Ende April begann im Igelzentrum die Aufwachzeit der Winterschläfer. Auch Hope erwachte am 23.04. mit 494 g. Die Freude war groß, als sich das „dritte Nasenloch” völlig unauffällig ohne entzündliches Sekret zeigte. Hope legte einen großen Appetit an den Tag, nahm gut an Gewicht und Kräften zu, schob ihr Schlafhaus in der Box herum, obwohl 2,5 kg Gewichte zum Beschweren obendrauf lagen.
Mitte Mai zog sie dann in das Freigehege um, das eine weitere ehrenamtliche Mitarbeiterin des Igelzentrums, Astrid Rissmann, eigens für Hope mit Mitteln von aktion tier in ihrem Garten gebaut hatte. Hope interessierte sich sofort für alles Neue, was es nun zu Riechen und zu Erforschen gab. Die Hoffnung, dass das Loch auf der Nase auch die Konfrontation mit den Keimen, die in natürlicher Umgebung nun einmal vorhanden sind, schadlos wegstecken würde, erfüllte sich nicht: Drei Wochen nach dem Bezug des Freigeheges hörte Hope auf zu fressen und sonderte Unmengen klaren Schleim aus den (beiden normalen) Nasenöffnungen und der Schnauze ab.
Dieser durchnässte die ganze Bauchseite der Igelin, so dass sie auch noch kalt wurde. Nach einer erneuten Befragung einer Tierärztin, die ein Antibiotikum verordnete und einer Woche in häuslicher Pflege ging es mit dem Gewicht wieder aufwärts, und Hopes Bauch ist schön trocken, weil die übermäßige Schleimbildung aufgehört hat. Frau Rissmann wird also bald einen neuen Versuch starten, Hope ins Freigehege zu setzen. Wir hoffen alle sehr, dass sich so etwas nicht wiederholt und dass das Leben im Freien von nun an Hopes Abwehrkräfte aktiviert. Eine gänzliche Auswilderung halten wir aber, u. a. nach Rücksprache mit etlichen Igelsachverständigen, nicht für sinnvoll. Zu leicht könnte es zu einer aufsteigenden Atemwegsinfektion kommen, bei der dann niemand mehr Hope helfen würde. Sie darf bei Frau Rissmann im Freigehege bleiben und bekommt ja vielleicht im nächsten Jahr männliche Gesellschaft.
Hopes Schicksal ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass es nicht stimmt, dass ein in Not geratenes Wildtier sich selbst überlassen bleiben sollte, weil „das eben Natur ist“. Die allermeisten Igel, die hilfsbedürftig in Igelstationen gebracht werden, haben ihre missliche Situation den menschlichen Einflüssen zu verdanken, seien es die unwissentlich herbeigeführten Gefahrensituationen in Gärten und Parks, der Autoverkehr, die Beschneidung der Lebensräume, der alarmierende Rückgang der Insekten oder, als „allerletzte Sensation”, der Klimawandel mit sommerlichen Dürreperioden. Im Einzelfall gebietet uns die Ethik, dass wir den von uns gefundenen, in Not geratenen Tieren helfen.