Mit der gemeinsamen Agrarpolitik wollten schon die Gründungsländer den Einfluss außereuropäischer Produzenten beschränken. Denn Exporteure aus Nord- und Südamerika, später auch Australien, Neuseeland und Asien konnten durch eine sehr viel höher verfügbare Ackerfläche insbesondere Getreide zu einem deutlich günstigeren Preis anbieten als europäische Landwirte. Hier galt es also die Wettbewerbsungleichheit künstlich auszugleichen. Vor allem der Anteil von Nahrungsmittelimporten aus Kanada und den USA wurde so zugunsten der heimischen Erzeuger seit Beginn der 1960er Jahre um drei Viertel gesenkt. Deutschland erhält heute nach Frankreich und Spanien die meisten Mittel aus EU-Agrar-Fördertöpfen, im Jahr 2020 waren dies knapp 6,84 Milliarden Euro. Rund 70% der Subventionen wurden als Flächenprämien an Landwirte ausgezahlt, unabhängig von der Art der Bewirtschaftung. Die restlichen Fördermittel werden mit bestimmten Bedingungen verknüpft, die Landwirte erfüllen müssen. Beispielsweise sind sie an Investitionen in zukunftsträchtige Technologien geknüpft, aber auch an die Einhaltung besonderer Anforderungen in der Tierhaltung.
Staat unterstützt Tierwirtschaft – 60 Milliarden Euro pro Jahr Agrarsubventionen
Die Unterstützung der Landwirtschaft durch EU-Mittel wird heiß diskutiert, denn es geht um sehr viel Geld. Die Vergemeinschaftung der Agrarpolitik gehörte zu den ersten Grundsätzen der Europäischen Union. Heute fließt fast ein Drittel des gemeinsamen Haushalts in die Förderung der Landwirtschaft. Im Schnitt sind dies fast 60 Milliarden Euro pro Jahr.
Ein Fall von mutmaßlichem Subventionsbetrug, ausgerechnet durch einen stellvertretenden Bürgermeister im niedersächsischen Merzen, sorgte im Zusammenhang damit im vergangenen Jahr für Aufmerksamkeit.
Der Schweinemäster sowie Angehörige seines großen Familienverbundes hatten in den Jahren 2018 bis 2020 EU-Fördermittel in Höhe von über 700.000 Euro erhalten. Auch diese Subventionen setzten sich zusammen aus Direktzahlungen sowie Zahlungen zur Förderung besonders tiergerechter Haltung von Nutztieren. Tierschützer, die in einem der Familienbetriebe verdeckt recherchiert hatten, konnten allerdings verheerende Missstände feststellen. In dem Mastbetrieb, in dem knapp 7.000 Schweine lebten, wurden zahlreiche verletzte Tiere dokumentiert. Viele von ihnen wiesen blutige Verletzungen auf, so dass sie sich nur unter Schmerzen fortbewegen konnten. Bei einigen Tieren hatten sich Abszesse gebildet, die teilweise die Größe von Handbällen erreicht hatten – offensichtlich wurden diese nicht tierärztlich versorgt. Auch tote Schweine, die teilweise schon von ihren Artgenossen angefressen wurden, fanden die Tierschützer in den Ställen. Zustände wie diese verstoßen nicht nur gegen Vorschriften nach dem Tierschutzgesetz und der Haltungsverordnung, sondern ganz besonders vor allem gegen die besondere Förderungswürdigkeit von Haltungsbedingungen.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an, denn der Betreiber der Mast hat sich nicht nur wegen Verstoßes gegen Tierschutzgesetz und Haltungsverordnung strafbar gemacht, sondern offensichtlich auch durch Subventionsbetrug.
Die Subventionsbedingungen der EU schreiben vor, dass den Behörden gemeldet werden muss, wenn Förderungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt werden. Dies führt in der Regel zu einer Minderung oder einem kompletten Ausschluss von Subventionen. Offenbar geschah genau dies hier aber nicht – die Tierschützer erstatteten Strafanzeige gegen den Schweinemäster.
Der Fall ist ein Beispiel dafür, dass die Vergabe von Subventionen nicht ausreichend kontrolliert wird. Eine freiwillige Selbstkontrolle zur Einhaltung der Anforderungen ist völlig unzureichend. Je nach Struktur der geförderten Betriebe macht der Anteil von Subventionen am Einkommen der Landwirte bis zu 50% aus. Eine striktere Kontrolle sollte daher auch im Eigeninteresse der Geförderten liegen – denn nur so kann garantiert werden, dass die Förderungen auch dort ankommen, wo sie hingehören und sinnvoll sind. Schwarzen Schafen unter den Nutztierhaltern, von denen in der Landwirtschaft immer dann gesprochen wird, wenn Skandale an die Öffentlichkeit gelangen, könnte so zumindest zum Teil das Handwerk gelegt werden, in dem sie nicht noch zusätzlich durch Steuergelder subventioniert werden.