Nachhaltig leben und einkaufen

Wildnis auf dem Teller

Offiziellen Angaben des statistischen Bundesamts zufolge sinkt der Fleischkonsum deutscher Verbraucher weiter. Im Jahr 2020 verzehrte im Schnitt jeder von uns 57,3 kg. Rechnet man Tierfutter und weitere Produkte tierischen Ursprungs mit ein, betrug der pro-Kopf-Verbrauch rund 84,5 kg. Noch nie seit Beginn der Berechnung 1989 lagen diese Werte auf einem geringeren Niveau.

Beispielbild. Foto: Foto: Pete Ball / Lizenz: Pixabay

Die Gründe hierfür sind vielfältig: Ein steigendes Bewusstsein für Tierwohl spielt ebenso eine Rolle wie die zunehmende Präsenz verschiedener Siegel und Auszeichnungen von Fleisch- und Wurstwaren im Handel. Gleichzeitig steigt jedoch auch die Zahl der Menschen, die sich vegetarisch oder sogar ausschließlich pflanzlich ernähren. Der tatsächliche Verbrauch pro Fleischesser liegt also deutlich höher als in den erfassten Mengen.

Was in den offiziellen Zahlen auch keine Berücksichtigung findet: Aufgrund der unverändert häufigen Skandale sowohl in der Tiermast als auch der Fleischverarbeitung greifen viele Verbraucher zu Fleischsorten, die nicht aus heimischer Zucht stammen. So warb ein bekannter Discounter vor einigen Jahren mit einem großen Angebot an Burgern und Steaks aus Zebrafleisch, auf Speisekarten exotischer Restaurants findet sich nach wie vor Fleisch von Kängurus, Emus, Antilope oder Krokodil. Da dieses Fleisch immer aus dem Ausland stammt, ist auch das Angebot an Online-Versendern von Exotenfleisch groß. Doch viele neugierige oder auch schon überzeugte Kunden sind sich über die Hintergründe nicht bewusst.

Auch Känguruhfleisch landet auf dem Teller.
Auch Känguruhfleisch landet auf dem Teller. Foto: Gaby Stein Pixabay

In Deutschland werden Tierhaltung und Schlachtung durch das Tierschutzgesetz, Haltungsverordnungen und die Tierschutz-Schlachtverordnung geregelt. In den Augen vieler Tierschützer werden diese ihrem eigenen Anspruch häufig nicht gerecht, doch im Ausland sind Richtlinien und Vorschriften zu Tierschutz und Schlachtung meist weit weniger streng oder fehlen sogar völlig. Zwar müssen bei der Einfuhr von Fleisch der Ursprung sowie eine tierschutzgerechte Tötung ebenso nachgewiesen werden wie die Eignung zum Verzehr. Über die tatsächliche Herkunft oder die Schlachtung erfährt der Kunde jedoch in der Regel nichts.

Zahlreiche Dokumentationen von Tierschützern, die z.B. den Umgang mit Tieren auf vietnamesischen Krokodilfarmen zeigen, sprechen eine deutliche Sprache. Diese Tiere werden zur Gewinnung von Exotenleder gezüchtet, das Fleisch ist ein Nebenprodukt, was zusätzlich vermarktet wird. Wildlebende Krokodile sind weltweit geschützt, doch auf den Farmen werden sie mit großer Brutalität getötet, mitunter sogar noch lebend gehäutet und zerteilt. Andere Tiere werden nicht auf Farmen gezüchtet, sondern als Wildfang geschossen, so etwa Kängurus in Australien oder auch Wildgeflügel wie Fasane aus Osteuropa. Über Herkunft und Tötung weiß hier nur der Jäger Bescheid. Erlaubt ist sowohl der Verkauf als auch der Verzehr von exotischem Fleisch auch bei uns. Lediglich Hunde, Katzen, andere hunde- und katzenartige wie etwa Füchse oder Luchse sowie Affen dürfen hierzulande nicht gegessen oder für den Verzehr gezüchtet werden.

Die einzige Voraussetzung für den erlaubten Verzehr eines Tieres ist, dass es durch eine (tierschutzgerechte) Schlachtung, also durch Blutentzug, getötet wurde. So darf zum Beispiel Wild, was durch einen Verkehrsunfall getötet wurde, nicht in den Handel gelangen.

Glaubt man dem Angebot, hat Exotenfleisch viele Liebhaber.

Gleichzeitig wird es von vielen als Tabu angesehen. Doch Tierschützer sind sich einig: Egal ob Zebra, Schwein, Krododil oder Lamm – kein Tier geht freiwillig in den Schlachthof. Fleisch und Fleischprodukte sind, egal welcher Herkunft, immer mit Tierleid verbunden. Auch wenn heimische Tierarten durch strengere Verordnungen besser geschützt sind, werden selbst diese Regeln oft genug nicht eingehalten. Wer Tierleid nicht (mehr) unterstützen möchte, sollte daher zu pflanzlichen Alternativen greifen. Dieser Trend ist zukunftsweisend: Die ersten Fleischkonzerne, die ihr Sortiment mit pflanzlichen Produkten ergänzt haben, erzielten in den vergangenen Jahren mit diesem Angebot bereits mehr Umsatz als mit klassischen Fleisch- und Wurstwaren. Ein großes Angebot findet sich heute in fast jedem Supermarkt. Versuchen Sie es doch auch einmal – passende Rezepte finden Sie hier.

Jan Peifer