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Kaviar – Delikatesse oder Tierqual?

Kaviar – bei der Namensnennung denken viele an Luxus, Champagner, das Leben der „Schönen und Reichen“, an Exklusivität. Kaviar zu konsumieren, war einst den Zaren und Königen vorbehalten. Aber was hat es mit Kaviar eigentlich auf sich? Warum ist er so teuer, wo kommt er her, und vor allem, wie wird Kaviar gewonnen?

Foto: AdobeStock_azure

Kaviar ist schließlich nichts anderes als gesalzene und gereinigte Fischeier, Rogen genannt. Bei Kaviar handelt es sich in erster Linie um den Rogen von verschiedenen Stör-Arten, die vorwiegend aus dem Schwarzen Meer, dem Nordpolarmeer, dem Kaspischen Meer und dem Asowschen Meer stammen. Viele Arten existieren bereits seit 250 Millionen Jahren.

Die Wildbestände des Störs sind in den letzten 20 Jahren durch vollkommene Überfischung und die Zerrstörung ihrer Lebensräume drastisch zurückgegangen. Daher stehen bereits seit 1998 alle 27 Störarten auf der Liste der bedrohten Tierarten und unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES – Convention on International Trade in Endangered Species), 17 davon gelten nunmehr als ausgestorben. Der Handel auf dem Schwarzmarkt ist hoch. Und die Preise auch. Der teuerste Kaviar der Welt heißt „AlmasKaviar“ oder „Albino-Kaviar“ und stammt vom Albino-Beluga-Stör aus dem Iran. Dieser Fisch ist beim Fang geschätzte 60-100 Jahre alt, kostet 34.500 US-Dollar pro Kilo Kaviar und wird in 24 Karat vergoldeten Metallbehältern verkauft. „Almas“ heißt auf Russisch so viel wie „Diamant“. Der Preis für Kaviar vom klassischen iranischen Beluga-Stör liegt pro Kilo zwischen 2.220 bis 4.500 Euro.

Der Rogen der Fische wird gewonnen, indem der Fisch getötet und ihm die Eier herausgenommen werden. Denn nur die unreifen Eier sind stabil genug, um den Prozess der Reinigung und anschließenden Salzung zu überstehen. Mit einem Messer werden die Fische hierfür manchmal bei vollem Bewusstsein aufgeschlitzt, um ihnen dann die Eier zu entnehmen. Manchmal werden sie vorher mit einem Schlag auf den Kopf betäubt. Es gilt die Regel: Je lebendiger der Stör, desto hochwertiger ist der Kaviar. Der RohKaviar wird dann unter extrem strengen hygienischen Voraussetzungen in speziellen Präparationsräumen entnommen.

In den Rogen-Säcken der Fische sind ca. 800.000-3.000000 unbefruchtete Eier.

Diese werden nach der Entnahme entfettet und durch ein Hanfsieb gedrückt, um Gewebeteile und den Schleim der Eierstöcke auszusieben. Mit Meereswasser werden die Eier dann gewaschen und in Qualitätsstufen, Farbe, Festigkeit, Größe, unterteilt. Anschließend werden die Eier gesalzen, um sie haltbar zu machen. Die verarbeiteten Eier werden dann in die klassischen Kaviardosen gegeben, die verplombt und mit einer Registriernummer versehen werden. In die ganze Welt wird der Kaviar exportiert.

Durch die hohe Nachfrage wurde die Kaviarproduktion zu großen Teilen in Aquakulturen verlegt, da es durch Überfischung in der freien Natur kaum noch die begehrten Arten des Sevruga-, Beluga- oder Ossietra-Störs gibt.

In ca. 90 Aquakulturen weltweit werden pro Jahr ca. 250 Tonnen Kaviar erstellt. Allein deutsche Aquakulturbetriebe erstellen rund 60 Tonnen Kaviar jährlich. In den engen Becken der industrialisierten Fischfarmen sind die so sensiblen und intelligenten Fische eingepfercht und schwimmen zwischen Exkrementen. Um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, erhalten die Fische in der Regel Antibiotika und Medikamenten-Cocktails. Eine weitere Überfischung wird mit der Massentierhaltung zusätzlich gefördert, da die Fische meist mit Fischmehl gefüttert werden, für dessen Produktion ja wiederum Fische gefangen werden müssen.

Die USA haben schon 2005 ein Importverbot für Belugakaviar beschlossen, um das Aussterben des Beluga-Störs zu verhindern. Diese beeindruckenden Fische können bis zu 100 Jahre alt und sechs Meter groß werden. Vom wildlebenden Stör stammen ca. 77% des Kaviars aus dem Iran, 16% aus Russland.

Gibt es eine Kaviargewinnung ohne Tierqual?

2010 hatte sich eine deutsche Firma bei Bremerhaven unter der Leitung einer Meeresbiologin gegründet und ein Verfahren angepriesen, wie man Fischeier aus einem lebendigen Fisch entnehmen kann, ohne dass dieser getötet werden müsse. Nach einem Patent des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung sollte Kaviar nun also aus abgestreiften Eiern produziert werden können. Hierbei gelte es abzuwarten, bis die Eier im Fischkörper reif sind und in die Bauchhöhle gelangen, aus der sie mit einer sanften Bauchmassage herausmassiert würden. Die Störweibchen würden hierbei durch eine Klang- und Lichttechnik in die Annahme gebracht, befruchtet worden zu sein, um eine chemische Reaktion im Körper des Fisches auszulösen, durch die dessen Eier sich in einen wieder härteren Zustand transformieren. Der Fisch könne durch ein solches Verfahren bis zu sieben Mal „verwendet“ werden. Angestrebt war, ca. fünf Tonnen Kaviar pro Jahr zu produzieren. Das Unternehmen meldete wenige Jahre nach der Gründung Insolvenz an. Der Chinesische Markt sei zu stark gewesen, und ein Hauptinvestor sei abgesprungen. Zudem wurde der Geschmack des Kaviars im Vergleich bemängelt.

Ei-Entnahme am lebendigen Fisch. Foto: AdobeStock_Yurii Zushchyk

In Russland ist es durchaus üblich, Fischrogen zu gewinnen, ohne dass der Fisch getötet wird.

Und auch der Iran hat ein großes Interesse am Erhalt der Störarten und setzt aus diesem Grund kleine Störe, die aus Zuchtprogrammen stammen mehrere Male im Jahr im Meer aus. Die Störe schwimmen los und kehren meist nach ca. acht Jahren zurück, um zu laichen. Dann werden sie zur Gewinnung des Kaviars gefangen. Am Kaspischen Meer und an der Unteren Wolga werden hingegen noch immer zu hohe Fangquoten erzielt, die die Wildbestände gefährdet. Und in Österreich existiert eine Firma, die Fischeier von weiblichen Saiblingen herausmassiert, was nur wenige Minuten dauert, und der Fisch darf danach wieder in sein gewohntes Gewässer.

Alexandra Pfitzmann

Redaktion "mensch & tier"