Hauskatzen | Ratgeber Tiermedizin

Große Hoffnung für FIP-Katzen

Bis vor kurzem galt sie als unheilbar: Die Feline infektiöse Peritonitis, kurz FIP, eine Viruserkrankung, die vor allem junge Katzen traf. Innerhalb weniger Wochen ging es den armen Wesen schlecht, sie stellten das Fressen ein, keine Therapie schlug an. Nicht mal eine eindeutige Diagnose konnte geäußert werden, denn diese zu stellen ist bei FIP gar nicht so leicht. Das Ende dieses Trauerspiels besiegelte der Tod. Immer.

Tierärzte dürfen das neue, wirksame Präparat gegen FIP nicht anwenden. Foto: © Vias Design

Eine Heilungschance gab es bis dato nicht. Doch nun zieht am Horizont ein Hoffnungsschimmer auf, die Fallberichte überlebender und genesener Katzen mehren sich. Endlich scheint es ein Mittel zu geben, das dem Virus Einhalt gebietet. Der Haken daran: In Deutschland kommt man bisher so leicht gar nicht an das Medikament heran.

Doch beginnen wir von vorne. Das Wesen der FIP-Erkrankung ist etwas kompliziert. Das Tier infiziert sich mit zunächst harmlosen Viren, die von anderen Katzen ausgeschieden wurden. Es handelt sich um Corona-Viren, die aber – und das soll hier in aller Deutlichkeit betont werden – nichts, aber auch rein gar nichts, mit den Viren zu tun haben, die unsere Gesellschaft seit zwei Jahren in Atem halten. Lediglich aufgrund seines Aufbaus wird das Coronavirus der Katzen den Coronaviren im Allgemeinen zugerechnet und deshalb auch so benannt. Das Virus wird über den Nasen-Rachen-Raum der Katze aufgenommen und gelangt von dort in den Dünndarm. Hier vermehrt es sich und wird wiederum mit dem Kot ausgeschieden. Auf diese Weise werden weitere Katzen infiziert.

Je mehr Katzen auf engem Raum zusammenleben und je wechselhafter sich die Tiergruppenzusammensetzung gestaltet, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung.

Deshalb sind Katzen in Mehrkatzenhaushalten, Tierheimen oder Pensionen besonders gefährdet. Darüber hinaus behält der Erreger bis zu sieben Wochen auf bestimmten Oberflächen seine Fähigkeit, ein Tier zu infizieren. Das heißt, ist er einmal in einen Bestand hineingeraten, bekommt man ihn nur sehr schwer wieder eliminiert.

Die Verläufe einer FIP Infektion sind zunächst mild, teilweise gar nicht erkennbar und bis hierhin kaum der Rede wert.

Aufmerksamen Besitzern fällt allenfalls etwas weicherer Stuhl im Katzenklo oder die leicht erhöhte Körpertemperatur seines Lieblings auf. Diese Symptome verschwinden auch wieder, doch das Virus wird im Tierkörper nicht gänzlich eliminiert, sondern verbleibt in der Katze.

Um das Virus abzuwehren, bildet die Katze Antikörper. Es kommt in der Folge zur Bildung von „Klumpen“ aus der Verbindung von Antigen, also dem Virus, und dem Antikörper, den das Tier zur Abwehr gebildet hat. Diese Klumpen sind es nun aber, die dem Körper zu schaffen machen. Die Organe können nicht mehr richtig arbeiten. Meist sind mehrere Regionen des Körpers betroffen. Häufig in Mitleidenschaft gezogen sind Leber, Niere und Darm, doch auch das Herz und die Lunge sind in der Regel schwer beeinträchtigt. Manchmal kommt es daher zu Ergüssen in den Körperhöhlen. Es finden sich Flüssigkeitsansammlungen im Brustkorb und im Bauchraum. Daher haben manche FIP-Katzen entweder Atemnot oder ein pralles Bäuchlein, das in diesem Zusammenhang leider nichts Gutes verheißt. Erkrankte Katzen fressen schlecht, zeigen veränderte Blutwerte, manche haben Gelbsucht und/oder Durchfall.

Doch wie findet man denn nun heraus, ob eine Katze wirklich FIP hat oder nicht?

Es gibt Schnelltests, die anhand von Kotproben feststellen können, ob die Katze Coronaviren ausscheidet oder nicht. Diese Tests können allerdings nicht unterscheiden, ob es sich dabei um die FIP-Mutante handelt oder den harmlosen Vorläufer-Virus. Daher sind sie zur endgültigen Diagnose einer FIP-Erkrankung unbrauchbar. Gleiches gilt für die Antikörper-Bestimmung über das Blut. Hier kann man zwar auch feststellen, ob die Katze mit dem Coronavirus infiziert war, allerdings nicht, ob dieses dann im Körper der Katze zur üblen Form mutiert ist. Einzig über eine aufwendigere PCR-Untersuchung von Blut, Flüssigkeit aus Ergüssen oder Gewebe kann ein FIPVirus- Nachweis geführt werden, allerdings gelingt auch der nicht immer.

Der Tierarzt muss die Symptome, die er sieht, aufaddieren. Blutwerte, klinische Untersuchung und eventuell Ultraschalluntersuchung oder Röntgen liefern ein Gesamtbild. Die Summe der Befunde ergeben dann oft eindeutige Hinweise, so dass die schlimme Diagnose auch ohne den endgültigen FIP-Nachweis gestellt werden kann.

Der neue Stoff Nukleotid-Analog GS-441524 zeigt Heilungsquoten von bis zu 90%

Bis vor kurzem blieb ab jetzt nur noch, das Tier auf seinem letzten Weg zu begleiten und ihm dabei Leid und Schmerzen zu ersparen. Doch moderne Behandlungsmethoden lassen große Hoffnung aufkeimen. Es ist die Rede von einem Stoff mit dem bizarren Titel Nukleotid-Analog GS-441524. Studien berichten von Heilungsquoten bis zu 90%! Doch ein Spaziergang ist die Therapie nicht. Über insgesamt 84 Tage muss die Katze Spritzen bekommen, begleitet von regelmäßigen Blutuntersuchungen. Dazu kommt die symptomatische Behandlung, da die meisten Katzen zu Beginn in einem sehr schlechten Zustand sind. Und billig ist das Ganze leider auch nicht. Allein das neue Medikament gegen FIP kostet je nach Körpergewicht der Katze und nach Schwere des Verlaufes zwischen 500 und 1500 Euro. Doch es ist die einzige Chance, die das Tier hat, um zu überleben.

Ein weiterer erschwerender Faktor kommt hinzu. Tierärzte dürfen das Präparat bisher weder beziehen noch verabreichen, da es in Deutschland nicht zugelassen ist. Das heißt in der Konsequenz, der Tierhalter muss sich selbst darum kümmern, wo er es herbekommt. Im Internet existieren diverse Foren, über die man sich bezüglich der Bezugsquellen informieren kann. Der Besitzer muss keine rechtlichen Folgen befürchten, wenn er seinem Haustier das neue Präparat verabreicht, der Tierarzt hingegen schon. Ein Paradoxon, aber so ist es. Viele Tierhalter haben große Vorbehalte, ihrem Tier Spritzen zu verabreichen. Dies ist völlig unbegründet. Spritzen ist absolut kein Hexenwerk. Am besten man lässt es sich von dem Tierarzt seines Vertrauens einmal zeigen. Dieser darf wie gesagt das Medikament nicht verabreichen, er kann dem Tierhalter aber sehr wohl zeigen, wie man spritzt und sei es mit einer Spritze voll mit Wasser zur Injektion. Wer nichts wagt, der nicht gewinnt. Hat man sich einmal überwunden, wird man sehen, wie einfach die Geschichte eigentlich ist.

Den Tierärzten sind bezüglich der Behandlung von FIP mit wirksamen Medikamenten also die Hände gebunden

Verabreichen sie einem Tier ein nicht zugelassenes Medikament, ist das eine Straftat. Sie können ihre Approbation und damit ihre Existenz verlieren. Will ein Besitzer seinem todgeweihten Schützling helfen, muss er selbst ran. Zugegeben, es ist aufwendig, teuer, erfordert Mut und Einsatz. Aber es ist der einzige Weg, seinem kleinen Schmusetiger das Leben zu retten. Katzen, die an FIP erkrankt sind, haben leider keine sieben Leben, außer ihr Besitzer hilft volle Pulle mit! Dann haben sie zumindest zwei.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.