Otto erwartet wohl auch nicht mehr, dass irgendetwas Spannendes in seinem Leben passiert. Zumindest zeigt er wenig Interesse an uns. Nach einem nur angedeuteten Wedeln dreht er sich um und legt sich auf eine verdreckte Matratze. Mit einem Seufzer sinkt der schwere Kopf auf die Unterlage, wenige Zentimeter entfernt von mehreren Kothaufen.
Der Anfang
Ende Juni letzten Jahres erhielten wir eine erste Mail zu Otto von einem aktion tier Mitglied. Die junge Frau schrieb, dass ihre Eltern auf ihrem nicht mehr bewirtschafteten Bauernhof in einem kleinen Dorf im Landkreis Wittenberg in SachsenAnhalt leben. Sie selbst wäre schon vor längerer Zeit ausgezogen. Und regt sich jedes Mal über Otto auf, der immer in einem kleinen Schweinestall eingesperrt ist. Der große Vierbeiner gehört einem Paar, das mit seinen vier Kindern als Mieter mit auf dem Resthof wohnt. Nachdem er Ende 2015 angeschafft wurde, hätte man Otto anfangs noch zu regelmäßigen Gassirunden aus seinem Gefängnis geholt. Im Laufe der Zeit sei das jedoch eingestellt worden und die Familie würde sogar regelmäßig in Urlaub fahren, ohne das Tier zu versorgen. Da kaum noch saubergemacht wird, sei der Stall meisten stark verdreckt.
Angezeigt hätten unser Mitglied und ihre Mutter die katastrophale Tierhaltung schon mehrfach beim Veterinäramt und die Beamten hätten auch kontrolliert. Allerdings seien die Zustände nach einer kurzen Besserung bald wieder so schlimm wie vorher gewesen.
aktion tier schaltet sich ein
Wir leiten die Schilderungen unseres Mitglieds mit den schrecklichen Beweisfotos an das Veterinäramt weiter, in der Hoffnung, dass nun, wo sich ein großer Tierschutzverein einklinkt, Nägel mit Köpfen gemacht werden. Falsch gedacht. Das Amt erklärt, Kontrollen durchgeführt und keine Mängel festgestellt zu haben. Und wenn doch, würden entsprechende Auflagen erteilt. Die scheinen die Hundebesitzer jedoch wenig zu kümmern. Zumindest zeigen die regelmäßigen Fotos und Nachrichten unseres Mitglieds immer die gleiche Situation: kein Futter, alles voll mit Kot, dazwischen ein frustrierter Otto mit hängendem Kopf.
Kontrolle vor Ort
Schließlich haben wir genug von dem Hin und Her und fahren selbst nach K. Was wir vorfinden, übertrifft alle schlimmen Vorahnungen. Der ehemalige Schweinestall hat nur eine schmale, vergitterte und mit einem Hängeschloss gesicherte Tür, durch die Tageslicht kommt. Es zieht durch alle Ritzen. Drinnen ist es weitestgehend dunkel, kalt, und der Gestank ist bestialisch. Denn der Betonboden ist mit Kothaufen und Urinflecken übersäht. In der Ecke liegt eine alte, kaputte und ebenfalls verkotete Matratze. Daneben steht eine für den großen Otto zu kleine und daher nutzlose Hundehütte aus Holz. In einem Plastikeimer ist ein Rest Wasser, der Fressnapf ist leer. Am liebsten würden wir den ruhigen, traurigen Hund gleich mitnehmen. Aber das dürfen wir nicht. Wer Menschen anprangert, die gegen geltendes Tischschutzrecht verstoßen, muss sich selbst an Regeln halten. Mehr als Fotos und Videos zu erstellen sowie die Zeugen befragen, geht daher im Moment nicht.