Aus der konventionellen Landwirtschaft in den Köpfen vieler Verbraucher ist zum großen Teil eine durchgeplante Agrarindustrie geworden. Für Rücksicht auf die Bedürfnisse einzelner Lebewesen ist meist kein Platz mehr. In Mastanlagen mit Tausenden von Schweinen und Zehntausenden Hühnern oder Puten kann der Betrieb nur noch mit dem massenhaften Einsatz von Antibiotika gewährleistet werden. Zwar ist der Einsatz als Wachstumsförderer EU-weit verboten, doch wird der Effekt bei der Bekämpfung von Seuchenausbreitung gerne in Kauf genommen (und das Risiko resistenter Keime auf den Konsumenten übertragen). Dennoch wird eine Sterbequote in jeder Mastperiode eingeplant.
Im Ergebnis bedeutet das oft: noch mehr Enge, noch weniger artgerechte Haltungsbedingungen durch noch vollere Ställe. Die Kaninchenmast ist hier ein negatives Aushängeschild: Bis zu 50 % der Tiere überleben die Mast nicht. Um den Profit nicht zu minimieren, werden die Tierbestände in den Mastanlagen einfach erhöht. Da es noch immer keinerlei gesetzliche Regelungen für die Kaninchenmast gibt, hat die Profitsucht keine Grenzen.
Fehlt es am Bezug zu unseren Mitgeschöpfen?
Immer wieder werden Themen wie die Kaninchenmast auch in der politischen Diskussion geführt – bisher aber mit niederschmetterndem Ergebnis: Im Zuge der Verhandlungen zur letzten Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde nicht nur die Einführung von gesetzlichen Standards in der Kaninchenmast komplett gestrichen. Auch ein geplantes Verbot der betäubungslosen Kastration von Mastferkeln konnte nicht durchgesetzt werden, es soll nun im Jahr 2019 kommen. Das Verbot des Schenkelbrands bei Pferden wurde ebenfalls vollständig gestrichen, obwohl es wie die anderen Themen durchaus auch Befürworter in den Führungsreihen der Politik hatte. Doch selbst die bereits geregelten Verordnungen werden nicht zuverlässig durchgesetzt: So gilt etwa seit bereits einem Jahr die geänderte Verordnung zum Betrieb von Pelztierfarmen. Nach dieser muss jedem Nerz auf einer Farm das Zehnfache des bisherigen Platzangebots zur Verfügung stehen. Keine der deutschen Pelzfarmen aber wurde daraufhin umgerüstet. Zwar haben einige Farmer den Betrieb aufgegeben, doch noch immer werden in mehreren Bundesländern Pelzfarmen betrieben, die den gesetzlichen Vorgaben bei Weitem nicht genügen. Der Grundsatz des Tierschutzgesetzes, nach dem keinem Tier ohne „vernünftigen Grund“ Schmerzen zugefügt werden dürfen, gilt nur auf dem Papier. Liegt es an der Macht der Agrarlobby, an der fehlenden Durchsetzungsfähigkeit der Politik? Oder am fehlenden Bezug zur Natur, zu den Tieren, unseren Mitgeschöpfen?
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Prozesse auch in der Landwirtschaft in vielen Bereichen mechanisiert, teils haben sie sich verselbständigt. Die Entwicklung der Viehwirtschaft im heutigen Stil, der großen Schlachthäuser, der logistischen Abläufe, der lückenlosen Kühlketten – all das hat zu einer Entfremdung geführt, derer sich heute fast niemand mehr bewusst ist. Aus dem Alltag wurden die sogenannten Nutztiere längst verdrängt, zur Betreuung in Massenfarmen werden trotz steigender Besatzzahlen dank fortschreitender Technisierung immer weniger Arbeitskräfte benötigt. Die Agrarlobby nutzt dieses Phänomen für Werbung und Marketing, glückliche Schweine und Hühner kennen viele Stadtkinder nur noch von Bildern auf der Verpackung von Fleisch und Wurst im Discounter. Dabei ist die Haltung von Tieren zur Fleischgewinnung nur eine Facette im gestörten Verhältnis Mensch - Tier.
Unzählige Tiere leiden und sterben darüber hinaus jedes Jahr in Tierversuchen, das größte Tierversuchslabor in Deutschland soll gerade in Berlin entstehen. Außerdem werden allein in Deutschland Schätzungen zufolge 500.000 Tiere pro Jahr von ihren Haltern ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund schaffen es nur noch die schlimmsten Fälle von Tierquälerei in die Medien. Vor wenigen Wochen wurde so ein Fall bekannt: Unter Gelächter hatte ein junger Mann einen lebenden Igel auf einem Grill verbrannt, seither versuchen Tierschützer und Polizei sich an der Aufklärung. Es liegt an uns, den Bezug zu anderen Lebewesen wieder herzustellen, nicht zu verlieren. Gerade darum ist Tierschutzarbeit so wertvoll. Deshalb werden wir uns mit Ihrer Unterstützung auch in Zukunft für die Rechte der Tiere einsetzen.