Tierschutzfälle mit Hunden

Otto im Glück – Erfolgreiche Rettung

Die Geschichte von Otto, einem Hund, der vier Jahre seines Lebens in einem Schweinestall verbrachte, verdeutlicht die schockierende Vernachlässigung von Tieren. Seine Lebensbedingungen waren geprägt von extremen Missständen: Otto wurde in einem verdreckten und unzureichend ausgestatteten Stall gehalten, ohne angemessene Versorgung oder Fürsorge seitens seiner Besitzer.

Foto: © Steitmann

Trotz wiederholter Beschwerden und Anzeigen wegen Tierquälerei blieben die Zustände für Otto unverändert. Die zuständigen Behörden schienen anfänglich wenig eingreifen zu wollen oder sahen keine gravierenden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Erst nachdem aktion tier sich einschaltete und öffentlichen Druck durch soziale Medien und Berichterstattung ausübte, erhielt Otto die dringend benötigte Rettung. aktion tier e.V. intervenierte, indem Beweisfotos und -berichte an die Behörden weitergeleitet und die Geschichte in sozialen Medien veröffentlicht wurde. Diese öffentliche Empörung führte dazu, dass der Amtstierarzt und das örtliche Tierheim aktiv wurden und Otto schließlich in Sicherheit brachten. Die Besitzer erhielten zudem ein Tierhalteverbot, um weitere Fälle von Tiermisshandlung zu verhindern. Trotz der dunklen Vergangenheit von Otto hat die Geschichte ein Happyend. Durch das Eingreifen und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit konnte er schlussendlich in ein liebevolles Zuhause vermittelt werden. Die Resonanz in den sozialen Medien unterstreicht die Betroffenheit und Empathie vieler Menschen gegenüber Tierleid und zeigt, wie kollektive Anstrengungen dazu beitragen können, solche Missstände aufzudecken und Tieren wie Otto eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Seine jetzigen Besitzer, Familie Steitmann, meldeten sich vor Kurzem bei aktion tier und wollten gerne darüber berichten, wie sie ihren geliebten Otto damals aus dem Tierheim angeholt haben, wo er untergebracht war und wie die erste Zeit mit ihm sich gestaltete.

„Zuerst erfuhren wir von der Ausgangsgeschichte aus Ihrer Zeitschrift mensch und tier, welche wir als langjährige Mitglieder regelmäßig bekommen und lesen. Das allgemeine Entsetzen war groß, dass in einer so „fortschrittlichen“ Gesellschaft wie der unseren, solch eine „Tierhaltung“ immer noch möglich ist. Mehr Ignoranz gegenüber einem Tier ist kaum möglich. In Ihrem Artikel stand, dass Otto bereits vermittelt sei. Dass dies eine Schutzbehauptung war, um Otto zur Ruhe kommen zu lassen, erfuhren wir erst später. Wir hatten innerhalb der Familie immer mal wieder darüber geredet, uns einen Hund anzuschaffen, aber erst durch den Kauf unseres Hauses hatten wir endlich die Möglichkeit dazu. Seit dem Erscheinen des Artikels war nun etwa ein halbes Jahr vergangen.

Otto war vor seiner Vermittlung vier Jahre lang in einem Schweinestall eingesperrt.
Otto war vor seiner Vermittlung vier Jahre lang in einem Schweinestall eingesperrt. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Meine Tochter ist seit vielen Jahren aktiv als Westernreiterin unterwegs, daher haben wir in unserem Bekanntenkreis viele Tierfreunde, viele auch mit Hunden. Während der Trainingsstunden meiner Tochter haben wir uns natürlich auch über Hunde unterhalten und eben darüber, dass wir überlegen, uns einen anzuschaffen. Eine unserer Bekannten machte uns auf einen Hund namens Otto im Tierheim Wittenberg aufmerksam. Sie selbst besaß einen Hund namens Odin, welcher zu diesem Zeitpunkt leider schon verstorben war und dem Otto zum Verwechseln ähnlichsehen würde, abgesehen davon, dass Otto größer sei. Mir war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst, dass es sich bei diesem Hund um Otto aus Ihrer Zeitschrift handelte. Dadurch, dass unsere Bekannte bereits einen Hund hatte, konnte sie keinen weiteren aufgrund Platzmangels aufnehmen.

Leider war es so, dass Otto, trotz der liebevollen Pflege im Tierheim, massiv an stressbedingten Verdauungsproblemen litt und viel an Gewicht verloren hatte.

Deshalb wurde eine Vermittlung ziemlich dringend. Also griff ich zum Telefon und machte meiner Frau den Vorschlag, sich in Wittenberg einen Hund anzuschauen. Als meine Frau die Stichworte Otto, Beschlagnahmung und schlechte Haltung hörte, fiel ihr wieder der Artikel ein, und sie kramte die Zeitschrift wieder heraus, um nachzulesen. Mit den Fotos vom Smartphone unserer Bekannten und den Informationen aus der Zeitschrift fiel auch mir die Geschichte wieder ein. Dadurch, dass unsere Bekannte Otto ausfindig gemacht hatte und schon ein paar Mal in Wittenberg war, kannte sie die damalige Chefin des Tierheimes. So kam es, dass wir Otto das erste Mal besuchen konnten. Wir waren als komplette Familie nach Wittenberg gefahren, denn es sollte eine gemeinschaftliche Entscheidung werden, ob wir Otto nehmen.

Otto ist ein Mischling aus Labrador und Dogge, dadurch ist er etwas größer mit einem entsprechend kräftigen Kopf. Durch die schon erwähnten Verdauungsprobleme wog er nur noch 34 kg (im Augenblick hat er normale 45 kg). Dadurch wirkte der Kopf noch größer, und man sah den Labradoreinschlag nicht sofort. In der Auslaufzone des Tierheimes sprang er wie ein Verrückter herum, weil er froh war, Auslauf zu haben. Die Entscheidung, ob wir ihn mitnehmen, fiel mit 3 von 4 zu seinen Gunsten aus. Für uns war es ein Sprung ins kalte Wasser. Wir wussten nicht, ob er nach der langen Zeit in diesem Stall überhaupt stubenrein war oder sonst irgendwelche Verhaltensauffälligkeiten hatte. Bei dem darauffolgenden ersten Spaziergang bekamen wir eine Vorstellung, wieviel Kraft in ihm steckte. Er zog an der Leine als würde er als Wolgatreidler arbeiten. Als meine Frau die Leine übernahm, hatte sie ihn jedoch schnell im Griff, und er akzeptierte ihre Führung.

Wir vereinbarten mit der Tierheimleiterin, dass wir Otto am folgenden Donnerstag holen. In der Wartezeit bis zum besagten Tag organisierten wir alles, was nötig war. Von Futter, Halsband und Hundebett bis zu jemanden aus unserem Bekanntenkreis, die sich mit Hundeerziehung auskennt und uns bei Problemen unterstützen würde. So fuhren wir an besagtem Tag zu dritt nach Wittenberg, um Otto zu holen. Meine Frau musste leider arbeiten und wartete unruhig auf die Nachricht, dass wir mit ihm zu Hause sind. Auf dem Weg mit dem Auto nach Wittenberg überlegte ich, wie ich Otto ins Auto bekommen sollte. Es war nicht wirklich bekannt, ob er Autofahren kannte und vertrug. Nachdem wir alle Formalitäten erledigt hatten, machten wir noch einen Waldspaziergang mit ihm, um auf alle möglichen Probleme während der Fahrt vorbereitet zu sein. Auf der Parkplatzseite des Tierheimes befinden sich zwei Eingänge. Der hintere wird für die Waldspaziergänge benutzt, und der andere ist der normale Ein- und Ausgang. Vom Spaziergang kommend liefen wir am hinteren Eingang vorbei, wobei Otto wie gewohnt dort hineinwollte. Wir liefen aber weiter. In diesem Augenblick sah er mich fragend an...'Was hast du vor?’ Als wir den anderen Eingang erreichten, wollte er dort hinein, aber wir liefen weiter in Richtung unseres Autos. In diesem Augenblick schien er zu begreifen, was passierte. Er sprang wie ein Kalb auf der Weide um mich herum und war kaum zu bremsen. Als ich die Kofferraumklappe öffnete, saß Otto blitzschnell im Auto. Ich hatte mir auf der Hinfahrt also umsonst den Kopf zerbrochen, wie ich ihn ins Auto bekomme. Zu Hause angekommen, haben wir erst einmal einen Spaziergang durch den Ort gemacht und meine Frau auf der Arbeit besucht.

Als wir dann alle zu Hause ankamen, begann eine Art Frage-Antwort Spiel. Als erstes zeigten wir ihm sein Hundebett neben der Treppe im Flur und den Wassernapf, den er auch erst einmal leerte. Dann ging es weiter in die Wohnstube, wo Otto auf die Couch wollte. Wir sagten laut "Nein". Er ließ davon ab und hat es seitdem auch nie wieder versucht. Auch die Grenze zu unserer offenen Küche akzeptierte er. In der ersten Nacht schlief er ruhig auf seinem Hundebett, nahm nichts auseinander oder machte sein Geschäft irgendwo im Haus. Otto wog nur 34 kg, erheblich zu wenig für seine Größe (Schulterhöhe 65 cm). Gegen Stress ist auch gute Pflege im Tierheim machtlos. Auf unseren ersten Spaziergängen sind wir daher von so ziemlich jedem anderen Hundebesitzer angesprochen worden, Otto sei zu dünn. So haben wir jedes Mal aufs Neue die Umstände erklärt und dadurch eine Menge neue Leute und andere Hunde kennengelernt. Effektiv haben wir etwa ein halbes Jahr und einige 11 kg Säcke an hochenergetischem Futter gebraucht, um Otto wieder auf ein normales Gewicht zu bringen. Dabei bekam er auch das doppelte der empfohlenen Menge pro Mahlzeit. Plus die Leckerlies auf den Spaziergängen natürlich.

Da wir bei uns Wald und Felder in unmittelbarer Nähe haben, konnten wir ausgiebige Spaziergänge machen. Füttern, bewegen, füttern, bewegen, usw.

Jetzt, in seinem 12. Lebensjahr, dauern die Spaziergänge immer noch lange, aber die Strecken werden kürzer. Otto stellte sich als umgänglicher, liebebedürftiger Vollkontakt-Schmuser heraus. Im Sommer liegt er in der prallen Sonne und wechselt dann regelmäßig auf die schattige Terrasse oder in seinen privaten Pool, denn ein Wasserliebhaber ist er auch. Bei einem Spaziergang verschwand er einfach in einem Meliorationsgraben (ein Entwässerungsgraben zur Bodenverbesserung und Entwässerung in der Landwirtschaft). Man sah nur noch seinen Kopf und Entengrütze. So probierten wir auch an einem nahegelegenen See den Hundestrand aus, wobei er sich als sehr sozialer Hund herausstellte. Besonders bei den Hündinnen lässt er den Charmeur heraushängen! Eine Labradorhündin, die aus Angst alles anbellte und notfalls biss, wickelte er regelrecht um den Finger. Wenn die beiden sich treffen, geht direkt das gegenseitige Ablecken los. Nachdem wir ihn etwa ein Jahr lang hatten, beschlossen wir, mit ihm in den Urlaub zu fahren. Wir fuhren an den Bodden und an die Ostsee. Beide Male hatten wir wenig Probleme mit ihm. 

Bei einem Besuch im Spreewald ging er direkt in der Spree baden und war nur schwer wieder herauszubekommen. Wenn sein Rudel dabei ist, ist es ihm egal, wo er gerade ist. Unsere Nachbarin bezeichnet ihn als ihren Therapiehund. Sie hatte als Kind schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht. Otto half ihr mit seiner entspannten und verschmusten Art, diese Angst zu überwinden. Unsere Nachbarn auf der anderen Seite haben zwei Hunde. Mit denen gab es bisher auch nie Probleme. Unser Grundstück selbst nutzt er nicht als Toilette, es sei denn, es geht ihm mal schlecht und er kann nicht anders. Leider hat er einen empfindlichen Magen zurückbehalten. Aber nachdem wir das richtige Futter gefunden hatten und Nahrungszusätze gaben, haben wir das gut im Griff. Er mag auch süße Früchte wie Bananen, Äpfel, Birnen oder Pfirsiche sehr gern. Wenn es um sein Futter geht, kommt der verfressene Labrador durch.

"Wir bereuen keinen Tag, dass wir Otto genommen haben. Es hätte nur noch viel früher sein können“, berichtet Andreas Steitmann, auch im Namen seiner Familie.