Ratgeber Tiermedizin

Nahrungsergänzungsmittel für Tiere – Notwendig, hilfreich oder überflüssig?

Ob Nahrungsergänzungsmittel für Tiere sinnvoll sind oder nicht, ist leider nicht in einem Satz zu beantworten. Analog zum Menschen hängt die optimale Ernährung des Körpers von vielen Dingen ab. Hier sind vor allem das Alter, die Lebensumstände, mögliche Vorerkrankungen und die Grundkonstitution zu nennen.

Ein gesundes Tier braucht keine Nahrungsergänzungsmittel.
Ein gesundes Tier braucht keine Nahrungsergänzungsmittel. Foto: © iStock, Daria Kulkova

Doch zäumen wir das Pferd andersherum auf, dann wird die Sache etwas klarer. Führen wir uns ein Tier vor Augen, das in der Mitte des Lebens steht, bedarfsgerecht ernährt wird und keine Vorerkrankungen hat. Das Fell ist glänzend, am ganzen Körper sind keine kahlen Stellen zu finden. Das Wort Arthrose kennt dieser fiktive Kandidat nicht, das Gewicht ist optimal. Der Vierbeiner ist aufmerksam und fröhlich, weder zu ängstlich noch zu forsch. Ein Tier mit diesen Eigenschaften braucht keine Nahrungsergänzungsmittel. Bei ihm ist alles im Lot. Würden wir hier Präparate zufüttern, bringen wir das fein austarierte Gleichgewicht ins Wanken.

Anders sieht es aus, wenn wir als Tierbesitzer mit Defiziten konfrontiert sind. Die können verschiedener Natur sein. Zum einen haben wir es mit Tieren zu tun, die im Welpenalter möglicherweise schlecht ernährt wurden, und nun mit Erkrankungen der Gelenke oder Knochen zu kämpfen haben. Zum anderen können Verhaltensauffälligkeiten vorliegen, die nicht nur durch Training beeinflussbar sind. Viele Tiere werden mit selbst zubereitetem Futter ernährt, das bestimmte Zusätze benötigt, um bedarfsgerecht zu sein. Infektionskrankheiten können eine Schwäche des Immunsystems mitbringen. Futtersensible Patienten haben einen sehr empfindlichen Magen-Darm-Trakt. Vierbeinige Senioren leiden unter schlechter Fellqualität. All diese Umstände und darüber hinaus sind noch etliche weitere Szenarien denkbar, die es erforderlich machen können, bestimmte Präparate zuzufüttern.

Doch Vorsicht! Auch hier gilt es nur, ein Defizit auszugleichen. „Viel hilft viel“, ist in diesem Fall nicht das richtige Motto. Die Dosis ist entscheidend. Schießt der Besitzer mit den Zugaben über das Ziel hinaus, kann das gravierende Folgen haben. Beispielsweise reichern sich fettlösliche Vitamine bei Überdosierung im Körper an. Sie können nicht wie die wasserlöslichen Vitamine bei Überdosierung einfach ausgeschieden werden. Die Folge sind sogenannte Hypervitaminosen, also echte Erkrankungen durch Überdosierung.

Doch wie finde ich nun die optimale Nahrungszusammensetzung?

Wem kann ich als Tierbesitzer Glauben schenken? Dem Tierfachhandel oder dem Tierarzt? Wollen die nicht alle nur ihre Zusätze verkaufen? Tatsächlich ist es nicht ganz einfach, sich durch den Dschungel der möglichen und vor allem notwendigen Nahrungsergänzungsmittel durchzuschlagen und die richtige Entscheidung zu treffen. Gut beraten sind Tierbesitzer durch Anbieter, die Rationsberechnungen durchführen und selbst keine Nahrungsergänzungsmittel verkaufen. Dort schickt man die Daten seines Vierbeiners hin und schildert außerdem die Lebensumstände des Tieres. Damit sind die Aktivitätsumfänge gemeint, also wie lange man spazieren geht oder ob man Sport mit dem Tier treibt. Eventuell werden Blutbefunde bei Erkrankungen mitversandt und Angaben zur Gewichtsentwicklung gemacht. Anhand dieser Daten wird eine Rationsberechnung durchgeführt. Durch Auswertung der jeweiligen Ergebnisse ist nun klar ob, und wenn ja, welche Nahrungsergänzungsmittel dem Tier zugefüttert werden sollten. So gelingt es Tierbesitzern, das richtige Maß zu finden, und die Ernährung ihres Lieblings optimal zu gestalten.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.