Nachhaltig leben und einkaufen

Kunst- oder Echtpelz?

Heutzutage lehnen glücklicherweise immer mehr Menschen das Tragen von Pelz ab und achten beim Kauf von Textilien und Schuhen auf die Kennzeichnung, sobald das Kleidungsstück etwa einen Schneefang an der Kapuze oder Bündchen an den Ärmeln aus vermeintlichem Kunstpelz trägt. Leider ist damit ein gutes Gewissen jedoch oft viel zu billig, denn die Kennzeichnungspflichten lassen wie in so vielen anderen Bereichen auch in der Textilindustrie sehr zu wünschen übrig.

Das Kunstfell dieser Supermarkt-Brille entpuppte sich als Katzenfell
Diese Partybrille wurde in einer großen Supermarktkette in Deutschland als Kunstpelz verkauft. Eine Untersuchung von Tierschützern ergab: Es handelt sich um Katzenfell aus China. Der Supermarkt reagierte und nahm den Spaßartikel aus dem Sortiment. Foto: © Jan Peifer

Zwar gilt seit 2012 die EU-Textilkennzeichnungsverordnung, nach der Bekleidung, die etwa Leder, Pelz, Horn oder Daune enthält, mit dem Hinweis: „enthält nicht-textile Bestandteile tierischen Ursprungs“ gekennzeichnet werden muss. Allerdings durften vor dem Stichtag produzierte Waren auch nach der Einführung weiter verkauft werden – ganz ohne Kennzeichnung, völlig legal. Ein weiteres Problem ist die nicht einheitliche Kennzeichnungspflicht – so müssen etwa Schuhe, die oft mit einem Stulpen oder anderen Accessoires versehen werden, erst ab einem Pelzbestandteil von 20 % des Obermaterials gekennzeichnet werden. Wird dieser Wert nicht erreicht, fällt die Kennzeichnungspflicht weg, und sowohl Kunde als auch Verkäufer werden oft genug von der fehlenden Kennzeichnung getäuscht; sie gehen davon aus, dass es sich um ein Produkt bzw. einen Besatz aus Kunstfell handelt. Spielzeuge mit Besätzen sind in der Regel gar nicht gekennzeichnet. Proben führen jedoch immer wieder zutage, dass sich hinter dem angeblichen Kunstpelz häufig echtes Tierfell verbirgt. Einer der am häufigsten verwendeten Pelze ist der des Marderhundes. Durch den Menschen wurde der Marderhund weit verbreitet, man findet ihn mittlerweile deutschlandweit sowie in fast ganz Europa. Seine Ursprünge liegen jedoch in Asien, insbesondere in China werden die Hundeartigen auf großen Farmen gezüchtet. In engen Drahtkäfigen, zu tausenden aneinandergereiht, der Witterung schutzlos ausgesetzt und ohne Möglichkeit zur Auslebung arteigenen Verhaltens ist die Zucht der kleinen Raubtiere so günstig, dass die Produktion von Kunstpelz oft nicht nur aufwendiger, sondern auch deutlich teurer ist.

Hunde- und Katzenfelle tauchen leider immer wieder auf

Mitunter bringt die Untersuchung im Labor ein besonders unangenehmes Ergebnis hervor; denn obwohl seit 2008 ein Importverbot für dieses besteht, taucht immer wieder Fell auch von Hund und Katze auf, meist aus chinesischer Produktion. Oft gelangen solche Produkte über viele Zwischenhändler zum Endverkäufer, sodass eine Nachverfolgung in der Regel nicht möglich ist. Es genügt dabei ein einziger Händler, der bescheinigt, dass der Pelz nicht echt ist, schon gar nicht von Hund oder Katze stammt. Alle weiteren Zwischenhändler berufen sich dann auf diese Erklärung, die auch dem Endkonsumenten als einzige Sicherheit vorgestellt wird, wenn dieser nach der Herkunft fragt. Auch dies ist ein Grund für die falsche Deklaration von Pelz, die oftmals nicht einmal in böser Absicht geschieht. Auf Nachfrage bei betroffenen Händlern folgt meist ein Verweis auf die Unbedenklichkeitserklärung eines Zulieferers. Hinzu kommt, dass Verkäufer im Falle einer aufgedeckten fehlerhaften Deklaration keine Konsequenzen fürchten müssen, denn ein Verstoß gegen die EU-Vorschrift ist zunächst nicht strafbewehrt. Lediglich ein Mitbewerber etwa auf dem Textilmarkt könnte rechtliche Schritte einleiten – wegen Wettbewerbsverzerrung.

Sollte man sich als Kunde nicht von vornherein für den sichersten Schritt entschließen möchten und auch den Griff zum Kunstfell gänzlich vermeiden, so gibt es doch einige Anhaltspunkte, an der die Echtheit eines Pelzes relativ sicher bestimmt oder auch ausgeschlossen werden kann. Die einfachste und meist schnellste Methode: Ziehen Sie den Pelz leicht auseinander. Wenn nun Leder zum Vorschein kommt, handelt es sich um Echtpelz, denn die Haare wachsen auf der Tierhaut. Eine andere Möglichkeit bietet das Pusten – ein leichtes Pusten in die Haare lässt bei Echtpelz das Deckhaar zur Seite weichen, die Unterwolle wird sichtbar. Die Haare von Kunstpelz sind meist von gleicher Länge, eine Unterwolle gibt es hier nicht. Zu guter Letzt gibt es noch eine Testmöglichkeit, die recht eindeutig ist. Schneidet man mit einer Nagelschere ein paar Härchen aus dem Pelz und zündet diese an, verrät der Geruch das Material. Echtpelz riecht nun wie verbranntes Haar im Föhn, Kunstpelz hingegen beginnt zu schmelzen und riecht nach verschmortem Plastik. Die sicherste und gleichzeitig aufwendigste Methode ist eine Untersuchung von Proben im Labor, doch genauso sicher und sehr viel einfacher ist der Griff zu Spielzeug und Bekleidung nicht nur ohne Pelz, sondern auch ohne Kunstpelz. So lässt sich mit warmer Kleidung auch die kalte Jahreszeit stets guten Gewissens genießen.

Jan Peifer