Aktuelle Umfragen unter Verbrauchern zeigen, dass die Nachfrage nach Heumilch und Heumilchprodukten steigt. Besonders gut kommt das Versprechen der traditionellen Herstellung an. Zudem ist die Bezeichnung „Heumilch“ EU-weit geschützt und sorgt für ein Gefühl von Transparenz.
Schöner Schein - Die Wahrheit über Heumilch
Im Dschungel der Siegel und Kennzeichnungen für Lebensmittel ist seit einiger Zeit eine weitere Bezeichnung für Milch und Käse aufgetaucht, die auf den ersten Blick viel verspricht und Verbraucher zum Kaufen locken soll. Mit der Bezeichnung „Heumilch“ werden Milch und Milchprodukte vermarktet, die einen besonders naturnahen Bezug bzw. eine Herkunft versprechen. Bilder von glücklichen, zufriedenen Kühen auf saftigen Wiesen gehören zum Auftreten vieler Heumilch-Anbieter selbstverständlich dazu.

Doch was bedeutet der Name Heumilch überhaupt?
Gemäß der EU-Richtlinie dürfen Kühe, deren Milch als Heumilch vermarktet wird, keine Silage als Futter erhalten. Gras- und Maissilage sind Grünfuttermittel, die durch Vergären haltbar gemacht werden, ähnlich wie Sauerkraut. Sie ermöglichen eine Bevorratung von Futtermitteln auch über den Zeitraum hinaus, in dem frisches Grünfutter zur Verfügung steht. Insgesamt bilden sie mit mehr als 50 % mengenmäßig das am meisten verwendete Futtermittel. Allerdings besteht bei nicht fachgemäßem Durchführen der Verarbeitungsschritte die Gefahr der Entstehung von Pilzen, Hefen und Bakterien, weshalb die Verwendung von Silage auch mit Risiken verbunden ist. Außerdem können bestimmte Stoffe in der Silage von Kühen aufgenommen und in die Milch weitergegeben werden, die die Verarbeitung zu Käse erschwert oder verhindern kann. Auch vor dem Hintergrund der Biodiversität ist die Verwendung von frischem Gras und Heu der Silage überlegen, da hierfür die Wiesen öfter und vor allem früher gemäht werden. Hierdurch wird ein Wachstum und die Blüte vieler Wiesenpflanzen verhindert. Heuwiesen haben daher oft einen höheren Artenreichtum, weil sie einen attraktiveren Lebensraum darstellen.
Dennoch werden Heumilch-Kühe nicht nur mit Heu gefüttert.
Neben frischem Gras, Kräutern, Hülsenfrüchten und Heu ist auch das Füttern von Raufutter wie Raps, Mais, Roggen oder Futterrüben erlaubt. Außerdem sind bis zu 25 % Kraftfutter ebenfalls gestattet. Darüber hinaus sagt die Bezeichnung Heumilch über die Haltungsform der Tiere nichts aus. Gemäß dem Heumilch-Regulativ müssen die Milchkühe im Laufstall gehalten werden, oder es muss ihnen an mindestens 120 Tagen im Jahr ein Auslauf bzw. ein Zugang zur Weide gewährt werden. Eine dauerhafte Anbindehaltung ist nicht erlaubt. Dies bedeutet im Umkehrschluss: Acht Monate pro Jahr dürfen auch Heumilch-Kühe in Anbindehaltung im Stall gehalten werden. Weitere Anforderungen an die Haltung gibt es nicht. Hieran ändert auch eine Auszeichnung mit dem Bio-Siegel nichts, da die Anbindehaltung weiterhin nicht grundsätzlich verboten ist. Tierschützer und Rechtsexperten halten diese Form der Haltung für nicht legal und strafbar, da nach dem Gesetz die Tiere verhaltensgerecht untergebracht werden müssen. In der Anbindehaltung jedoch werden nahezu alle arttypischen Verhaltensweisen unterbunden.
Werbeversprechen werden bei Heumilch-Produkten nicht eingehalten.
Die Kühe werden nicht mit Silage gefüttert, dennoch leben sie nicht nur von Heu und Gras. Sie verbringen ihr Leben nicht auf der Weide, sondern größtenteils im Stall, teils in tierquälerischer Anbindehaltung. Darüber hinaus unterscheidet sich die Heumilchwirtschaft nicht von der regulären Milchproduktion: Kühe werden regelmäßig zwangsgeschwängert, um ein Kalb zu gebären, ohne dem sie gar keine Milch geben würden. Die Kälber werden in der Regel in die Rindermast abgeschoben, da sie für die Milchindustrie wertlos sind. Die Muttertiere müssen zeitlebens all ihre Kraft und Energie in die Milchproduktion stecken. Sind sie ausgelaugt, führt auch ihr Weg in den Schlachthof. Auch Heumilch ist für Leid und Sterben verantwortlich. Wer dies nicht unterstützen möchte, sollte sich einfach durch die mittlerweile riesige Palette pflanzlicher Milchalternativen probieren. Hier ist für jeden Geschmack und jeden Einsatz in nahezu jedem Supermarkt ein entsprechendes Angebot verfügbar.
Heumilch – Ein Siegel mit Grenzen
Produkte mit dem AMA-Gütesiegel „Heumilch“ stammen von Kühen, die nicht mit Silage gefüttert werden – Kraftfutter ist aber erlaubt. Die Bezeichnung bezieht sich ausschließlich auf die Fütterung, nicht auf die Haltungsform. So ist etwa Anbindehaltung bis zu acht Monate im Jahr weiterhin zulässig, die dauerhafte Anbindehaltung ist allerdings untersagt. Die Werbebilder vermitteln oft eine besonders tierfreundliche Landwirtschaft, die tatsächlichen Bedingungen können davon jedoch abweichen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, findet inzwischen viele pflanzliche Alternativen im Handel.