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Zoonosen: Die neue Gefahr – Tierseuchen breiten sich aus

Die ersten Lockerungen deuten sich an, doch noch immer hat Corona die Welt fest im Griff. Weit mehr als 120 Millionen nachgewiesene Fälle, mehr als 2,5 Millionen Tote – angesichts dieser Zahlen geraten die Hintergründe schnell in Vergessenheit. Als die Pandemie sich vor mehr als einem Jahr ausgehend von einer chinesischen Provinz auszubreiten begann, konnte niemand die aktuellen Dimensionen vorhersehen. Der genaue Ursprung ist noch immer nicht erwiesen, doch schon früh wurde der Auslöser als Coronavirus identifiziert.

Foto: Jan Peifer

Coronaviren können sowohl Menschen als auch Tiere infizieren; schnell machten chinesische Behörden den sogenannten „Wet Market“ in Wuhan für die Ausbreitung des Virus verantwortlich. Auf diesem Markt wurden mehr als 120 verschiedene Tierarten lebend verkauft oder vor Ort geschlachtet. Vermutlich ist das Virus dort über mehrere tierische Wirte schließlich auf den Menschen übergesprungen. Damit ist Covid-19, so der offizielle Name, schon das zweite Coronavirus, das eine Zoonose in Umlauf brachte, also einen Erreger, der Artgrenzen überwindet und auch auf den Menschen überspringt. Anfang der 2000er Jahre war die SARS-Pandemie ebenfalls im Süden Chinas ausgebrochen und hatte sich rasend schnell weltweit verbreitet. Der genaue Ursprung konnte bis heute nicht aufgeklärt werden, doch zu den ersten Erkrankten zählten drei Köche, ausgerechnet auf die Zubereitung von Wild spezialisiert.

Auch wenn die aktuelle Pandemie die Schlagzeilen beherrscht – sie ist nicht die einzige Seuche, die Mensch und Tier akut bedroht.

Nach Angaben des FriedrichLöffler-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, konnten einheimische Tierseuchen in den letzten Jahrzehnten weitgehend eingedämmt werden. Dem entgegen steht aber eine andere Entwicklung: Die Zahl der auftretenden Fälle von Nachweisen eingeschleppter Tierseuchen steigen weiter an. Hierzu gehören in jüngerer Zeit vor allem die Vogelgrippe und die Afrikanische Schweinepest. Die Vogelgrippe ist vor allem für Geflügel hochgradig ansteckend, kann jedoch auch auf Menschen übertragen werden und sogar zum Tod führen. Die Schweinepest ist für Menschen ungefährlich. Sie verbreitet sich ursprünglich vor allem über Zecken, mittlerweile aber auch über Wildschweine.

Um die Ausbreitung der Schweinepest einzudämmen, werden daher weitgreifende Maßnahmen getroffen. Neben dem Aufbau von Grenzzäunen, die ein Einwandern infizierter Wildschweine aus Osteuropa verhindern sollen, bedeutet das vor allem die massenhafte Tötung von Tieren.

Wenn das Virus in einem Bestand nachgewiesen wird, zieht das in der Regel nicht nur den Tod aller Tiere des betroffenen Betriebes nach sich, sondern auch aller weiteren in einem bestimmten Umkreis.

Da vor allem Geflügel wie Hühner, Puten, Enten und Gänse oft in riesigen Beständen leben, werden nicht selten zehntausende oder noch mehr Tiere geschlachtet. Für die internationale Ausbreitung von Tierseuchen gibt es verschiedene Gründe. Ein wichtiger Grund ist der Klimawandel, denn damit einher geht die Veränderung der Lebensräume von Überträgern. Asiatische Mücken etwa, die auch für Menschen gefährliche Krankheiten übertragen können, konnten sich mittlerweile auch in Europa ansiedeln. Auch die stetig steigende Weltpopulation begünstigt die Ausbreitung von Seuchen und das Entstehen von Pandemien. Besonders in Gegenden, in denen sehr viele Menschen auf wenig Platz zusammenleben, finden Viren beste Bedingungen.

Doch vor allem der Umgang von Menschen mit Tieren wird zur großen Gefahr.

Ein Merkmal der modernen Massentierhaltung ist der erhöhte und vorsorgliche Einsatz von Medikamenten und besonders Antibiotika, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Doch sollten nicht vielmehr die Bedingungen an die Bedürfnisse der Tiere angepasst werden anstatt anders herum? Wo Tiere zusammengepfercht werden, die sich – wie auf den sogenannten Wet Markets – in freier Wildbahn nie begegnen würden, wird die Entstehung von Zoonosen besonders gefördert.

Vielleicht kann daher eine Lehre aus der Corona-Pandemie sein: Wir sollten den Umgang mit den Tieren grundsätzlich überdenken, nicht nur um des Tierwohls willen, sondern auch in unserem eigenen Interesse.

Um ein Ausbreiten des bereits mutierten Virus zu stoppen, wurden erst in den Niederlanden, dann in Dänemark mehr als 17 Millionen Nerze getötet, die für das Virus besonders anfällig sind.

Jan Peifer