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Zahnprophylaxe beim Tier

Jeder, der schon mal Zahnschmerzen hatte, weiß wie scheußlich das ist. Unsereins rennt stante pede zum Zahnarzt. Hat der nicht offen, bleibt wenigstens die Notaufnahme. Dort wird man mit Schmerzmitteln versorgt, so dass die Zeit bis zum Zahnarztbesuch erträglich bleibt. Ganz anders unsere Haustiere. Sie können sich nicht artikulieren. Haben sie Zahnschmerzen, bekommt der Besitzer das häufig gar nicht mit. Ihm fällt allenfalls auf, dass das Tier etwas im Allgemeinbefinden reduziert ist. Es spielt nicht mehr so fröhlich und frisst etwas weniger gierig. „Aber das ist ja auch gut so, dann nimmt er etwas ab“, denkt womöglich der Tierhalter. Dass sein Liebling deshalb schlecht Nahrung aufnimmt, weil er schlimme Zahnschmerzen hat, kommt ihm zunächst gar nicht in den Sinn. Damit beginnt im schlechtesten Fall eine lange Leidensphase für das Tier.

Kaninchen Zahnkontrolle.
Kaninchen Zahnkontrolle. Foto: © aktion tier

Deshalb ist die regelmäßige Gebisskontrolle beim Haustier genauso wichtig wie für den Menschen. Das frühzeitige Erkennen von Schäden an den Zähnen beim Tier beugt Schlimmerem vor. Der Tierarzt sollte deshalb bei jeder Allgemeinuntersuchung einen Blick ins Maul werfen. Doch auch der Tierbesitzer selber kann ohne viel Übung faule oder abgebrochene Zähne erkennen und damit sein Tier vor Schmerzen bewahren. Wenigstens einmal im Monat sollte der Halter versuchen, das Maul seines Schützlings zu inspizieren. Das funktioniert vielleicht nicht beim ersten Mal, aber mit etwas Übung und der Hilfe einer weiteren Person, die das Tier fixiert, lässt sich nahezu jeder Hund und jede Katze den Fang öffnen. Wenn die Tiere dann diese Handgriffe gewöhnt sind, kann auch der Tierarzt bei der jährlichen Impfung ohne großes Aufhebens die Maulhöhle eingehend betrachten. Bei Pferden aber sollte ausschließlich der Veterinär diesen Eingriff vornehmen. Hier müssen Spezialgeräte wie Maulkeile oder -gatter zum Einsatz kommen, die verhindern, dass das Pferd zubeißt, da hier die gesamte Hand zum Abtasten in das Pferdemaul eingeführt werden muss. Auch bei Kaninchen und Nagetieren ist die Untersuchung schwierig und eigentlich nur vom Tierarzt zu bewerkstelligen.

Im besten Fall bietet sich dem Tierhalter folgendes Bild: Das Zahnfleisch glänzt außer an den schwarz pigmentierten Stellen einheitlich rosa. Es sind keine offenen Wunden erkennbar. Direkt über den Zahnhälsen darf kein roter Saum auftreten. Die Zähne selbst glänzen elfenbeinfarben ohne Auflagerungen und Verfärbungen. Es sind keine Abbruchkanten erkennbar. Die Atemluft riecht nach Tierfutter und nicht etwa eitrig, stinkig oder faulig. Entdeckt ein Tierbesitzer eine Abweichung, muss jede Veränderung einem Tierarzt vorgestellt werden, denn viele Tiere sind erstaunlich schmerztolerant. Sie fressen weiterhin, obwohl ihr Gebiss in einem völlig desolaten Zustand ist. Übelriechender Atem, zögerliches Fressen oder vermehrtes Speicheln können deshalb Hinweise auf eine Zahnerkrankung sein.

Jede Tierart weist eine Neigung zu bestimmten Zahnkrankheiten auf. So haben Katzen häufig eine chronische Zahnfleischentzündung. Bei Pferden bilden sich im Alter durch die Abnutzung der Zähne Haken, die zu heftigen Entzündungen im Backenbereich führen können. Nagetiere entwickeln Abszesse durch Fehlstellungen. Hunde brechen sich im Spiel des Öfteren die Eckzähne ab und der Wurzelkanal liegt frei. In allen Fällen bildet sich das Problem nicht von alleine zurück. Im Gegenteil: Wird jetzt nicht gehandelt, kommt es unweigerlich zu schmerzhaften Prozessen in der Maulhöhle.

Die Reinigung der Zähne ist wichtig

Nun muss der Tierarzt ran. Bei Hund und Katze beginnt die Behandlung mit einer gründlichen Reinigung der Zähne. Hierfür ist häufig – aber nicht immer – eine Narkose erforderlich. Die Säuberung wird entweder manuell mittels Scalern oder auch durch die Zuhilfenahme eines Ultraschallgerätes vorgenommen. Im Anschluss erfolgt die Politur. Sind die Zähne sauber, wird besser erkennbar, welche Strukturen irreversibel geschädigt sind und was erhalten werden kann. Röntgenbilder runden die Diagnose ab. Unheilbar erkrankte Zähne werden gezogen. Darüber hinaus ist in der Tiermedizin heutzutage theoretisch alles möglich: von Wurzelbehandlungen über Spangen für Junghunde bis hin zu Kronen für Zuchttiere oder auch operative kieferorthopädische Eingriffe. Diese Spezialbehandlungen sind jedoch sehr teuer und stehen den Behandlungen beim Menschen finanziell gesehen in Nichts nach.

Besser man bewahrt das Kind schon im Vorfeld davor, in den Brunnen zu fallen. Dies geschieht durch gewissenhafte Prophylaxe. Fachtierärzte für Zahnheilkunde empfehlen auch bei Hund und Katze Zähne zu putzen. Im Fachhandel gibt es entsprechende Zahnbürsten und Zahnpasta mit Fleischgeschmack. Nach liebevoller Eingewöhnung tolerieren die meisten Tiere den Putzvorgang, wenn auch mit wenig Begeisterung. Einige Kandidaten verweigern sich jedoch gänzlich. Für sie bleibt nur die Schmalspurversion in Form einer Gelbehandlung. Diese Gels, ebenfalls im Zoobedarf oder beim Tierarzt erhältlich, werden auf das Zahnfleisch aufgetragen und sorgen für eine Reduktion der Bakterien und unterbinden damit wenigstens bis zu einem gewissen Grad die Zahnsteinentwicklung.

Auch Kaninchen und Meerscheinchen sollten regelmäßig zum Checkup zum Tierarzt gebracht werden. Ihnen müssen unter Umständen die Zähne gekürzt werden, da diese lebenslang wachsen. Damit sind wir gleich beim nächsten Punkt – die richtige Fütterung. Bei unseren kleinen Heimtieren spielt die artgerechte Fütterung eine ganz entscheidende Rolle. Enthält ihr Futter einen großen Rohfaseranteil, müssen die kleinen Fellnasen viel malmen, um das Zeug klein zu bekommen. Dabei nutzt sich die Zahnsubstanz ab und zwar genau in dem Maße, in dem der Zahn nachwächst. Das ist erwünscht und gewollt so. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Zähne zu lang werden und sich gegenseitig beim Versuch das Maul zu schließen blockieren.

Einmal im Jahr ist eine Vorstellung beim Tierarzt ratsam, gegebenenfalls im Rahmen des Impftermins. Diese jährliche Untersuchung der Maulhöhle reicht im Allgemeinen aus, um gröbere Missstände zu verhindern.

Pferdegebisse verändern sich

Aufgrund guter Haltungsbedingungen werden Pferde und Ponys heutzutage viel älter, als sie es noch vor dreißig Jahren wurden. Damit treten auch Zahnprobleme deutlich häufiger auf als früher, da sie speziell zu dem Komplex der Erkrankungen des älteren Tieres gehören. Das Pferdegebiss verändert sich im Laufe des Tierlebens, was regelmäßig zur Ausbildung von scharfkantigen Zahnrändern führt. Diese Ränder sind, je älter das Tier wird, umso schärfer und führen langfristig zu Entzündungen und Fehlstellungen, die im übelsten Fall die Futteraufnahme verunmöglichen. Das Pferd kann ohne Behandlung nicht mehr fressen und verhungert. Der Tierarzt trägt diese Kanten mit einer Schleifmaschine ab, so dass die Rösser wieder richtig futtern können.

Fazit: Ganz analog zum Menschen sorgen Pflege und artgerechte Ernährung für gute Zahngesundheit. Regelmäßige Kontrollen beim Tierarzt gewährleisten außerdem, dass nichts übersehen wird. Dann können auch unsere Vierbeiner ohne Hemmungen kraftvoll zubeißen – zumindest solange es sich nur um Futter handelt.

Zur Reinigung von Hunde- und Katzenzähnen gibt es spezielle Zahnpasten mit Geschmack, z.B. Hühnchen. Man schmiert die Paste auf eine Fingerhutähnliche Gummierung und kann damit vorsichtig über die Zähne fahren.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.