Mit der steigenden Nachfrage nach Bio-Eiern wächst der Bedarf. Viele Bio-Eier werden aus den Niederlanden importiert, und auch bei uns werden sie in immer größeren Mengen produziert. Gemäß dem EU-Biosiegel dürfen pro m2 Stallfläche sechs Hühner gehalten werden (in der Bodenhaltung sind es neun Tiere, in der Fleischmast deutlich mehr).
Insgesamt darf die Besatzdichte eines Stalls bis zu 3.000 Tiere betragen.
Doch um größere Produktionsmengen zu erzielen, bediente sich nicht nur der Brandenburger Farmer eines einfachen, aber höchst wirksamen und dabei auch noch legalen Tricks. Mit dem Einsatz von Etagen im Hühnerstall konnte er die erlaubte Anzahl von Tieren pro m2 einfach verdoppeln, mit dem Einbau von Zwischenstellwänden in der Stallanlage aus einem Stall einfach mehrere machen. So lag die Besatzdichte bei fast 40.000 Tieren pro Halle. Zwar hatten diese Zugang zu der laut Siegel vorgeschriebenen Freilauffläche – doch Hühner sind von Natur aus Fluchttiere mit einem engen sozialen Bezug zu ihrer Herde, die nicht mehr als 50 bis 100 Tiere betragen sollte. In den Massenställen hingegen versuchen sie sich zu verstecken, die Auslauffläche bleibt ungenutzt und verkommt.
90% der Eier aus Brandenburg, dies ergab die Recherche, stammen aus solchen Ställen und damit der Massentierhaltung. Zwar hat mittlerweile die EU-Kommission klargestellt, dass die Höchstgrenze von Hühnern tatsächlich für einen ganzen Stall und nicht nur für ein abgegrenztes Abteil gelten muss. Ob und welche Auswirkungen diese Feststellung für die Brandenburger Hühner hat, ist jedoch ungewiss.
Dass auch die Biohaltung, in der Eierwie auch in der Fleischerzeugung, ihre Schattenseiten hat, ist für viele Tierfreunde nicht neu. Einige greifen zu Produkten, deren Zertifizierung über das EU-Biosiegel hinausgeht, wie etwa demeter oder Ökoland. Diese Verbandssiegel werden nach deutlich strengeren Regeln vergeben, allerdings insgesamt auch in kleinerem Umfang. Verkauft werden sie hauptsächlich in Bioläden und Reformhäusern. Zudem sind sie derzeit etwa doppelt so teuer wie ein Bio-Ei vom Discounter. Aber auch das strengste Siegel kann nicht verhindern, dass für eine große Nachfrage viele Tiere benötigt werden. Und nicht nur die Legehennen leiden unter Stress und Enge in großen Ställen. Weil sie für die Eierindustrie wertlos sind, werden jedes Jahr Millionen männlicher Küken direkt nach dem Schlüpfen vergast oder geschreddert, auch für die Produktion von Bio-Eiern.
Wer also keine eigenen Hühner im Garten hält und von ihnen ab und an ein Ei bekommt, sollte sich beim nächsten Einkauf vielleicht noch etwas mehr Gedanken machen. Denn das Biosiegel verkauft ein gutes Gewissen, doch über den Preis sollten sich Verbraucher bewusst sein.