Ratgeber Tiermedizin

Wenn es vorne und hinten raus kommt…

Davon bleibt nun wirklich kein Tierhalter langfristig verschont. Eines Tages geht es meist völlig unvermittelt los. Der Vierbeiner beginnt auf einmal komische Geräusche von sich zu geben, würgt einige Male als stecke ihm etwas im Hals und schon kommt der Strahl. Vorzugsweise auf dem hellen Wohnzimmerteppich übergibt sich das Tier, und der Futterbrei der letzten Mahlzeit kommt unverdaut wieder zum Vorschein. Im schlechtesten Fall ergießt sich die Brühe nicht nur nach vorne, sondern häufig kurz zeitversetzt, kommt Durchfall hinzu – womöglich noch zusätzlich mit Blutbeimengungen. Nun ist der Schreck groß, und unweigerlich stellt sich der besorgte Tierbesitzer die Frage, wie gefährlich das Krankheitsgeschehen ist und was er tun muss.

Foto: © Javier Brosch, Adobe Stock

Fangen wir vorne an. Erbrechen bei Hund und Katze kann viele Ursachen haben. Sie reichen von einer harmlosen Magenverstimmung bis hin zur dramatischen Vergiftung. Zunächst sollte der Tierhalter im Geiste die letzten 24 Stunden durchgehen. Was hat das Tier gefressen, kann hier etwas dabei gewesen sein, was es nicht vertragen hat? Nicht mehr ganz taufrische Lebensmittel können Erbrechen verursachen, sind in aller Regel, wenn sie für das Geschehen verantwortlich sind, aber als harmlos einzustufen. Anders sieht es bei Fremdkörpern wie Pfirsichkernen, Gummibällen oder Nähzeug aus. Derartige Gegenstände können den Darm verschließen oder auffädeln, so dass keine Verdauung mehr möglich ist. Auch Knochenteile verursachen gelegentlich ernsthafte Verdauungsprobleme. Richtig kritisch wird es, wenn das Tier vergiftete Substanzen oder präparierte Köder, in denen sich Rasierklingen oder ähnliches befinden, aufgenommen hat. Dann reichen die Symptome von Krämpfen, über starkes Speicheln bis hin zu inneren Blutungen und sind in jedem Fall als schwerwiegend einzustufen.

Noch breiter gefächert sind die möglichen Gründe für Durchfall. Hier kommen zum Beispiel Bakterien, Einzeller, Würmer, auch Stoffwechselerkrankungen oder sogar Tumore als Ursache in Betracht. Doch meist sind vor allem bei jungen bis mittelalten Tieren eher harmlose Gründe verantwortlich für das Geschehen. Sobald Dünnpfiff einsetzt, ist es jedoch immer sinnvoll anzufangen, Kotproben zu sammeln. Das hat den Hintergrund, dass der Tierarzt eine so genannte 3-Tages-Sammelkotprobe braucht, wenn er sie ins Labor zur Untersuchung einschickt. Viele Erreger werden intermittierend ausgeschieden. Das heißt, in manchen Kotportionen sind sie drin, in anderen wieder nicht. Bringt der Besitzer Proben von drei aufeinander folgenden Tagen in die Praxis, liegt die Wahrscheinlichkeit bei nahezu 100%, dass der Krankheitserreger in der Probe auch tatsächlich enthalten ist und nicht zufällig ein Kothaufen untersucht wird, der keine krankmachenden Elemente enthält. Jetzt sagt der Tierhalter, „Lustig, wie soll ich denn so einen Brei einsammeln?“, doch das ist kein Problem. Er darf ruhig Gras, Steinchen und Dreck miterfassen, wenn er versucht, die glitschige Masse in die Tütchen zu bugsieren. Diese Beimengungen stören die Herrschaften im Labor gar nicht. Sollten die Durchfälle innerhalb dieser drei Tage vorüber sein, kann der Sammelkot einfach entsorgt werden. Dauert das Geschehen an, hat man aber wenigstens gleich richtig aussagekräftiges Probenmaterial beisammen, wenn man zum Tierarzt geht. Die Probe kann dann umgehend dem Labor zugeführt werden.

 

Generell gilt, immer wenn möglicherweise Gift oder ein Fremdköper nicht auszuschließen sind, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Er kann bis maximal zwei Stunden nach der potenziellen Aufnahme eine Spritze setzen, die den Hund oder die Katze veranlasst auch noch die letzten Reste des Mageninhalts zu erbrechen. Damit kommt schnell alles heraus, was nicht in den Tierkörper hineingehört.

Bei Einsetzen der Symptomatik, egal ob Erbrechen oder Durchfall, ist zunächst Futterentzug angesagt

Die Schleimhaut muss zur Ruhe kommen. Das erreicht der Tierbesitzer am schnellsten, indem die Futterschüssel für mindestens zwölf Stunden in den Schrank wandert. Wasser trinken darf und soll der Patient, allerdings wirklich nur Wasser, keine Milch oder Vergleichbares. Erwachsene Hunde kann man auch mal 24 Stunden nüchtern lassen, Katzen hingegen nicht. Nun ist Schonkost anzuraten. Diese ist leicht verdaulich und schützt den Magen-Darm-Trakt entsprechend. Derartige Nahrung besteht beispielsweise aus selbstgekochtem, einfachem Reis. Diesem mischt man Hüttenkäse bei. Außerdem ist es erlaubt – um den Reis unseren Fleischfressern schmackhafter zu machen – etwas gekochtes Hühnerfleisch hinzugeben. Auch die Beigabe von Brühe kann dazu beitragen, die Akzeptanz des Futters durch das Tier zu erhöhen. Ebenso empfehlenswert sind Futtermittel, die speziell für Verdauungsstörungen konzipiert sind. Sie erfüllen auch die Vorgabe, leicht verdaulich und dabei kalorienreich zu sein.

Die guten alten Hausmittel helfen auch bei Tieren.

Zusätzlich darf ein gutes altes Hausmittel angeboten werden, die Moro´sche Karottensuppe. Frisch zubereitet und vor der eigentlichen Fütterung verabreicht, kleidet sie die Darmwand mit einer Schutzschicht aus, die den Krankheitsverlauf abkürzt (Rezept siehe nächste Seite). Tabu sind alle fettigen Futtermittel. Das Anbieten von Wurst und Käse, in der verzweifelten Hoffnung das Tier zum Fressen zu bewegen, sind absolut kontraproduktiv. Dies verlängert das Durchfallgeschehen und trägt nicht zur baldigen Genesung bei.

Auch das Erbrochene darf zum Besuch in die Tierarztpraxis mitgebracht werden. Zum Aufnehmen sollte jedoch kein Küchentuch oder anderes saugfähiges Material verwendet werden. Besser man verwendet auch hier Einmalhandschuhe oder Tütchen, die man, ähnlich wie beim Kotsam- meln, nach dem Erfassen des Materials auf links zieht und verschließt.

Einen wichtigen Indikator, wie ernst es um das Tier bestellt ist, liefert die Untersuchung auf den so genannten Dehydratationsgrad. Er lässt eine Aussage darüber zu, wie viel Flüssigkeit über das Erbrechen und die Durchfälle verloren ging. Dazu wird eine Hautfalte vorzugsweise im Nackenbereich aufgezogen. Diese muss nach dem Loslassen sofort verstreichen. Bleibt sie stehen oder glättet sich nur langsam, braucht das Tier dringend Flüssigkeitsersatz in Form von Infusionen. In diesem Fall geht es ab in die Praxis. Dem Veterinär wird dann auch die zuvor gesammelte Kot-Probe bzw. das Erbrochene mitgebracht. Je nach Zustand des Vierbeiners kann dann noch eine Blutuntersuchung, eine Röntgenaufnahme oder auch eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes notwendig werden.

Solange der Vierbeiner jedoch bei ungetrübtem Allgemeinbefinden ist, zum Spazieren gehen nach draußen drängt, die Hautfaltenprobe negativ ist und das Tier ansonsten auch gut drauf ist, kann der Besitzer versuchen, mit der Gabe von Schonkost die Diarrhoe selbst in den Griff zu bekommen. Sobald der Patient aber matt wirkt oder Anzeichen von Schmerzen zeigt oder auch das Futter länger als einen Tag verweigert, muss professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass analog zum Menschen schon mal ein Durchfall auftreten kann, o h n e dass gleich ein dramatisches Geschehen dahintersteckt . Bis wirklich ernste Ursachen ausgeschlossen werden können, muss der Tierhalter allerdings sehr wachsam sein, da tatsächlich auch lebensbedrohliche Gründe für die Symptomatik verantwortlich sein können.

Moro’sche Karottensuppe für Tiere

  1. 1 kg Karotten waschen und putzen.
  2. Die Karotten in grobe Stücke schneiden und in einen Kochtopf geben.
  3. 2 Liter Wasser hinzufügen und zum Kochen bringen.
  4. Karotten 90 Minuten lang auf niederer Stufe köcheln lassen.
  5. Kochwasser abgießen und die Karotten zu einem Brei pürieren.
  6. So viel kochendes Wasser hinzugeben, dass am Ende ein Liter Moro’sche Karottensuppe entsteht, die die Konsistenz von dicker Buttermilch hat.
  7. Einen gestrichenen Teelöffel Salz hinzufügen.
  8. Alles umrühren – fertig ist die Moro’sche Karottensuppe.
  9. Abkühlen lassen und vor der Hauptmahlzeit verfüttern

Wir wünschen gegebenenfalls viel Erfolg und gute Besserung.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.