Haushunde | Ratgeber Tiermedizin

Das Blutohr – Kopfschütteln mit Folgen

Am Anfang steht meist eine Entzündung des äußeren Gehörganges oder ein Fremdkörper. Doch auch ein Insektenstich kommt als Ursache in Frage. Der Hund hat jedenfalls ein unangenehmes Gefühl im Ohr. Was macht er?

Druckverband am Ohr eines Hundes
Beim Hund Maja wurde ein Druckverband angelegt.

Nachdem er sein Ohr nicht reinigen kann, schüttelt er eben wie wild mit dem Kopf, um das Jucken oder Kribbeln loszuwerden. Die langen Schlappohren wedeln dabei nur so herum. Der Besitzer kann sie regelrecht gegen den Kopf klatschen hören, wenn er direkt danebensteht. Im nächsten Moment denkt der Hundehalter: „Hoppla, was ist denn da los?“. Von jetzt auf gleich wird das Hundeohr nach der Schüttelattacke dick!

Je nach Größe des Ohres kann auf einmal eine tischtennisballgroße Schwellung auftreten, in ganz extremen Fällen geht die Größenzunahme des Ohres sogar noch darüber hinaus, und das Ohrwaschel sieht aus wie ein kleiner Ballon. Ein Othämatom, zu Deutsch Blutohr, hat sich gebildet. Die Erklärung für dieses Phänomen ist relativ einfach. Durch die mechanische Belastung beim Kopfschütteln ist ein Blutgefäß gerissen. Das sieht man von außen nicht. Die Einblutung findet unterhalb der Haut statt. Das Blut ergießt sich zwischen Ohrknorpel und Haut. Je stärker die Blutung ist, desto größer die Beule, die sich bildet. Das Ganze ist nicht lebensbedrohlich. Wenn der Gegendruck durch die umliegende Haut groß genug wird, stagniert die Blutung ins Gewebe. Verbluten kann der Hund also nicht. Trotzdem muss der Besitzer etwas unternehmen. Macht er jetzt nichts, organisiert sich das Blutgerinnsel, und es kommt zu einer narbigen Verdickung, auch Blumenkohlohr genannt. In diesen Fällen sieht das Ohr für den Rest Das sogenannte Blutohr ist dick angeschwollen. des Hundelebens nämlich wie ein geschrumpelter Blumenkohl aus.

Leider ist es gar nicht so einfach, diese Problematik in den Griff zu bekommen.

Eine Möglichkeit besteht darin, das Ohr zu punktieren und das darin befindliche Blut abzusaugen. Das Problem dabei ist, dass sobald der Druck in der Blutblase sinkt, neues Blut nachfließt, da das Gefäß ja immer noch im Inneren gerissen ist. Trotzdem kann die Punktion manchmal Erfolg haben, unter Umständen jedoch erst, wenn sie mehrmals durchgeführt wurde. In den Fällen, in denen es dem Hundekörper gelingt, den Defekt im gerissenen Gefäß zu verkleinern oder im besten Fall ganz zu schließen, läuft irgendwann kein neues Blut mehr nach, und das Ohr bleibt nach dem Absaugen dünn. Gleiches gilt für das Anlegen von Blutegeln, wie es in vornehmlich naturheilkundlich arbeitenden Tierarztpraxen gelegentlich praktiziert wird.

Der Verband – mehr Frust als Hilfe

Oft helfen nur Druckverbände, um eine Nachfließen von Blut zu verhindern. Diese Verbände so anzulegen, dass sie vom Hund toleriert werden und trotzdem zeitgleich gut sitzen, ist eine Kunst. In aller Regel wird dazu das Ohr nach oben geklappt und die Binde so um den Kopf gewickelt, dass das Ohr auf dem Schädeldach zu liegen kommt. In der Praxis funktioniert dies leider allzu oft nicht. Die Verbände rutschen ab oder schnurren so zusammen, dass sie dem Ohr keinen Halt mehr bieten.

Die aussichtsreichste Methode, das Ohr ohne Folgeschäden zu therapieren, ist die Operation. Hierzu wird der Hund in Narkose gelegt und das betroffene Ohr sauber geschoren. Durch einen kleinen Schnitt wird das sich im Ohr befindliche Blutgerinnsel entfernt und die Öffnung im Anschluss durch ein oder zwei Hefte verschlossen. Damit nun kein neues Blut mehr nachfließt, werden feste Schaumstoffplatten, eine von oben und eine unten, gegen den Ohrlappen gelegt. Im nächsten Schritt werden diese Platten mit einem Faden, der erst durch die eine Platte, dann durch das Ohr und am Ende wieder durch die andere Platte hindurchgeführt wird, fixiert. Die Konstruktion bleibt etwa drei Wochen am Ohr. Die meisten Tiere müssen in dieser Zeit leider einen Halskragen tragen, weil sie versuchen, den ungewohnten Ballast am Ohr loszuwerden. Auf diese Weise ist eine dauerhafte Kompression des Ohrlappens gewährleistet. Nach der Heilungsphase werden die Fäden gezogen, die Schaumstoffkissen entfernt, und das Ohr ist wieder in Ordnung.

Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass natürlich die Ursache des Schüttelns gefunden und beseitigt werden muss! Mit Abstand am häufigsten ist eine Entzündung des äußeren Gehörganges der Grund für das Kopfschütteln. Erst, wenn das eigentliche Übel entsprechend erfolgreich behandelt worden ist, hört der Hund mit der Schüttelei auf. Ansonsten ist die Gefahr für ein Rezidiv, also für ein erneutes Auftreten des Blutohres, sehr groß.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.