Haushunde | Ratgeber Tiermedizin

Ohrerkrankungen bei Hund und Katze

Kaum ein Vierbeiner, den es im Laufe seines Lebens nicht einmal erwischt. Das Ohr juckt, wird rot, vielleicht ist die Ohrmuschel mit einem braunen, schmierigen Belag ausgekleidet. Zudem stinkt es unangenehm aus dem Inneren des Ohres heraus.

Dr. Tina Hölscher untersucht einen Hund. Foto: © ViasDesign/ O. Jupe

Eifrig wird die Gegend rund um das Ohr vom Tier bearbeitet, es wird mit den Pfoten gekratzt oder auch der Kopf auf den Boden gedrückt und über den Teppich geschoben, alles im verzweifelten Versuch, den Juckreiz im Ohr loszuwerden. Wenn dann auch noch heftig geschüttelt wird, kommt es gar zum sogenannten Blutohr, bei dem sich die Ohrmuschel zum Ball aufbläht.

Doch der Reihe nach. Wen trifft es am häufigsten und warum? Hunde mit Schlappohren leiden häufiger unter Ohrproblemen als Hunde mit Stehohren. Bei den Katzen sind es eher die Freigänger als die Wohnungskatzen, die von Ohrentzündungen heimgesucht werden. Doch woran liegt das? Hängeohren sorgen dafür, dass das Ohrinnere schlecht belüftet wird. Sie wirken wie eine Art Deckel auf dem Gehörgang. Hier herrscht ein sauerstoffarmes Milieu, das mögen Bakterien besonders gerne. Sie können sich optimal vermehren. Zudem entwickelt sich eine höhere Luftfeuchtigkeit im Ohrinneren, auch dies bevorzugen diverse Krankheitskeime.

Was die Katzen betrifft, sind Freigänger zwar in der Regel robuster, doch kommen sie mit verschiedenen Erregern in Kontakt, mit denen Wohnungskatzen keine Berührungspunkte haben. So gelten Ohrmilben als hochinfektiös, was zur Folge hat, dass bei einer Begegnung zweier Katzen, von denen eine mit diesen Milben infiziert ist, die zweite mit hoher Wahrscheinlichkeit die Milben als Präsent von der ersteren mit nach Hause nimmt.

Was haben wir überhaupt für Krankheitsursachen an den Ohren?

Ohrerkrankungen werden vor allem durch Pilze und Bakterien verursacht. Aber auch Allergien sind immer öfter Auslöser einer Otitis externa, also einer Entzündung des äußeren Gehörganges. Nicht richtig behandelt, wird diese Angelegenheit schnell chronisch. Die Krux dabei: Wie bereits geschildert, erkrankt die Innenauskleidung des Gehörgangs. Im Zuge des Versuchs des Körpers eine Heilung herbeizuführen, verdickt sich die Haut in diesem Bereich. Nun stelle man sich ein Rohr vor, dessen Auskleidung zunehmend dicker wird. Was passiert? Das Lumen, der hohle Bereich also, wird kleiner. Der Durchmesser des Gehörgangs nimmt ab. Bei einer Ohrentzündung kann dieser Prozess so weit fortschreiten, dass das Ohr irgendwann tatsächlich dicht ist. Damit ist das Tier taub! Dies gilt es unbedingt zu vermeiden. Deshalb muss schnell richtig behandelt werden. Denn zudem wandert die Problematik weiter in das Mittel- oder gar ins Innenohr.

Da sich diese Vorgänge in der Tiefe dem menschlichen Auge entziehen – der Tierarzt kann nur bis zum Trommelfell hineinschauen – wird es da schon mit der Diagnostik schwierig. Als Bildgebung kommt hier nur ein CT infrage, was beim Tier zwingend eine Narkose bedingt. Im Röntgen überlagern sich derart viele Strukturen, dass dieses bildgebende Verfahren nicht zur Diagnose im Kopfbereich taugt. Proben können nur intra operationem, also während eines chirurgischen Eingriffs, genommen werden, weil man hier sonst nicht hinkommt. Alles mit Riesenaufwand verbunden, kostenintensiv und vor allem stressig für das Tier. Das möchte man doch unbedingt vermeiden und viel besser, es kommt gar nicht erst so weit.

Daher ist es immens wichtig, Ohrerkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Untersuchung beider Ohren sollte Bestandteil eines jeden Routinechecks beim Tierarzt sein. Vergisst er dies, darf man als Tierhalter ruhig dezent darauf hinweisen. Finden sich im Rahmen dieser Überprüfung schon Beläge in den Gehörgängen, sollte sofort mit einer regelmäßigen Reinigung der Ohren begonnen werden, und zwar so lange, bis die Auflagerungen verschwunden sind. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Spüllösungen so konzipiert sind, dass sie dem Ohr auch dann nicht schaden, wenn das Trommelfell nicht intakt ist. Das kann nämlich bei verschmutzen Ohren manchmal nicht einhundertprozentig im Vorfeld beurteilt werden. Geeignet sind beispielsweise Tris-EDTA-Ohrreiniger. Diese Spülprozeduren wollen mit dem Tier geübt sein. Die meisten Vierbeiner sind nicht begeistert von den Reinigungsaktionen und schon gar nicht, wenn damit im akuten Fall Schmerzen verbunden sind. Daher macht der Tierarzt in der Regel den Anfang und zeigt dem Tierbesitzer, wie er die Therapie daheim fortführen soll. Am besten immer gepaart mit Belohnungen, um zu erreichen, dass das Tier die Spülung mit etwas Positivem verbindet und es geduldig über sich ergehen lässt.

Heilt die Entzündung nur mittels Reinigung nicht ab, müssen Proben entnommen und im Labor untersucht werden. Durch exakte Bestimmung des Krankheitserregers kann gezielt mit Antibiotika, Mitteln gegen Ektoparasiten oder gegen Pilze behandelt werden. Neben den klassischen Entzündungsauslösern in Form von Krankheitserregern, gibt es schwer behandelbare Krankheiten wie Tumore der Ohrmuschel. Diese treten häufig bei Katzen auf, hier besonders bei Freigängern mit weißen Ohren. Hintergrund hierfür ist die Sonneneinstrahlung. Man kann das Geschehen am Ohr mit einem ständig wiederkehrenden Sonnenbrand vergleichen. Die Haut verbrennt an dieser Stelle wieder und wieder und entartet zuletzt. Die Ohrränder sehen zunächst leicht krustig und blutig aus. Sie heilen schlecht, und das Geschehen weitet sich aus. Zu diesem Zeitpunkt hilft nur noch die Amputation. Wird das tumoröse Gewebe komplett entfernt, hat die Katze noch eine Chance gesund zu werden. Wartet der Besitzer zu lange, kommt jede Hilfe zu spät.

Eine Komplikation verschleppter Ohrentzündungen ist das Blutohr.

Dieses kommt zustande, wenn sich das Tier aufgrund des ausgeprägten Juckreizes wiederholt, heftig schüttelt. Dabei platzt ein Gefäß. Das Blut ergießt sich in den Ohrlappen. Es träufelt zwar kein Blut an der Oberfläche heraus, aber es versickert zwischen Haut und Ohrknorpel. Das Ohr bläht sich in der Folge auf und sieht aus wie ein kleiner Ballon. So bleiben kann die Situation nicht, denn ein derart großes Hämatom kann langfristig ernste Probleme machen. Deshalb muss das Blut abgesaugt und ein Kompressionsverband angelegt werden. Das ist leichter gesagt als getan. Oft versuchen die Vierbeiner das lästige Ding am Kopf loszuwerden. Verrutscht der Verband, läuft das Blut erneut nach, und die nächste Blase bildet sich. Daher muss manchmal auch operiert werden. Hierzu werden Schaumstoffplatten auf das Ohrläppchen genäht, um Druck auf die Gefäße auszuüben und um damit ein Rezidiv, also ein Wiederauftreten des Problems, zu verhindern.

Fazit: Wehret den Anfängen! Aus beginnenden kleinen Problemchen können sich das Ohr betreffend langfristig ernstzunehmende Krankheitsbilder entwickeln. Daher sollte immer genau hingeschaut werden, wenn Ohren auffällig sind.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.