Wildvögel

Klimawandel verändert Zugverhalten – Störche überwintern auf Mülldeponien

Störche sind normalerweise Zugvögel und verbringen die kalten Wintermonate in (Nord)-Afrika. Doch eine neue Studie zeigt, dass vor allem die Störche in Spanien und Portugal auf die teils gefahrvollen Flüge in den Süden verzichten. Die Storchenpopulation in Portugal ist von nur 1187 Vögeln im Jahr 1995 auf etwa 14.000 angewachsen. Und 80 Prozent der Störche, die in der Region überwintern, versammeln sich in der Nähe von Mülldeponien

Die Störche finden auf Mülldeponien Nahrung und sparen sich dadurch den weiten Flug nach Afrika.
Die Störche finden auf Mülldeponien Nahrung und sparen sich dadurch den weiten Flug nach Afrika. Foto: © AdobeStock/Perytskyy

Ein Grund für dieses veränderte Verhalten ist das zunehmend mildere Klima, das den Störchen bei der Futtersuche in ihrem Heimatland entgegenkommt. Grillen und Heuschrecken, die Hauptnahrung der Störche, sind das ganze Jahr über verfügbar. In Spaniens Mülldeponien gibt es genug Lebensmittelreste. Störche ziehen deshalb nur noch selten in den Süden Afrikas. Das neue Verhalten könnte jedoch Folgen für die Tiere selbst und für ganze Ökosysteme haben.

Forscher statteten siebzig junge Weißstörche aus acht Ländern mit GPS-Sendern und Beschleunigungsmessgeräten aus, um den Energieverbrauch während des Fluges in den Süden zu messen. Die Vögel, die nördlich der Sahara überwinterten – vor allem Störche aus Spanien und dem Südwesten Deutschlands –, ließen sich in dicht besiedelten Gegenden nieder, wo sie auf Müllkippen genug Fleisch- und Fischreste finden können. Damit sparten sie Energie, setzten aber dennoch ihr Leben aufs Spiel, da die Gefahr, sich an falscher Nahrung zu verletzen oder sich mit Krankheiten zu infizieren, auf den Abfallbergen recht hoch ist.

Der Zug der Störche ist geprägt von einer bemerkenswerten Präzision und einem ausgeprägten Zeitgefühl. Störche verlassen normalerweise ihre Brutgebiete in Europa im Herbst, wenn die Bedingungen für die Nahrungssuche immer schwieriger werden. Ihr Ziel sind die Winterquartiere in Afrika, südlich der Sahara. Auf dem Weg dorthin überqueren sie Berge, Wüsten, Flüsse und Meere. Sie nutzen Aufwinde und Thermik, um Energie zu sparen und weite Strecken ohne große Anstrengung zurückzulegen.

Für den Sattelstorch und Nimmersatt – Nahrungskonkurrenten des Weißstorches – bleibt mehr Nahrung, da sie nicht mehr mit den Wintergästen teilen müssen. Aber je mehr Vögel sich im eigentlichen afrikanischen Winterquartier aufhalten, desto schwerer haben es Wanderheuschrecken. Die Europäische Union plant allerdings, Mülldeponien mit Müllhaufen unter freiem Himmel zu schließen. Dies könnte bedeuten, dass das Buffet für die Störche in ein paar Jahren vorbei ist. In diesem Fall müssten die Störche möglicherweise ihre epischen Reisen nach Afrika und zurück wieder aufnehmen.

Alexandra Pfitzmann

Redaktion "mensch & tier"