Aufklärungsarbeit | aktion tier Lottihof

Besuch auf dem Lottihof

Neben den vielen Menschen, die den aktion tier – Lottihof vor allem an den Wochenenden besuchen, machten sich auch unsere Mitarbeiter*innen des Aufklärungsteams aus Schleswig-Holstein auf den Weg nach Mecklenburg-Vorpommern. Am 13.05.2023 fanden sich so auf Einladung der Projektleiterin Tina Geburtig 6 Teammitglieder nebst Anhang auf dem inzwischen weit über die Region hinaus bekannten aktion tier Projekt ein.

Foto: © aktion tier e.V.

Nach einem vegetarischen Mittagessen tat Tina Geburtig dann das, was sie unzählige Male in den letzten Jahren schon getan hat: Sie führte die Besucher über das großzügige Grundstück und erläuterte geduldig den Ansatz des Projektes und die Schicksale der einzelnen Bewohner.

Insgesamt haben über 300 einzelne Tiere ein neues Zuhause auf dem aktion tierLottihof gefunden, die unterschiedlicher kaum sein können. Von der Farbmaus bis hin zum stattlichen Friesenhengst ist dort ein breites „tierisches“ Spektrum vorhanden. Eines haben jedoch all diese Tiere miteinander gemeinsam: Ihr Schicksal wurde bestimmt durch menschliches Fehlverhalten und der Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen des einzelnen Tieres. Seien es im Wald ausgesetzte Katzen oder aus Massentierhaltungsställen zur „Entsorgung“ frei gegebene Hühner, voreilig aufgesammelte Wildschwein-Frischlinge oder „ausrangierte“ Milchkühe. Das Schicksal dieser Tiere wurde bestimmt durch Profitdenken oder auch falsch verstandene Hilfsbereitschaft des Menschen. Im Endeffekt bedurfte es einer Einrichtung wie des aktion tier-Lottihofes, um diesen Tieren ein neues Zuhause zu geben.

Kinder sind die Tierschützer von morgen!

Insbesondere Familien mit Kindern und Schulklassen aus der näheren Umgebung besuchen den Lottihof in großer Zahl. Die Bandbreite der Hoftiere geht von Haustieren wie Hund und Katze über Nutztiere wie Schaf und Huhn bis hin zu Wildtieren wie Waschbär und Eichhörnchen. Sie alle werden auf dem Lottihof, oftmals erstmalig in ihrem Leben, unter bedarfsgerechten Bedingungen untergebracht und betreut.

„Viele Kinder gerade aus den Städten haben oftmals keinen Bezug gerade zu Kühen und Schafen und können den Zusammenhang zwischen der eigenen Ernährung und den dafür notwendigen Nutztieren nicht herstellen. Hier bekommen diese Kinder die Möglichkeit, direkt mit diesen Tieren in Kontakt zu treten“, erläutert Tina Geburtig ihren Besuchern.

René ist seit rund zwei Jahren an unseren aktion tier-Informationsständen im Einsatz. Foto: © aktion tier e.V.

René (29), seit rund zwei Jahren an unseren aktion tier-Informationsständen im Einsatz, gefällt besonders dieser pädagogische Ansatz. „Im Rahmen meiner Arbeit versuche ich täglich, unserer Bevölkerung ein tierschutzgerechtes Verhalten nahezubringen und ihnen ihre Verantwortung gegenüber dem Tier zu verdeutlichen. Hier hat man noch den direkten Kontakt auch mit Nutztieren, was sicherlich gerade für Kinder ein intensives Erlebnis darstellt.“ Er selber ist in der gewerblichen Nutztierhaltung tätig gewesen und kennt die dort herrschenden Zustände aus eigener Erfahrung. „Ich wollte das einfach nicht mehr mitverantworten und habe mich deshalb nach einer Tätigkeit umgesehen, mit der ich den Tierschutz fördern kann.“ So kam er 2021 in unser Aufklärungsteam und arbeitet seitdem dort in Schleswig-Holstein und in Hamburg.

Solch gute Haltungsbedingungen sind auch auf Gnadenhöfen alles andere als selbstverständlich

Auch Hanna (32) und Luisa (27) sind begeistert von der großzügigen Anlage und den Haltungsbedingungen der dort lebenden Tiere. Aber beide wissen auch, dass dies keineswegs die Regel, sondern eher die Ausnahme ist. „Wir kennen wenig Projekte, die ihren tierischen Bewohnern derart gute Lebensbedingungen bieten können. Oftmals fehlt dafür schlichtweg das Geld. Aber hier konnten wir durch die Unterstützung der aktion tier-Mitglieder und der vielen Spender des Lottihofes ein tolles Projekt auf die Beine stellen.“, sagt Hanna. Luisa ergänzt: „Und man spürt das Engagement der Lottihof-Mitarbeiter und der vielen ehrenamtlichen Helfer an allen Ecken und Enden!“

„Wir setzen darauf, dass die nachfolgenden Generationen es besser machen werden als unsere.“, sagt Tina Geburtig. Als gelernte Erzieherin und nach mehr als 20 Jahren Erfahrung an unseren Informationsständen weiß sie genau, dass nur ein verändertes Bewusstsein in der Bevölkerung positive Entwicklungen im Tierschutz hervorrufen kann. Aus der Erfahrung wissen wir auch, dass es keineswegs schwerfällt, ein derartiges Projekt mit tierischen Bewohner zu füllen. Ständig werden Tierschutzorganisationen mit immer neuen Hilferufen konfrontiert, die eine dringende Aufnahme eines in Not geratenen Tieres fordern. „Aber auch wir können nur im Rahmen unserer Kapazitäten handeln. Keinesfalls dürfen wir durch eine Überfüllung des Projektes die Haltungsbedingungen unserer bereits vorhandenen Tiere verschlechtern!“, erläutert Tina Geburtig. Folgerichtig muss auch sie häufiger eine Absage erteilen, weil keine freien Plätze mehr vorhanden sind.

Dennoch sind gerade die deutschen Veterinärämter immer auf der Suche nach freien Kapazitäten, um dort Tiere unterzubringen, die laut Gesetz eigentlich in ihrem Verantwortungsbereich liegen. Eines haben diese Anfragen fast immer gemeinsam: Es darf die Behörde nichts kosten. Auch Polizei und Feuerwehr raten Anfragenden gerne, sich doch direkt an ein Tierschutzprojekt in der Nähe zu wenden. Auch wenn gesetzliche Regelungen eine andere Sprache sprechen, versuchen immer wieder deutsche Behörden, sich dieser unliebsamen Verantwortung zu entziehen ungeachtet der Tatsache, dass sie diesen Projekten eine hohe Last mit der Versorgung und Unterbringung der Tiere aufbürden. Davon betroffen ist natürlich auch der Lottihof, der oftmals als letzter Ausweg zur Rettung des Tieres übrig bleibt.

Für die Waschbären brauchte es eine Ausnahmegenehmigung...

Und so sind hier im Laufe der Jahre auf dem Lottihof Unterbringungsmöglichkeiten auch für Tiere entstanden, deren Haltung eigentlich gar nicht genehmigungsfähig ist. „Ein besonderes Problem sind in Deutschland inzwischen die Waschbären“, sagt Tina Geburtig. Sie gelten als invasive Tierart, daher sind Handel, Transport, Zucht und auch die Haltung nicht gestattet. Dennoch sind zwei dieser Tiere auf dem Lottihof gelandet, weil Wanderer die Waschbärjungen einfach eingesammelt haben. „Letztes Endes konnten wir es nicht mit unserem Gewissen vereinbaren, die Jungen einschläfern zu lassen“, sagt Tina. So musste mit viel Aufwand ein eigenes, ausbruchsicheres Gehege erbaut werden. Da sie sich nicht vermehren dürfen, wurden sei kastriert. Das zuständige Veterinäramt erteilte die erforderliche Ausnahmegenehmigung. Dort war man vermutlich nur froh, sich des Problems elegant entledigt zu haben. Die durch Unwissenheit einfach der Natur entnommenen Waschbären, die bis zu 20 Jahre alt werden können, müssen nun den Rest ihres Lebens hinter Gitter verbringen.

Auch Malte (27) und Jonas (32) wurden nachdenklich, nachdem ihnen Tina die Anforderungen eines solchen Projektes nähergebracht hatte. „Es ist schon ein immenser Aufwand, der für einen solchen Ort betrieben werden muss. Es wirkt zwar alles hier sehr idyllisch, aber dahinter steckt viel harte Arbeit“, bringt es Jonas auf den Punkt. Malte fügt hinzu: „Daher ist es für uns als Mitarbeiter der Infostände wichtig, auch mal hinter die Kulissen eines aktion tier-Projektes schauen zu können. So können wir unseren Ansatz der Aufklärung der Bevölkerung viel besser verdeutlichen.“

Auch Lorena (25) weiß aus eigener Erfahrung, wie viel Aufwand schon das eigene Haustier verursachen kann. Als Hundebesitzerin wünscht sie sich mehr Verständnis für die Bedürfnisse und Verhaltensweisen von Vierbeinern: „Viele Beißvorfälle mit Hunden könnten sicherlich vermieden werden, wenn Menschen das Verhalten der Tiere besser deuten könnten.“

Aufklärung = Tierschutz!

Abschließend fanden sich alle Teilnehmer nochmals zum gemeinsamen Kaffeetrinken zusammen und werteten ihre Eindrücke des Besuches aus. Übereinstimmend fanden alle den gemeinsamen Rundgang über die Anlage sehr interessant und waren voll des Lobes für Tina und des Engagements des gesamten Lottihof-Teams.

Deutlich wurde dabei auch der gemeinsame Ansatz, der allen Aktivitäten des Vereines aktion tier zugrunde liegt: Durch Information und Aufklärung den Menschen zu einem tierschutzgerechten Handeln zu bewegen. Ob dies nun im Form der Informationsvermittlung über die unzähligen Kontakte an unseren Infoständen geschieht oder anschaulich in einem Projekt wie dem Lottihof, ist letztlich nicht entscheidend. Wichtig ist nur, dass es geschieht!

Aufklärung bedeutet Tierschutz! Dank dem Einsatz unserer Mitarbeiter an den Infoständen wird Tierleid verhindert, bevor es entsteht. Foto: © aktion tier e.V

Holger Knieling

Geschäftsführer von aktion tier e.V.