Massentierhaltung

Gefährliche Gülle im Grundwasser

Landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland halten viele sogenannte Nutztiere, sehr viele sogar: Etwa 700-800 Millionen Rinder, Schweine und Geflügel versorgen die Deutschen und auch den Export mit Fleisch, Milch und Eiern.

Güllefahrzeug
Der Kot von Schweinen und Rindern sickert auch ins Grundwasser durch. Foto: Pixabay / Lizenz: Creative Commons CC0

Tiere sind zu billigen Rohstofflieferanten für die Nahrungsindustrie geworden, die nahezu ausschließlich in der Massentierhaltung leben müssen. Fleisch und Wurst im Supermarkt stammen zu mehr als 95% aus dieser für die Tiere besonders grausamen Haltungsform. Die Tiere sorgen aber nicht nur für billige Nahrungsmittel, sie produzieren auch jede Menge Mist.

Die rund 200 Millionen Kubikmeter „Wirtschaftsdünger“, umgangssprachlich Gülle, fallen in deutschen Mastbetrieben jährlich an. Die Fäkalien der Tiere werden in der Landwirtschaft seit jeher als organischer Dünger auf den Feldern verteilt. Sie enthalten für Pflanzen wertvolle Nähstoffe und sind zudem viel günstiger als Kunstdünger. Allerdings können auch die Ackerpflanzen nur begrenzte Mengen verstoffwechseln – überschüssige Reste gelangen dann ins Grundwasser.

Für Aufsehen sorgt hier immer wieder ein Inhaltsstoff der Gülle: Nitrat, eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff.

Nitrat fördert in Gewässern das Algenwachstum, was für andere Pflanzen schädlich ist. Für Menschen ist es zunächst zwar nicht gefährlich, kann bei der Aufnahme im Körper aber zu Nitrit werden. Dieses hemmt den Sauerstofftransport im Blut und ist – wie verschiedene Studien nahelegen, vor allem für Säuglinge gesundheitsschädlich und sogar höchstwahrscheinlich krebserregend. Daher gibt es strenge Grenzwerte für die Nitratkonzentration im Grundwasser, festgelegt in der Trinkwasser-Verordnung. Ergänzt wird diese seit 1991 durch eine EU-Richtlinie zur Ausbringung von nitrathaltiger Gülle als Dünger auf Ackerflächen. Die vorgegebenen Höchstwerte jedoch wurden in Deutschland in den vergangenen Jahren immer wieder überschritten.

Unser Grundwasser ist viel zu stark belastet, wie aus Studien des Bundesumweltamtes sowie einem Bericht der EU-Kommission hervorgeht. Mehr als ein Viertel aller Messstationen überschritten demnach im Zeitraum von 2012-2015 den zulässigen Höchstwert von 50 Milligramm pro Liter Wasser deutlich. Nur in Malta wurden noch schlechtere Werte dokumentiert. Die Verstöße sind so drastisch, dass die EU Deutschland bereits wegen Vertragsverletzung verklagt hat. Der Europäische Gerichtshof hat diese im Juni 2018 bestätigt. Zwar ist es derzeit noch möglich, die Qualität von Grundwasser etwa durch tiefere Bohrungen zu verbessern und so ein besseres Ergebnis zu erzielen. Doch Reinigungs- und Fördermaßnahmen haben auch Auswirkungen auf den Wasserpreis, welcher deutlich steigen könnte, wenn die Güllemenge auf den Feldern nicht bald reduziert wird – Experten rechnen mit einer Verteuerung für den Verbraucher um bis zu 45%. Zudem ist die Wasserreinigung nur in einem begrenzten Maße möglich.

Die einfachste und gleichzeitig wirkungsvollste Methode zur Senkung der Nitratbelastung von Grundwasser ist daher, die Menge der ausgebrachten Gülle zu verringern. Eine Verkleinerung der Tierbestände in deutschen Megamastanlagen hätte dies automatisch zur Folge.

Der Kot von Schweinen und Rindern sickert auch ins Grundwasser durch. Foto: Jan Peifer

Auch Antibiotika-Rückstände finden sich in Düngemitteln

Die hohen Nitratwerte im Grundwasser sind aber nicht die einzige negative Folge der Überdüngung. In der Intensivtierhaltung spielt der Einsatz von Medikamenten wie Antibiotika eine wichtige Rolle. Auch wenn Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger offiziell nicht mehr eingesetzt werden dürfen, so sind sie aus der Massentierhaltung nicht mehr wegzudenken. Regelmäßig sorgen die Funde von Antibiotikarückständen in Fleisch und Wurst für schlechte Schlagzeilen. Dabei ist nicht nur das Fleisch der Tiere belastet, sondern auch ihre Ausscheidungen. Wenn diese als Dünger auf den Feldern landen, gelangen Medikamentenrückstände und Keime in die Umwelt. So wurden in einigen Messstationen bereits Antibiotika im Grundwasser nachgewiesen. Die unkontrollierte Aufnahme von Antibiotika ist für Verbraucher deshalb so gefährlich, weil auf diesem Weg Resistenzen gegen gefährliche Keime entstehen, welche mitunter sogar lebensbedrohlich werden können. Strengere Kontrollen und striktere Auflagen für den Einsatz von Antibiotika in den Tierställen sollten also an der Tagesordnung sein, nicht nur um die Güte des Grundwassers zu schützen. Doch die Lobby der Agrarindustrie setzt weiterhin lieber auf die Steigerung von Profit, und so wachsen die Tierbestände immer weiter, es werden mehr Medikamente eingesetzt, und es fällt mehr Gülle an. Auch an dieser Stelle ist der Verzicht auf Fleisch und damit eine Senkung der Nachfrage ein verantwortungsvoller Schritt und ein deutliches Signal von Verbrauchern an die Wirtschaft.

Jan Peifer