Dies war jedoch nicht von Anfang an so. Überraschenderweise kam zunächst einmal Widerstand von einigen, zumeist lokalen Vereinen und Gruppierungen, die sich vehement gegen eine Versorgung der Straßenkatzen an Futterplätzen aussprachen. Ihres Erachtens mussten diese Tiere in ein Tierheim verbracht werden, ungeachtet der Tatsache, dass dafür gar keine ausreichenden Plätze zur Verfügung stehen und dieses für verwilderte Tiere ein Höchstmaß an Qual bedeutet hätte. Die nach wie vor weit verbreitete Sichtweise, dass ein Verbringen eines Tieres in ein Tierheim den ultimativen Tierschutz darstellen würde, kam auch dabei wieder zum Vorschein. Wer jedoch jemals den Versuch unternommen hatte, eine verwilderte Katze in ein umschlossenes Behältnis zu verbringen, sollte eigentlich eine den Bedürfnissen der Tiere geschuldete Haltung an den Tag legen.
"Dafür sind wir nicht zuständig!"
Erwartete Widerstände gegen ein solches Projekt kamen von Seiten einzelner Kommunen und deren Vertreter. Zunächst einmal wurde in den meisten Fällen die Existenz des Problems schlichtweg geleugnet, da die zumeist sehr scheuen Tiere nicht für jedermann im Stadtbild erkenntlich waren. Gleichzeitig wurde auf die Nichtzuständigkeit verwiesen, da sich die Verwahrung von Fundtieren lediglich auf Tiere beziehe, die dem eigentlichen Besitzer abhanden gekommen sind. Da jedoch Streuerkatzen oder verwilderte Haustiere generell keinen Eigentümer hätten, sei auch die Zuständigkeit der Kommune nicht gegeben. Dank dieser genialen Argumentation wurde das Problem jahrelang zwischen Kommunen, die nicht wollten, und Tierschutzvereinen, die nicht konnten, ergebnislos hin und her geschoben.
Das Projekt "Kitty" ermöglichte es erstmals, das Vorhandensein der Straßenkatzen anhand jahrelanger Dokumentation zu beweisen. Nach langen Gesprächen und der Erkenntnis, dass Tierheime nicht in der Lage sind, diese Tiere zusätzlich aufzunehmen, entstand daraus das sog. "Paderborner Modell". Erstmalig erließ eine Kommune eine Verordnung zur Gefahrenabwehr, die Katzenbesitzer verpflichtete ihre freilaufenden Tiere zu kastrieren, um einer weiteren Vermehrung entgegen zu wirken. Dieser Erfolg, der ausschließlich der kontinuierlichen Arbeit des Paderborner "Kitty"-Projektes zu verdanken war, hatte sehr schnell viele "Väter", die angeblich entscheidend daran mitgewirkt hatten. Selbst Tierschutzorganisationen, die nachweislich eher das Projekt als nicht zielführend diffamiert hatten, feierten sich plötzlich als Wegbereiter dieser einmaligen Verordnung im Sinne eines nachhaltigen Tierschutzes.
Durch das "Paderborner Modell" war es deutlich einfacher geworden auch andere Kommunen dafür zu interessieren, da die im Vorfeld geäußerten rechtlichen Bedenken nicht mehr zum Tragen kamen. Schließlich waren dort alle notwendigen Hürden gemeistert worden und so zogen im Laufe der letzten Jahre andere Gemeinden und Städte dem Beispiel nach. So weit, so gut.
Jüngstes Beispiel dafür ist die Stadt Rostock, in der am 23.05.2013 die "Stadtverordnung der Hansestadt Rostock über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Freigängerkatzen" in Kraft trat. Wie in anderen Kommunen auch müssen jetzt alle Katzen kastriert und gekennzeichnet sein, deren Besitzer es ihnen ermöglichen sich außerhalb der Wohnung zu bewegen. Gleichzeitig sieht die Verordnung jedoch auch die Verpflichtung zur Kastration und Kennzeichnung der "freilebenden verwilderten Hauskatzen" vor. Während bei der ersten Gruppe die aus der Verordnung resultierende Verpflichtung (und Übernahme der daraus resultierenden Kosten) beim Eigentümer des Tieres liegt, stellt sich die Frage, wer denn für die zweite (und besitzerlose) Gruppe der Streunerkatzen dafür zuständig sein soll?
"Es empfielt sich, einen Tierschutzverein zu kontaktieren!"
In der Vergangenheit haben Kommunen gerne darauf verwiesen, dass sie gemäß Fundrecht für herrenlose Tiere nicht verantwortlich seien. Und ganz perfide gleichzeitig die Argumentation vertreten, dass derjenige, der herrenlose Tiere versorgt, damit zu deren Besitzer werde. Daraus resultierend seien z.B. die Betreuer an den Futterplätzen quasi die neuen Eigentümer der gefütterten Katzen. Folgt man dieser Argumentation, sind sie damit auch für die Umsetzung der Rostocker Verordnung zuständig. Aber stellt sich auch die Stadt Rostock das so vor? Bei den Erläuterungen zur Verordnung und den neudeutsch genannten "FAQ's" hat man auch dieses Szenario vorgesehen. Auf die Frage, wie man denn als Fütterer an seiner Futterstelle zu verfahren habe, erfährt man auch gleich die Antwort: "Gerade bei Futterstellen haben bisher schon die Tierschutzvereine geholfen, die verwilderten Katzen einzufangen, zu kastrieren und wieder an die Futterstellen zurückzusetzen. Es empfiehlt sich, in dieser Frage Kontakt mit den Tierschutzvereinen aufzunehmen. Grundsätzlich sollten keine fremden Katzen gefüttert und an eine bestimmte Stelle gebunden werden, wenn dies nicht mit dem Ziel geschieht, die Tiere auch tierärztlich versorgen bzw. kastrieren zu lassen."
Aha. Auch wenn die Stadt Rostock das Grundprinzip unseres "Kitty-Projektes" verstanden und als richtig erachtet, stellt sich immer noch die Frage nach der Übernahme der daraus entstehenden Kosten. Denn das angebliche Wirken der "Tierschutzvereine" in der Region reduziert sich im Wesentlichen auf den Katzenschutz Rostock e.V. und vor Allem der Streuners Arche Hastorf e.V., die seit vielen Jahren mit Unterstützung von aktion tier im Rahmen des "Kitty"-Projektes diese Maßnahmen überhaupt erst umsetzen konnten. Folglich wird aus diesem Handeln im Sinne der Allgemeinheit die Verpflichtung im Rahmen der städtischen Verordnung tätig werden zu müssen?
Das kann nicht der richtige Weg sein.
Auch wenn die Stadt Rostock damit nur der immer wieder verbreitenden Forderung entspricht, es sei "gefälligst" unsere Aufgabe uns des Problems alleine annehmen zu müssen. Und sich damit wieder aus der eigenen Verantwortung stiehlt. So sinnvoll die Kastration und medizinische Versorgung der "herrenlosen" Katzen ist, so wenig kann dieses Problem auf die Betreuer der Futterstellen oder letztlich, dem Vorschlag der Stadt Rostock folgend, auf die Tierschutzvereine abgewälzt werden. Hierzu muss sich die Kommune erklären, auch wenn dann immer das Argument der leeren Kassen angeführt wird. Wir stehen weiterhin für eine Zusammenarbeit bereit und werden gerne weiter im Rahmen unserer Möglichkeiten den Katzenschutz fördern. Aber sicherlich nicht als "Dankeschön" für unser langjähriges Bemühen nunmehr auf der Grundlage einer verpflichtenden Verordnung!
Deshalb ist es mehr als enttäuschend, dass im Zuge der Diskussion über die Verordnung offensichtlich keine Überlegungen zur eigenen Verantwortung angestellt wurden. Wir werden wohl mal bei der Stadt anfragen, wie diese sich das weitere Vorgehen vorstellt...