nicht direkt zu sehen sind, sollte, wer schon auf die Nutzung der natürlichen Wärmebinder nicht ganz verzichten möchte, sehr genau auf die Herkunft der Daunen achten – verschiedene Studien haben gezeigt, dass den Vögeln insbesondere während des Lebendrupfens erhebliche Schmerzen zugefügt werden.

Angorawolle stammt meist aus China, wo es kein Tierschutzgesetz gibt

Auch mit einem weiteren „Naturprodukt“ verbinden viele Menschen vor allem weiche Wohligkeit – dabei steht es vor allem für Tierquälerei: Angorawolle gilt als schmeichelnder Wärmespender und findet gerne in Unterwäsche, teuren Pullovern oder Handschuhen Verwendung. Die Wolle stammt vom Angorakaninchen und wird meist mittels Schur gewonnen. Obwohl diese bei sachgemäßer Durchführung für das Tier risikolos und schmerzfrei ist, haben in jüngster Zeit immer wieder Aufnahmen für Furore gesorgt, die auf chinesischen Pelzfarmen entstanden sind. Vor Schmerzen schreiende Kaninchen mit tiefen, blutigen Verletzungen, denen das Fell von Arbeitern aus der Haut gerissen wird, schockierten auch die großen Modelabel. Ca. 95 % der weltweiten Angorawolle stammt aus China – einem Land ohne Tierschutzgesetz; wie viele andere Tiere auch müssen die Angorakaninchen auf Pelzfarmen ihr Leben unter grausamen Umständen fristen, bis sie in der Regel an den Folgen der alles andere als artgerechten Haltung sterben. Seit dem Auftauchen der Enthüllungsvideos haben daher viele große Ketten Angoraprodukte auch auf Druck der Verbraucher aus dem Sortiment genommen.

Viele Menschen wissen noch immer nicht, welche Tierqual mit so manchem „Luxus“ verbunden ist. Deshalb raten wir insbesondere auch im Winter, vor dem Kauf einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und sich über die Herkunft von Kleidung oder Bestandteilen genau zu informieren.

Jan Peifer