Tierschutzfälle mit Wildtieren

Freud und Leid liegen nah beieinander – Igel „Ilze“

Es begann im Januar 2024. Da fiel einer Tierfreundin eine kleine Igeldame auf, die trotz der kalten Jahreszeit umherspazierte. Der Finderin war gleich klar, hier stimmt etwas nicht, und sie brachte den Igel in unsere aktion tier-Tierarztpraxis in München. Das Igelmädchen wog seinerzeit 200 g und war in einem erbärmlichen Zustand.

Erste Gehversuche von Igel Ilze.
Erste Gehversuche von Igel Ilze. Foto: © aktion tier, Tina Hölscher

Die tierärztliche Untersuchung ergab zunächst einen starken Befall mit Ektoparasiten in Form von Flöhen und Zecken, außerdem war das Igelchen stark ausgetrocknet und extrem mager. Da die Tiere in diesem Zustand jegliche Medikamente schlecht vertragen, haben wir sie zu Beginn nur mit Samthandschuhen behandelt. Eine Wärmedecke und Infusionen sorgten für eine Besserung des Allgemeinbefindens, die Parasiten haben wir vorsichtig von Hand abgesammelt. Getauft haben wir die Kleine auf den Namen Ilze, ja, Ilze mit „z“, in Gedenken einer sehr netten ehemaligen Auszubildenden von uns.

Ilze begann zu fressen, eine Kotuntersuchung ergab im Laufe der folgenden Tage einen hochgradigen Lungenwurmbefall. Auch diesem wurden wir dank gut wirksamer Präparate Herr. Die Kleine durfte nach der Päppelphase in der Praxis bei der Tierfreundin einziehen, für einen Winterschlaf war sie allerdings noch zu schwach. In den folgenden 14 Tagen gingen ihr dann zu allem Übel die Stacheln aus. Sie litt sie unter einem Pilzbefall. Dieser wurde mit Waschungen therapiert, und nachdem keine Medikamente mehr im Tierkörper waren, durfte sie getreu nach dem Motto „lieber spät als nie“ Anfang April dieses Jahres in den Winterschlaf gehen.

Igel in Narkose während der Nachkontrolle der Amputation.
Igel in Narkose während der Nachkontrolle der Amputation. Foto: © aktion tier, Tina Hölscher

Doch jetzt kommt es. Ilze hatte einfach kein Glück. Bereits nach 14 Tagen stand die Dame, die sich regelmäßig rührend und ausgestattet mit viel Tiersachverstand um Wildtiere kümmert, wieder vor unserer Praxistür. Ilze war verletzt. Wir sind uns nicht sicher, ob Klein-Ilze mit einem Mähroboter kollidierte, allerdings spricht die Art der Verletzung dafür, dass es so gewesen sein könnte. Eine Röntgenaufnahme brachte schnell Klarheit. Ilze hatte eine komplizierte Fraktur am Hinterbein. Und damit war leider klar: Das Bein muss ab. Gesagt, getan. Ilze vertrug die Narkose sehr gut, die Wunde heilte komplikationslos ab. Ilze wohnt nun wieder bei unserer zweibeinigen Igelfreundin und wird aufs Neue gesund gepflegt. Ob sie schlussendlich wieder ganz in die Freiheit entlassen werden kann, müssen wir davon abhängig machen, wie gut sie mit drei Beinen zurechtkommt. Die Zeit wird dies zeigen, doch die Chancen stehen aktuell sehr gut. Bitte drückt mit uns für Ilze die Daumen! Nach allem Elend hat sie nun wirklich ein Stück vom Glück verdient.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.