Die Gründe für den steigenden Anteil von Vegetariern und vor allem Veganern sind vielfältig. Die vegane Ernährung ist eine radikale Antwort auf Entwicklungen unserer Gesellschaft, die viele bewusste Verbraucher nicht mehr mittragen wollen. Im Vordergrund steht oft die Ablehnung der modernen Intensivtierhaltung, die immer mehr Fleisch produziert. Die Massentierhaltung hat sich zu einer brutalen und rücksichtslosen Ausbeutungsindustrie entwickelt, die sich in fast unvorstellbaren Dimensionen abspielt. Jedes Jahr leben und sterben allein in Deutschland 745 Millionen Tiere in der, für die und durch die Massentierhaltung, weltweit liegt die Zahl der getöteten Tiere bei geschätzten 1,5 Milliarden. Dies entspricht rechnerisch fast 5.000 toten Tieren pro Sekunde, jeden Tag, das ganze Jahr. Fast alle dieser Tiere werden ihren Haltungsbedingungen angepasst, viele sehen niemals Tageslicht. Alle Tiere leiden unter Enge, Stress und Angst, vielfach auch an Missbildungen und Schmerzen, ein großer Teil stirbt schon vor dem Ende der Mast an den qualvollen Bedingungen. Wer dieses Massenleiden und -sterben nicht unterstützen und mitfinanzieren möchte, dem bleibt kaum eine andere Wahl als auf tierische Produkte komplett zu verzichten. Auch der Gesundheitsaspekt bringt viele Menschen dazu, Fleisch und Wurst von ihrem Speiseplan zu streichen. Denn der übermäßige Verzehr von Fleisch gilt als Ursache für viele Zivilisationskrankheiten, Fleisch wurde daher von der WHO sogar als krebserregend eingestuft. Die Unmengen von in der Tiermast verwendeten Antibiotika bedeuten zudem unkalkulierbare Risiken für den Verbraucher; Todesfälle infolge von antibiotikaresistenten Keimen sind schon lange keine Seltenheit mehr.
Die weltweite Tieragrarindustrie zieht weitere Folgen nach sich. So ist die moderne Intensivtierhaltung maßgeblicher Bestandteil für ein enormes Ernährungsungleichgewicht auf der Welt. Mit einer rein vegetarischen Ernährungsweise wäre die Menschheit in der Lage, fast 12 Milliarden Erdenbewohner zu versorgen und vor Hunger zu schützen. Stattdessen aber verbraucht die Produktion eines Kilogramms Fleisch bis zu 20 Kilogramm Pflanzenmasse und Tausende Liter Wasser, die an anderer Stelle fehlen. Dieser Ressourcenverschwendung sind durch die natürliche Verfügbarkeit Grenzen gesetzt, und doch gibt es heute annähernd so viele übergewichtige wie hungernde Menschen. Darüber hinaus ist die Tierhaltung für den Treibhauseffekt mitverantwortlich; um ein Kilogramm südamerikanisches Rindfleisch zu erzeugen, wird die gleiche Menge an Co2-Ausstoß verursacht wie bei einer bis zu 1.600 Kilometer langen Autofahrt.
Tierische Produkte können gut ersetzt werden
Wer aus Tierschutz- oder anderen Gründen vegan leben möchte, muss konsequent sein und genau hinschauen. Denn die industrielle Tierhaltung liefert nicht nur Fleisch, Milch und Eier. Gelatine etwa, gekocht aus den Knochen der Tiere, findet Verwendung in Gummibärchen oder Kuchen, Leder (und Pelz) landen in der Bekleidungsindustrie, und auch weit darüber hinaus finden sich tierische Produkte vielerorts, wo sie auf den ersten Blick niemand vermuten würde: Seifen, Zahnpasta, Bier oder Zigarettenfilter werden häufig mit Hilfe tierischer Stoffe hergestellt. Die gute Nachricht ist: Alle diese Produkte gibt es auch ohne tierische Zusätze. Anders als noch vor 15 Jahren müssen Veganer heute auf kaum etwas verzichten. Vielleicht ist auch dies ein Grund, warum sich so viele Prominente zu einem veganen Lebensstil bekennen und diesen bewerben. Zu ihnen gehören weltberühmte Sportler wie die Tennis-Schwestern Serena und Venus Williams, Boxlegende Mike Tyson, Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton oder die Schauspieler Alicia Silverstone, Johnny Depp und Natalie Portman sowie zahlreiche weitere.
Besonders wichtig ist dennoch nicht nur für vegane Spitzen- und Hochleistungssportler eine genaue Auseinandersetzung mit Zusammensetzung, Inhaltsstoffen und Wirkungsweisen pflanzlicher Ernährung. Weit verbreitet ist auch heute noch das Vorurteil, vegane Ernährung bringe Mangelerscheinungen hervor und sei daher ungesund. Doch diese Sichtweise ist einseitig. Denn ebenso wie vegetarische Kost besteht eine vegane Ernährung nicht in erster Linie aus dem Weglassen von Fleisch, Milch und Eiern. Vielmehr werden Nährstoffe tierischen Ursprungs durch Äquivalente pflanzlicher Herkunft ersetzt. So kann etwa der Bedarf an Kalzium, das üblicherweise mit tierischen Milchprodukten aufgenommen wird und wichtig für die Erhaltung von Knochen und Zähnen ist, problemlos über grünes Gemüse, Nüsse und pflanzliche Öle gedeckt werden. Auch Eisen, verantwortlich für Sauerstofftransport, Immunabwehr und überhaupt für Energie, lässt sich über Nüsse, Hülsenfrüchte, Ölsamen oder Trockenfrüchte leicht abdecken. Gleiches gilt für die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren und die Spurenelemente Zink und Selen. Lediglich die Versorgung mit Vitamin B12 ist mit einer rein veganen Ernährung nicht ohne weiteres sicherzustellen. Vitamin B12 ist wichtig für die Blutbildung und Nervenfunktionen, eine typische Mangelerscheinung ist Blutarmut, die sich durch häufige Müdigkeit und Blässe zeigt. B12 wird von Mikroorganismen gebildet und ist in den meisten Lebensmitteln tierischen Ursprungs reichlich enthalten, vor allem in Fleisch und Innereien. Veganer und Vegetarier sollten in diesem Fall zu Nahrungsergänzungspräparaten greifen und im Verdachtsfall eine Blutuntersuchung vornehmen lassen.