Aquakulturen | Nachhaltig leben und einkaufen

Lachsfarming

Der Lachs, einst „König der Fische“, ist zur Massenware verkommen. Zu Tausenden werden Lachse in Zuchtbetrieben aufgezogen. Mit ihren wilden Artgenossen haben sie nicht mehr viel gemeinsam. Die verbringen ihre Jugend im Süßwasser, wandern als erwachsene Fische ins Meer und kehren erst nach mehreren Jahren zum Laichen in ihren Geburtsfluss zurück. Zuchtlachse dagegen vegetieren im „Käfig-Becken“ vor sich hin. Ihr Leben ist vorprogrammiert, von der Eizelle bis zur Transportkiste für geschlachteten Fisch.

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Heute zählt die seltene und teure Delikatesse Lachs bei den Deutschen neben Seelachs, Hering und Thunfisch zu den vier beliebtesen Speisefischen. Schaut man sich Testergebisse an, kann einem allerdings der Appetit vergehen. Viele Produkte sind bereits verdorben, wenn sie den Verbraucher erreichen, andere enthalten künstliche Farbstoffe oder andere Verunreinigungen. Wild gefangen wird der edle Fisch nur noch selten. Die große Nachfrage lässt sich nur durch Aquakulturen befriedigen. Vor allem Norweger, Schotten und Iren haben vor ihren Küsten riesige Farmen angelegt. In schwimmenden Netzgehegen werden Millionen von Lachsen gezüchtet. Jeder Bewegungsmöglichkeit beraubt, bleibt den tranigen Tieren nur eines: fressen, fressen und nochmals fressen. Nach zwei Jahren sind sie schon schlachtreif – Wildlachse brauchen drei bis vier Jahre, bis sie das gleiche Körpergewicht erreicht haben.

Lachsfarming als Ausweg?

Seit die Norweger vor 27 Jahren begonnen haben, den Salmon salar, den atlantischen Lachs, zu züchten, hat sich der Bestand im Durchschnitt alle vier Jahre verdoppelt. Die Preise haben sich von 40 Euro pro Kilo Wildlachs auf 12 Euro pro Kilo Zuchtlachs reduziert. Lachsfarmen sollten Entspannung bringen, entwickelten sich jedoch zum Bumerang. Die Wildlachsbestände wurden zwar entlastet, doch das breitere Angebot brachte die Preise bald zum Sinken. Langfristig so stark, dass heute jedes Kühlhaus übervoll und der Markt mehr als gesättigt ist. So positiv dieser Aspekt aus der Sicht des Lachsfangs mit Rute und Rolle wegen der geringeren Ausbeutung der Wildlachsbestände wirken mag, so gravierend greifen die Nebeneffekte der Lachszucht in Netzgehegen in die natürlichen Gleichgewichte ein. Heute züchten die Norweger jährlich über 300 000 Tonnen Mastlachs, mit dem mehr als 10 000 Güterwaggons beladen werden. Das ist genauso viel wie Schottland, Chile und die dänischen Färöer-Inseln gemeinsam auf dem Markt bringen. In der Hauptsaison werden in Norwegen zeitweilig 100 Millionen Lachse in rund 2000 Mastanlagen gehalten - ein idealer Nährboden für Parasiten und Infektionen. Weil Intensivhaltung für die Tiere Dauerstress bedeutet, sind sie sehr anfällig für Krankheiten. Zum Beispiel schwellen den Lachsen die Kiemen, sie leiden unter Geschwüren und Pilzen oder werden von Läusen, Darmparasiten und Würmern befallen.

Ganz legal dürfen die Züchter ihren Lachsen den synthetischen Farbstoff Canthaxatin ins Futter mixen. Canthaxantin sorgt für die hellrote Färbung des Fleisches. Wildlachse werden auf natürliche Weise rot, indem sie Krebse und Krabben fressen, deren Scalen den verwandten Frabstoff Asthaxatin enthalten. Auch der kann sythetisch hergestellt werden, was aber im Labor nicht nachzuweisen ist. Canthaxantin ist schon seit Jahren in Verruf, weil es Probleme mit Bräunungspillen gab, die den Farbstoff enthielten. Die Pillen sind heute verboten, weil Canthaxantin sich im Augenhintergrund ablagert und zu Sehstörungen führt. Da die Zuchtanlagen oft nur durch Netze abgegrenzt sind, können die Krankheiten auf die natürlichen Bestände übergreifen. Infektionsausbrüche bekämpfen die Lachsfarmer mit Tonnen von Antibiotika. Doch seit Anfang der 90er Jahre denken immer mehr Züchter um, besonders die Norweger, die weltweit am meisten Lachs produzieren. Sie erlauben in ihren Netzen nur noch 25 Kilogramm Lachs pro Kubikmeter Wasser – früher waren 40 Kilogramm üblich. Außerdem schützen Impfungen (Junglachse werden zum Beispiel gegen Furunkulose geimpft) vor den wichtigsten Krankheiten, so dass weniger Medikamente nötig sind. Heute bereitet vor allem die Lachslaus Lepeophtheirus salmonis den Züchtern Kopfzerbrechen. Sie saugt sich an Lachs und Seeforelle an und vermehrt sich im Schleim der Fischhaut. Vorsorglich behandeln die Züchter die Fische mit Medikamenten wie Ivermectin oder Malachitgrün. Rückstände davon sind im Fleisch angeblich nicht nachweisbar. Befallene Fische kommen nicht auf den Markt, die Schlachtereien sortieren selbst Fische mit geringen Hautschäden aus und verarbeiten diese weiter zu Tierfutter. Erinnern wir uns, BSE fing auch so an, oder?

Tipps für den Verbraucher

Die Bestände des Wildlachses sind durch Überfischung gefährdet. Zuchtlachse bergen Probleme, durch Krankheiten, erhöhten Medikamenteneinsatz und Vermengung mit der Wildpopulation. Bei der Zucht von Biolachs wird stärker auf geeignete Besatzdichten und Artansprüche der Fische geachtet. Auch ist der Einsatz von Antibiotika und künstlich-synthetischen Farbpigmenten verboten. Wenn Sie Lachs verzehren möchten, sollten Sie in jedem Fall Biolachs kaufen. Kaufen Sie bitte nur ungefährdete Fischarten wie Makrele, Hering und Seelachs.

Riesige Lachszuchtanlagen im Meer

Als Vorbild der Aquakultur diente die landwirtschaftliche Massentierhaltung. Die Schweine der Meere sind inzwischen die Lachse. Sie werden zu hunderttausenden pro Anlage in freischwimmenden Käfigen de fakto gemästet. Durch die hohe Besatzdichte in den frei schwimmenden Käfigen können sich Krankheiten sehr schnell verbreiten. Wegen seiner schnellen Gewichtszunahme ist der Lachs der am meisten gezüchtete Fisch vor Europas Küsten geworden. Haupterzeugerländer von Zuchtlachs sind Norwegen, Schottland, Chile und Kanada. Die Fische werden unter hohen Besatzdichten in Käfigen im Meer zusammen gepfercht. Aus den Käfigen sinken tonnenweise Exkremente und Futterreste, Medikamente und kupferhaltige Mittel, die zur Reinigung der Käfige eingesetzt wurden, auf den Meeresboden und belasten die Küstengewässer.

Im Pazifik (z.B. Kanadas Westküste) können aus den Käfigen entkommende atlantische Lachse die einheimischen Arten verdrängen. Das hat fatale Folgen für die vom Lachs abhängigen Tiere des Regenwaldes, wie auch für die Indianer: Statt mehreren Lachsarten, die von Frühsommer bis zum Herbst je nach Art zu unterschiedlichen Zeiten die Flüsse hoch wandern, gibt es dann nur noch eine kurze Lachswandersaison.

Von den Aquakulturen werden Räuber angezogen wie Seelöwen und Robben, die die Netze beschädigen, um an den Fisch zu kommen. Dadurch entweichen genetisch veränderte Zuchtlachse und vermischen sich mit Wildpopulationen. Auch Ottern holen sich gerne eine Mahlzeit aus den Zuchtnetzen.

Jan Peifer