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Wenn Essen Bauchweh macht… – Lebensmittelunverträglichkeit bei Haustieren

Warum ist bisher unklar. Klar ist nur, die Problematik nimmt zu. Und zwar rasant. Die Rede ist von Futtermittelunverträglichkeiten beim Tier. Schon kleine Mengen einer bestimmten Fleischsorte oder einer Kohlenhydratquelle, die nicht vertragen wird, reichen. Kurz nach der Mahlzeit gluckert es im Bauch und der arme Vierbeiner krümmt sich vor Schmerzen.

Foto: © iStock-Sonja Rachbauer

Doch es muss nicht immer der Darm sein. Auch Juckreiz, hier vor allem bei Katzen und dann vor allem im Bereich des Gesichts, können ein Hinweis auf eine Allergie gegen Nahrungsmittel sein. Damit nicht genug. Ohrentzündungen beim Hund oder Durchfall bei Hund und Katze können durch Speisen, die vom Individuum nicht vertragen werden, ausgelöst werden.

Das Teuflische daran: Manchmal reagiert der Organismus sofort auf Dinge, die er nicht verträgt. Oft ist es aber so, dass die Symptomatik um Wochen(!) hinterherhinkt. Das heißt, das Tier frisst an Tag x irgendetwas, auf das es mit einem allergischen Schub reagiert, und der Juckreiz oder Durchfall zeigt sich erst viel später. Wie um Himmels willen soll man da herausfinden, in welchem Nahrungsbestandteil sich der Auslöser versteckt?

Eine Futtermittelunverträglichkeit ist eine Ausschlussdiagnose.

Das heißt übersetzt, es gibt nur einen Weg, um zur Diagnose zu kommen: Es müssen alle anderen Ursachen, die ansonsten Grund für die jeweilige Problematik sein können, ausgeschlossen werden. Labore bieten zwar Bluttests an, die angeblich darüber Aufschluss geben, was ein Tier problemlos fressen darf und was es nicht verträgt, aber diese Tests sind salopp formuliert „Humbug“. Sie liefern zwar auf dem Papier ein Ergebnis, doch häufig ist es so, dass das Tier genau die Dinge nicht verträgt, die es laut Testergebnis essen darf und umgekehrt. Zudem sind sie teuer. Jeder Tierarzt, der up to date ist, weiß das. Empfiehlt ein Tierarzt, diesen Test durchzuführen, ist die Empfehlung nicht seriös oder der Veterinär hat eine echte Wissenslücke.

Es bleibt also nur, alle anderen Ursachen auszugrenzen. Das geht nur Schritt für Schritt. Geduld und Durchhaltevermögen durch den Besitzer sind Grundvoraussetzungen für dieses Unterfangen. Beginnen wir mit dem MagenDarm-Trakt. Eine umfangreiche Untersuchung des Stuhles kann alle relevanten Punkte abklären. Zum einen benötigt man hierfür eine sogenannte Sammelkotprobe von drei aufeinanderfolgenden Tagen. Krankheitserreger werden intermittierend ausgeschieden. Mal sind welche im Stuhl drin, mal nicht. Sammelt man Kot über einen Zeitraum von 72 Stunden, dann ist die Wahrscheinlichkeit bei nahezu 100 % Krankheitserreger zu finden, sollten welche enthalten sein. Zum anderen benötig man eine frische Stuhlprobe. Mittels dieser untersucht das Labor das Mikrobiom. Hier könnte es eine Verschiebung der Darmflora, eine sogenannte Dysbiose, diagnostizieren, zum Beispiel nach einer Antibiotikabehandlung.

Oft zeigt sich eine Unverträglichkeit beim Hund aber auch in Form von braunen, schmierigen, stinkenden Auflagerungen im äußeren Gehörgang. Manchmal ist aparterweise auch nur ein Ohr betroffen. Hier müssen zunächst Pilze, Bakterien und Milben ausgeschlossen werden, bevor wir an eine Allergie denken dürfen. Ist Juckreiz unser Leitsymptom, müssen wir sicherstellen, dass nicht Flöhe und Co. im Fell ihr Unwesen treiben und damit für das Kratzen verantwortlich sind. Im Zweifelsfall behandelt man sicherheitshalber gegen Ektoparasiten, dann können die jedenfalls nicht der Grund für den Juckreiz sein.

Durch eine Blutuntersuchung müssen Stoffwechselerkrankungen oder hormonell bedingte Krankheitsbilder abgeklopft werden. In diesem Zusammenhang schlagen hier beispielsweise die Bauchspeicheldrüse oder auch die Schilddrüse gerne mal Kapriolen. In Einzelfällen wird eine Biopsie vom Darm notwendig.

Blutabnahme beim Haustier
Blutabnahme beim Haustier Foto: © aktion tier

Beginn einer Eliminationsdiät

Nur, wenn alle anderen Ursachen definitiv ausgeschlossen worden sind, darf man beginnen, von einer echten Futtermittelunverträglichkeit zu sprechen. Jetzt kommt der für den Besitzer anstrengendste Teil. Es wird mit einer Eliminationsdiät begonnen. Das heißt, man wählt genau eine Protein- und eine Kohlenhydratquelle aus, von der man vermutet beziehungsweise hofft, dass das Tier sie verträgt. Gängige Kombinationen sind Lamm mit Reis oder auch Pferd mit Pastinake. Das Futtermittel, für das man sich entschieden hat, wird nun ausschließlich verabreicht. Eisern! Das Tier darf nichts anderes bekommen, im besten Fall vier bis sechs Wochen lang. Da der Darm dermaßen hinterherhinkt, kann man erst nach Ablauf dieser Frist beurteilen, ob das Futter vertragen wird. Ist das nicht der Fall, wählt man eine neue Kombination. Funktioniert die erste Futtervariante hingegen gut, darf jetzt gezielt eine weitere Komponente hinzukommen, um die Palette langfristig etwas zu erweitern.

Hat man zu guter Letzt verträgliche Futtermittel identifiziert, kann man das Projekt mit einer so genannten Provokationsdiät abschließen. Hier wird dann wieder das ursprüngliche normale Futter gefüttert. Verschlechtert sich das Befinden des Tieres hierdurch wieder, hat man den endgültigen Beweis. Viele Besitzer verzichten aber auf diesen letzten Schritt. Ihre Nerven liegen nach den Wochen oder gar Jahren der problembeladenen Fütterung noch zu blank, als dass sie das Wohl ihres Tieres erneut durch unverträgliche Nahrung vorsätzlich erschüttern wollen. Sehr verständlich.

In einigen Fällen findet man aber leider auch des Rätsels Lösung nicht.

Dann bleiben nur allergene Nahrungsmittel als Alternative oder eben die Gabe von Medikamenten übrig. Letztere haben bekanntlich Nebenwirkungen. Das Wirksamste ist in diesem Zusammenhang Kortison. Doch davon wird die Muskulatur abgebaut, der Hunger größer, das Immunsystem schwächer. Kurzfristig kein Problem, dauerhaft aber nicht zu empfehlen. Also bleiben die anallergenen Futtersorten, bei denen die einzelnen Nahrungsbestandteile hydrolysiert, also so zerkleinert und aufgespalten sind, dass von ihnen kein allergenes Potential mehr ausgeht. Glücklicherweise sind unsere Tiere nicht so sehr auf Abwechselung gepolt. Die meisten kommen gut damit zurecht, immer das gleiche Futter zu bekommen. Und wenn dafür der Bauch dafür nicht mehr schmerzt oder das Ohr nicht mehr juckt, schluckt man diese Kröte einigermaßen gern.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.