Haushunde

Alter Hund - na und?

Machen sich Tierliebhaber Gedanken über vierbeinigen Familienzuwachs in Form eines Hundes, haben die allermeisten das Bild eines Welpen im Kopf. Was nur allzu oft vergessen wird, sind die Probleme, die ein junger Hund mit sich bringt...

Patrice Krüger und Hündin Lisa
Patrice Krüger mit Hündin Lisa vor der aktion tier Geschäftsstelle in Berlin. Foto: © aktion tier e.V./Diezemann

Stubenreinheit und Gehorsam müssen mit viel Mühe angelernt werden. Mobiliar und Nerven der Besitzer leiden. Und was am Ende der zeitraubenden Erziehungstaktiken schließlich für ein Hund aus dem kurzzeitig süßen Schuckelputz wird, ist oft unklar. Ob der Kleine im Erwachsenenalter zum Kläffer, Angstbeißer oder Aggressor wird, ist einem Welpen kaum anzusehen. Vor allem Tierfreunde ohne Hundeerfahrung machen in der Erziehung junger Hunde Fehler. Das ist ganz normal. Doch unter den Folgen, die daraus resultieren, muss der Tierhalter dann das nächste Jahrzehnt leiden.

Angesichts dieser Aussichten macht es durchaus Sinn, über die Aufnahme eines „fertigen“ Hundes nachzudenken. Die Anschaffung eines älteren Zeitgenossen bietet etliche Vorteile: Man sieht, was man sich ins Haus holt. Die Eigenheiten des Hundes sind bekannt. Ist er katzenverträglich? Mag er Kinder? Kann man ihn alleine lassen? Bellt er viel? Wichtige Eckpunkte können somit im Vorfeld abgeklärt werden. Dies ermöglicht dem neuen Halter eine genaue Einschätzung: Der Hund wird sich gut in mein persönliches Umfeld integrieren.

Und um an dieser Stelle mal gründlich mit einem Vorurteil aufzuräumen - psychisch verkorkst sind die wenigsten der Tierheimhunde. Viele Tiere landen dort, weil sich das berufliche Umfeld, die Wohnungssituation oder Familienstruktur der Vorbesitzer geändert hat. Nicht, weil die Vierbeiner irgendwelche Unarten ihr Eigen nennen, die sie unerträglich machen! Seriös arbeitende Tierheime klären vor der Vermittlung genau über die Charaktereigenschaften des Hundes auf.

Nimmt man ein älteres Tier auf, bindet man sich weniger lang

In der Regel können die meisten Leute ihre persönliche Entwicklung in den nächsten fünf Jahren einigermaßen abschätzen. Doch gilt das auch für die nächsten 15 Jahre? Diese Frage wird kaum ein Tierliebhaber definitiv bejahen können. Die Lebenserwartung der meisten Hunde liegt zwischen zehn und sechzehn Jahren. Schenkt man einem Senior – also einem Hund mit acht Jahren oder älter - ein Zuhause, übernimmt man in der Regel nicht länger als fünf Jahre Verantwortung für das Tier. Ein überschaubarer Zeitraum für den Menschen und ein traumhafter Lebensabend für den Vierbeiner.

Betagtere Hunde benötigen zudem nicht so viel Auslauf wie Jungspunde. Auch als älterer oder viel beschäftigter Mensch kann man den Ansprüchen des Tieres damit gerecht werden. Die vierbeinigen Senioren sind insgesamt meist ausgeglichener und daher ruhiger. Im Alltag nehmen sie nicht so viel Raum ein wie ein Welpe, der ständig Aufmerksamkeit fordert.

Und nicht zuletzt: Entschließen Sie sich, einen grauschnauzigen Hunde-Opa aufzunehmen, vollbringen Sie eine gute Tat! Wie unter uns Menschen gehören alte Hunde oft nicht zu den Schönheiten ihrer Art und werden damit schnell zu Ladenhütern in den Tierheimen. Dabei sind sie es, die oft die beste Seele haben und es Ihnen am meisten danken werden.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.