Animal Hoarding | Tierschutzfälle mit Nutztieren

Fall Barsinghausen

15 Pferde und Ponys auf einer kleinen Koppel knöcheltief im Schlamm. Futter und Wasser schafft die Halterin nur sporadisch heran.

Mageres Pony.
Mageres Pony in einem winzigen Freilauf am Haus von Sandra K. Foto: aktion tier e.V./Bauer

Auf einer kleinen Koppel in Barsinghausen bei Hannover stehen seit Jahren etliche Pferde und Ponys. Auf der Fläche wächst schon lange kein Gras mehr, Futter und Wasser schafft die Halterin Sandra K. nur sporadisch heran. Der Pflege- und Ernährungszustand der Tiere ist schlecht, aber die Behörden greifen nicht durch.

Es war vorauszusehen. Der Winter war gekommen und die ca. 15 Pferde und Ponys auf einer kleinen Koppel im Bereich Blumenhof bei Barsinghausen waten knöcheltief in Schlamm und Matsch. Auf einen Hilferuf des Tierschutzvereins Barsinghausen Anfang 2012 hin hat sich aktion tier mehrfach die seit 2008 in der Kritik stehende Pferdehaltung von Sandra K. vor Ort angesehen und die festgestellten Missstände immer wieder angezeigt.

Den Tieren steht ausschließlich der kleine Paddock zur Verfügung, sie leiden seit Jahren an einem erheblichen Bewegungsmangel, wodurch der Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege, der Hufmechanismus und der gesamte Stoffwechsel so beeinträchtigt wird, dass ihnen dadurch länger anhaltende erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt werden. Einige der Pferde und Ponys weisen außerdem gravierende Ernährungsdefizite auf. Da der Auslauf keinerlei Bewuchs aufweist, müssten die Tiere außer Heu auch Kraftfutter erhalten, was tatsächlich jedoch nicht der Fall ist. Selbst Heu wird nur sporadisch herangeschafft, es gibt keinen Futtervorrat. Dabei ist der Verdauungsapparat des Pferdes auf eine kontinuierliche rohfaserreiche Futteraufnahme eingestellt, die ein verantwortungsvoller Halter gewährleisten muss. Die Einzäunung der Koppel ist in keiner Weise fachgerecht, sondern als höchst provisorisch zu bezeichnen, so dass die Pferde und Ponys immer wieder auf der Suche nach Futter ausbrechen und in Richtung Bahndamm oder Straße laufen. Es ist eine Frage der Zeit, bis die freilaufenden Tiere einen Unfall verursachen, bei dem nicht nur sie selbst, sondern auch Menschen zu Tode kommen könnten. Gemäß den Leitlinien zur Pferdehaltung muss bei Ganztagsweiden auch stets eine Tränke zur Verfügung stehen. Auf dem Paddock am Blumenhof stehen jedoch lediglich ein paar Wannen, die entweder gar nicht oder nur teilweise mit Wasser gefüllt sind. Unser Mitstreiter vor Ort, Herr Eckart Frost vom Tierschutzverein Barsinghausen, war zeitweise täglich an der Koppel und hat akribisch dokumentiert, dass die Wasser- und Heuversorgung keinesfalls kontinuierlich gewährleistet ist. Auch die vorhandenen Unterstände entsprechen nicht den gesetzlichen Vorgaben, sondern stellen lediglich Provisorien dar, die den Tieren keinen ausreichenden Schutz vor bei Regen, Wind und Schnee bieten. Die vor dem Winter schnell noch zusätzlich eingerichteten Unterstände verringern außerdem die ohnehin kleine Fläche, die den Pferden und Ponys zur Bewegung zur Verfügung steht.

Klares Animal-Hoarding- Verhalten

Für uns ist dies ein Animal Hoarding- Fall, da abnorm viele Tiere angeschafft wurden, gleichzeitig die Mindestanforderungen an eine artund verhaltensgerechte Haltung jedoch nicht mehr erfüllt werden. Sandra K. hatte wie üblich mit einigen Pferde begonnen, im Laufe der Jahre dann jedoch ihren Bestand auf etwa 20 Tiere aufgestockt. Sie sieht sich als Tierschützerin, die die meisten Tiere „gerettet“ hätte. Was für eine Rettung ist das, wenn der „Retter“ selbst nicht in der Lage ist, eine gute Versorgung dauerhaft zu gewährleisten?

Auch das durch uns bei der Staatsanwaltschaft Hannover erwirkte Ermittlungsverfahren wurde mangels Beweisen eingestellt. Dabei ist den Behörden durchaus bewusst, dass die Tierhaltung von Sandra K. seit Jahren äußerst problematisch ist. Es wurde bislang jedoch lediglich versucht, diverse festgestellte Mängel über zahlreiche Auflagen von der Tierhalterin beseitigen zu lassen. So musste Sandra K. im vergangenen Jahr ihren Pferdebestand reduzieren, worauf sie sieben Ponys an einen Bekannten, Herrn H. verkauft hat. Für diese Shetland- Ponys hat sich durch den Verkauf allerdings nichts verändert, denn sie laufen nach wie vor gemeinsam mit den Pferden auf dem gleichen kleinen Paddock und sind auch weiterhin den gleichen schlechten Haltungsbedingungen ausgesetzt. Den neuen Besitzer sieht man nie auf der Koppel, die mehr schlecht als rechte Versorgung erfolgt weiterhin durch Frau K.. Die getrennte Tierhaltung ist somit nur vorgeschoben. Welchen Sinn macht eine aufgrund von Defiziten amtlich verordnete Bestandsreduzierung, wenn sich für die Tiere nichts ändert? aktion tier hat von Anfang an darauf gedrungen, dass das Veterinäramt alle Tiere beschlagnahmt und gegenüber Sandra K. ein Tierhalteverbot ausspricht. Wir haben dem Veterinäramt sogar verschiedene Menschen genannt, die insgesamt 8 Pferde und Ponys sofort aufnehmen würden. Ohne Erfolg – denn nach wie vor leiden die Tiere auf ihrer kleinen Koppel. Pferde sind im Unterhalt sehr teuer und anspruchsvoll. Wer eine art- und verhaltensgerechte Betreuung und Unterbringung nicht gewährleisten kann und Verbesserungen nur aufgrund amtlich verfügter Auflagen vornimmt, sollte keine Pferde und Ponys halten dürfen. Natürlich bleiben wir auch hier mit Anzeigen und Pressemitteilungen am Ball, und hoffen, dass der Winter und das jämmerliche Bild der Pferde und Ponys im Morast endlich das Veterinäramt zum Handeln zwingt.

Pressestimmen

"Wenn auch das Gnadenbrot zur Qual wird" | 15. Januar 2013 | Passauer Neue Presse