Etwa 700 Gramm Lammfleisch konsumiert ein deutscher Verbraucher jährlich im Durchschnitt. Rechnet man den Verbrauch von Schaf- und Ziegenfleisch hinzu, so lag der Konsum im Schnitt der letzten Jahre bei rund 1 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Im europäischen Vergleich liegen die Deutschen damit fast auf dem letzten Platz. Schafe (und Lämmer) werden hierzulande nicht hauptsächlich zur Fleischerzeugung gezüchtet. Die Gewinnung von Wolle und insbesondere in nördlichen und Küstengegenden die Landschaftspflege etwa auf Deichen sind oft wichtigere Gründe für die Haltung von Schafen.
70.000 Tonnen Lamm-, Schafund Ziegenfleisch werden in Deutschland pro Jahr verzehrt
Dies spiegelt sich auch in Zahlen wider: 2015 wurden rund 1,5 Millionen Lämmer, Ziegen und Schafe in Deutschland geschlachtet (zum Vergleich: Jedes Jahr sterben in deutschen Schlachthöfen knapp 60 Millionen Schweine). Insgesamt verzehrt wurden rund 70.000 Tonnen Lamm-, Schaf- und Ziegenfleisch. Aus inländischer Schlachtung stammten dabei nur 31.000 Tonnen. Damit lag der sogenannte Selbstversorgungsgrad bei gerade einmal 45 %. Einheimisches Lammfleisch stammt meist aus kleineren Betrieben, da Schafe anders als Schweine oder Geflügel bei uns (noch) nicht in großem Stil in der Massentierhaltung leben. Ein trauriges Ende im Schlachthof wird ihnen dadurch aber nicht erspart.
Mehr als die Hälfte des verzehrten Lammfleischs wurde und wird aus dem Ausland importiert, hauptsächlich aus Neuseeland und Großbritannien. Die meisten Schafe leben in Neuseeland, Australien und China. Und diese Länder exportieren nicht nur in die EU. Zu den größten Abnehmern zählen die Länder des Vorderen Orients und Nordafrika. Auch hier hat die Nachfrage nach Lammfleisch einen religiösen Hintergrund. Eine Rinderzucht ist in großem Stil nicht möglich, Schweine gelten im islamischen Glauben als unrein. Besonders zum Opferfest, dem höchsten islamischen Fest, ist der Bedarf an Schaf- und Lammfleisch hoch. Da die Tiere nach den religiösen Vorschriften geschächtet, also ohne Betäubung geschlachtet werden, werden vor allem lebende Tiere importiert. Diese werden auf dem Seeweg in riesigen Viehtransportschiffen verfrachtet, die immer wieder für Schlagzeilen sorgen und nicht nur bei Tierschützern Wut und Entsetzen provozieren. Ein Transport zählt oft über 100.000 Tiere, die für mehrere Wochen zusammengepfercht und schließlich nach Asien und Europa weiterverkauft werden. Die Missstände, unter denen Tiere während der viel bekannteren Viehtransporte im LKW leiden müssen, finden sich auch auf den Schiffen, nur in noch größerem Ausmaß. Unter erdrückender Enge, teils größter Hitze und bei fehlendem Wasser und Futter harren die Tiere auf dem Weg zu ihrer eigenen Schlachtung aus, viele von ihnen überleben diesen Weg nicht. Eine eingeplante „Verlustrate“ von etwa 2 % während der Transporte zeigt die Alltäglichkeit des Todes. Oft liegt die Sterbequote deutlich höher.
Das Desaster des „Cormo Express“
Vor einigen Jahren sorgte die Cormo Express für einen der schlimmsten bekannt gewordenen Vorfälle. Das Transportschiff hatte 58.000 Schafe an Bord und war auf dem Weg von Australien nach Saudi Arabien, als unter den Tieren eine Viruserkrankung ausbrach. Als Saudi Arabien das Einlaufen des Schiffes verhinderte, folgten fast 30 weitere Länder, die die Anlandung verweigerten. Erst nach mehr als zwei Monaten auf See konnte ein Hafen in Eritrea gefunden werden; zu diesem Zeitpunkt waren schon 6.000 Tiere auf dem Schiff verendet. Das Desaster der Cormo Express sorgte für weltweite Proteste und zog Konsequenzen nach sich. Über Transporte muss seither genau Buch geführt werden, Schiffstransporte aus Australien müssen von einem Veterinär begleitet werden, wenn die Aufsichtsbehörde dies bestimmt. Australien erließ ein umfassendes Regelwerk. Weil viele weitere Staaten aber keine oder nur sehr niedrige gesetzliche Standards für Tiertransporte haben, geht das Massensterben immer weiter. Zwar sind die EU-Gesetze bei weitem strenger. So werden Lebend-Exporte aus der EU nicht mehr subventioniert. Doch auch bei uns ist die Nachfrage nach Lammfleisch und auch nach lebenden Tieren höher als das Angebot. Woher diese Tiere stammen, ist nicht immer sicher. Wer die dafür nötigen grausamen Tiertransporte und die Lammfleischindustrie insgesamt nicht unterstützen möchte, der sollte zum Osterfest für Gäste und Familie nur gebackenes Lamm aus süßem Teig auftischen.