Unsere Tiersenioren kämpfen wie wir Menschen mit Abnutzungen des Zahnhalteapparates, diversen Tumorerkrankungen oder auch mit Stoffwechselproblemen wie Diabetes und Nierenversagen. Doch damit nicht genug. Eine Erkrankung eint nahezu alle Tiere, die alt sind – sie haben Arthrosen. Manche mehr, manche weniger. Wie stark die arthrotischen Erscheinungen sind, hängt von vielen Faktoren ab.
Arthrose – verschont bleibt fast keiner
Die gute Nachricht vorneweg: Unsere Haustiere werden immer älter. Optimale medizinische Versorgung im Krankheitsfall, artgerechte Bewegung und geeignete Fütterung in den jeweiligen Lebensphasen sorgen dafür, dass manch ein Vierbeiner ein biblisches Alter erreichen kann. So erfreulich das ist, es hat auch seinen Preis. Denn damit verlängert sich die Lebensspanne, in der Krankheiten eher die Regel als die Ausnahme sind.

„Mein Tier lahmt ein bisschen, aber es hat keine Schmerzen!“.
Diese Aussage stimmt fast nie. Eine Lahmheit tritt nur auf, wenn ein schmerzhaftes Körperteil geschont wird. Ein Tier, das lahmt, hat Schmerzen und braucht Hilfe.
Wie muss man sich eine Arthrose im Detail vorstellen?
Ein Gelenk wird aus zwei oder mehr Knochen gebildet. Die wiederum sind von Knorpel überzogen. Alle zusammen werden von der Gelenkkapsel umschlossen. In dem sich darin befindlichen Raum schwimmt die Gelenkflüssigkeit. Sie bildet eine Art Schmiere, damit bei Bewegung des Gelenks die Streckung und Beugung reibungslos abläuft. Doch leider ist dieses System störanfällig. Verschiedene Faktoren können dazu führen, dass es zu Veränderungen in der ehemals einwandfrei funktionierenden Einheit kommt.
An erster Stelle ist hier die Abnutzung zu nennen. Dabei nimmt die Dicke der Knorpelschicht, die den Knochen überzieht, nach und nach ab und wird damit weniger elastisch. Es kommt zu Einrissen im Knorpel und einer weiteren Reduktion, bis nichts mehr übrig ist. Der darunter gelegene Knochen liegt jetzt blank. Doch er ist nicht dafür gemacht, ohne die Knorpelschicht zu funktionieren. Im verzweifelten Versuch eine Erneuerungsschicht zu bilden, entwickeln sich Verformungen und Ausbuchtungen. Das Gelenk läuft jetzt unrund, was mit Schmerzen einhergeht. Ab diesem Stadium nennen wir die Veränderung Arthrose.
Was ist neben der Abnutzung verantwortlich für das Entstehen einer Arthrose?
Das Erbmaterial hat großen Einfluss. Nachkommen gesunder Elterntiere bleiben eher verschont als Tiere, deren Vorfahren bereits schwere Arthrosen aufwiesen. Die Rassezugehörigkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Großwüchsige Hunderassen neigen zu Beschwerden der Hüftgelenke oder auch der Ellbogenpartie. Kleine Hunderassen hingegen haben oft Schwierigkeiten mit den Knien oder der Wirbelsäule. In der Summe sind manche Rassen deutlich anfälliger als andere. Das gilt auch für Katzen – hier betrifft es gerne die Maine Coons oder auch Scottish-Fold-Exemplare. Sie leiden häufig unter arthrotischen Erkrankungen. Bei Kaninchen sind es die Riesenrassen, die unproportional oft Arthrose-Symptome zeigen. Darüber hinaus ist es entscheidend, wie das Einzeltier in der Phase des Heranwachsens ernährt wurde. Fehler, die hier gemacht wurden, kommen im Alter zum Tragen und sind kaum wieder auszumerzen. Besitzer von heranwachsenden Tieren sollten sich daher mit der Fütterung ihrer Schützlinge auseinandersetzen. Hier geht es vor allem um die ausgewogene Versorgung mit Mineralstoffen sowie den bedarfsgerechten Energiegehalt in der Nahrung. Wächst das Tier durch Überfütterung zu schnell, sind die Knochen nicht ausreichend mineralisiert, und es kommt zu Absprengungen an prädisponierten Stellen, die dann im Laufe des Tierlebens zu Gelenkerkrankungen führen.
Außerdem können Arthrosen aus traumatischen Verletzungen des Bewegungsapparates resultieren. Jeder Mensch, der sich in der Jugend mal einen Bänderriss zugezogen hat, kann im Alter ein Lied davon singen. Auch wenn das Gelenk jahrelang keine Schwierigkeiten gemacht hat, im Alter rächt sich die Instabilität, und auf einmal tut der Fuß, das Knie oder der Ellbogen mächtig weh. Und erst dann fällt einem wieder ein: „Stimmt, da hatte ich ja mal diesen Skiunfall!“ oder einen vergleichbaren anderen Sturz. Auch Knochenbrüche, die nicht exakt wieder zusammengewachsen sind, führen durch die Inkongruenz im Gelenk zur Arthrose. Nicht sofort, denn der Körper kann oft über einen langen Zeitraum kompensatorische Maßnahmen einleiten, um den Folgen des Traumas die Stirn zu bieten. Doch irgendwann erlahmen seine Kräfte und die Arthrose gewinnt die Oberhand.
Im Pferdesport kommt es teilweise durch nicht artgerechte Beanspruchung des Tierkörpers zur Ausbildung von Arthrosen. Werden die Vierbeiner schon in jungen Jahren während der Ausbildung stark belastet, kann dies zu Schädigungen im Bewegungsapparat führen. Auch Reitweisen im Erwachsenenalter, die dem Pferdekörper schaden, führen zu Gelenkdeformationen.
Wie erkennt man die Anzeichen einer Arthrose?
Arthrotische Erscheinungen zeigen sich am besten nach langen Ruhephasen. Im Klartext bedeutet dies, das Tier liegt in seinem Körbchen oder auf seinem Lieblingsschlafplatz und erhebt sich nach einem gemütlichen Schläfchen. Schon der Versuch aufzustehen, sieht mühsam aus. Dann folgen meist langsam ausgeführte Schritte, die unrund wirken. Bei ausgeprägten Arthrosen kann die Lahmheit in dieser Phase auch schon sehr deutlich in Erscheinung treten. Doch welcher Fuß wirklich schmerzt, ist manchmal gar nicht so einfach zu erkennen. Betrifft die Gelenkserkrankung die Vordergliedmaßen, schont das Tier die schmerzende Seite und fällt damit immer auf das gesunde Vorderbein. In dem Moment, in dem das gesunde Bein belastet wird, kippt auch der Kopf jeweils kurz in Richtung Fußboden.
Nochmal zum Mitschreiben: Beobachtet man sein Tier und der Kopf senkt sich beim Aufsetzen des Beines, handelt es sich bei dem Fuß, der in dem Moment aufsetzt, wenn der Kopf nach unten geneigt wird, um den gesunden Fuß! Das kranke Bein ist das andere. Das wird häufig verwechselt. Beim Hinterbein ist es meistens leichter, herauszufinden, welches schmerzt. Denn tut dies wirklich weh, wird es einfach nicht benutzt. Weder Hund noch Katze brauchen es wirklich, um vorwärtszukommen. Anders sieht es bei den kleinen Heimtieren wie Kaninchen oder Meerschweinchen aus. Sie brauchen die Hinterläufe in jedem Fall zur Fortbewegung. Auch, wenn sie schmerzen. Bei diesen Tierarten merkt der Besitzer meist nur, dass es „anders“ hoppelt als sonst.
Allen gemein ist, dass die Lahmheit mit zunehmender Bewegung besser wird. Am Anfang ist es am schlimmsten, dann läuft sich der Vierbeiner ein. Oft sieht man nach einigen Minuten erstmal gar nichts mehr. Bis zur nächsten Ruhephase. Nach der folgenden Auszeit geht es mit dem mühsamen Aufstehen von vorne los. Je weiter die Erkrankung voranschreitet, umso länger dauern jedoch die Phasen der Lahmheit und des Einlaufens an. Irgendwann kann der Vierbeiner gar nicht mehr lahmheitsfrei gehen, normales Laufen ist nicht mehr möglich. Das Tier bewegt sich zunehmend weniger, da jeder Schritt ab jetzt Schmerzen bereitet. Die Muskulatur baut ab. Der Bewegungsapparat wird in der Folge instabiler. Die Gelenke schmerzen damit immer mehr. Ein Teufelskreis beginnt, der nur die Abwärtstendenz kennt. Diesen gilt es zu unterbrechen.
Speziell Haltern von Heimtieren und Katzen sei es dringlich ans Herz gelegt, genau hinzusehen. Diese Tiere leiden stumm. Schon kleine Veränderungen im Verhalten können ein Hinweis darauf sein, dass die Tiere starke Schmerzen haben. Die Katze meidet den Lieblingsschlafplatz auf der obersten Etage desKratzbaumes, dasKaninchen sitzt etwas anders da als sonst. Das allein muss genügen, um beim Tierbesitzer die Alarmglocken schrillen zu lassen! Ihr Liebling könnte starke Schmerzen haben.
Wie stellt der Tierarzt die konkrete Diagnose – Arthrose?
Stellt der Besitzer bei seinem Tier eine Lahmheit fest, deren Ursache er nicht erkennen kann, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Bei Katzen und kleinen Heimtieren reichen wie gesagt auch schon Wesensveränderungen, die einen Besuch in der Praxis erforderlich machen. Durch eine gründliche Untersuchung des Bewegungsapparates und mittels bildgebender Verfahren wie Röntgen, Ultraschall, im Zweifelsfall auch der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT) wird versucht, den genauen Ursprung der Schmerzen auszumachen. Mittels einer Arthroskopie kann der Veterinär auch das Innere des Gelenks begutachten. Manchmal ist es zudem nötig, das Gelenk zu punktieren, um überschüssige Gelenksflüssigkeit zu entfernen oder um anhand des Punktates eine Diagnose bezüglich der Ursache zu stellen.
Was kann man gegen die Arthrose tun?
Abhängig von der Art des Gelenks, der Ausprägung der Arthrose, dem Grad der Lahmheit und der Ursache wird die Behandlung eingeleitet. Ziel ist hierbei immer, die Schmerzen zu minimieren und die Beweglichkeit des Gelenks wiederherzustellen bzw. zu erhalten. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten der Behandlung. Zum einen kann konservativ therapiert werden. Darunter versteht man alle Behandlungsformen der Arthrose außer der Operation. Der zweite Weg, der verfolgt werden kann, ist demzufolge der chirurgische Eingriff. Welche Vorgehensweise in welchem Fall die Beste ist, ist nicht immer einfach zu entscheiden.
Als mögliche konservative Heilungsansätze kommen Medikamente, Physiotherapie oder auch Schonung und vieles mehr infrage. Muss hingegen operiert werden, hängt die Art des Eingriffs natürlich vom zugrunde liegenden Problem ab. Doch fast alles, was beim Menschen möglich ist, kann auch beim Tier durchgeführt werden. Chirurgische Eingriffe, wie der Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes, die Versteifung eines Gelenks oder Bandscheibenoperationen sind auch beim Vierbeiner keine Seltenheit mehr. Doch diese aufwendigen Operationen haben ihren Preis. Im Allgemeinen muss der Tierhalter dafür tief in die Tasche greifen. Wir bewegen uns hier im vier- wenn nicht sogar fünfstelligen Bereich, was die Höhe der Rechnung betrifft. Wohl dem Tierbesitzer, der früh eine OP-Versicherung für sein Tier abgeschlossen hat.
Welche Behandlungsmethoden gibt es außer der Operation?
Doch was tun, wenn aus welchen Gründen auch immer, eine Operation nicht in Frage kommt? Vielleicht ist das Tier zu alt für eine Operation? Oder andere Umstände, wie beispielsweise ein Herzfehler, verunmöglichen einen chirurgischen Eingriff? Dann bleibt nur übrig, auf die konservativen Heilmethoden zurückzugreifen. Die Physiotherapie kann hier gute Dienste leisten. Durch Massagen lassen sich Verspannungen lösen und damit die Beweglichkeit der Gelenke trainieren. Unterwasserlaufbänder eignen sich gut, um kontrollierte Bewegungsabläufe zu ermöglichen. Der Auftrieb des Wassers befreit dabei die Gelenke von der Last des Körpergewichtes. Akute Arthrose-Schübe können mit Kühlpads gelindert werden, Behandlungen mit Wärme eignen sich für chronische Fälle. Darüber hinaus arbeiten einige Tierphysiotherapeuten mit Ultraschallgeräten, der Elektrostimulation, Lasern oder auch mittels einer Stoßwellentherapie. Klassische Akupunktur oder der Einsatz von Goldimplantaten an den Akupunkturpunkten können helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern.
Entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente haben einen festen Platz in der konservativen Therapie. Sie werden in aller Regel einmal täglich in Form von Tabletten oder Flüssigkeiten mit Leckerli-Geschmack verabreicht. Sie lindern die Schmerzen schnell und effektiv. Auf Dauer belasten sie allerdings den Magen-DarmTrakt. Zudem werden bei der Verstoffwechselung Leber und Niere beansprucht. Daher sind sie gut geeignet, um akute Anfälle abzufangen, aber von einer Dauermedikation sollte eher abgesehen werden. Der Tierbedarfsmarkt ist voll von Nahrungsmitteln, die bei Arthrose helfen sollen. Manche sind günstiger, andere richtig teuer. Sie sollen den Stoffwechsel im Gelenk günstig beeinflussen. Als Ergänzung kann die Fütterung derartiger Präparate ein Baustein sein, der unterstützend wirkt. Anhänger der Homöopathie greifen auf Globuli zurück, die die Lahmheit und damit die Schmerzen mindern sollen.
Kommt man aber an den Punkt, an dem alle Maßnahmen nicht mehr greifen, stehen der Schulmedizin seit einigen Jahren neue Präparate zur Injektion zur Verfügung, deren Wirkung jeweils vier Wochen anhält. Sie bekämpfen zwar nicht die Arthrose, doch verhindern sie, dass die Nerven den Schmerz bis ins Gehirn weiterleiten können. Daraus folgt, dass das Tier vom Arthrose-Schmerz verschont bleibt und daher mehr Agilität zeigt. Es bewegt sich wieder freudiger und damit auch mehr, was dazu führt, dass seine Muskulatur erhalten bleibt. Auf diese Weise wird der gesamte Bewegungsapparat stabilisiert, und dem Abbau nochmal Einhalt geboten. Diese Medikamente gibt es bisher nur für Hunde und für Katzen, leider sind sie momentan nicht für Pferde und kleine Heimtiere erhältlich. Außerdem ist die monatliche Injektion verhältnismäßig teuer. Doch in den allermeisten Fällen profitieren die Tiersenioren enorm. Sie gewinnen ein Stück Lebensqualität zurück, das ihnen zuvor abhandengekommen war. Nebenwirkungen treten sehr selten auf. Nichtsdestotrotz sollte der Einsatz in jedem Einzelfall mit dem behandelnden Tierarzt abgesprochen werden.
Leider lassen sich die Verschleißerscheinungen am Bewegungsapparat nicht stoppen. Das wäre zu schön. Doch mit entsprechendem Einsatz lassen sich durchaus einige Monate, wenn nicht sogar Jahre, qualitativ hochwertiger Lebenszeit für unsere geliebten Haustiere gewinnen. Eine Arthrose ist nicht tödlich. Doch leider kann sie so weit voranschreiten, dass das Tier derartige Schmerzen hat, dass es sich fast nicht mehr bewegen kann. Dann kann es als großer Liebesbeweis gewertet werden, wenn der Tierbesitzer die schlimme Entscheidung trifft, seinen Schatz loszulassen.
Tipps, wenn Ihr Tier unter Arthrose leidet:
- Achten Sie auf das Gewicht – Übergewicht ist unbedingt zu vermeiden.
- Regelmäßige Bewegung, ohne zu übertreiben, fördert den Erhalt der Muskulatur und die Produktion von Gelenksflüssigkeit. Sorgen Sie für trittfeste Böden und Treppen durch Antirutschmatten, um ein schmerzhaftes Ausgrätschen beim Nachlassen der Kräfte zu verhindern.
- Rutschfeste Socken sorgen für besseren Halt, und Pfotenschuhe verhindern Wunden beim Hinterherschleifen der Hinterpfoten.
- Erleichtern Sie das Hoch- und Runtersteigen durch Rampen und Treppen.
- Helfen Sie Ihrem Tier bei der Körperpflege durch Reinigen und Bürsten verfilzter oder verschmutzter Stellen.
- Massieren Sie die betroffenen Gelenke entweder vorsichtig selbst, oder gönnen Sie ihrem Liebling eine Physiotherapieeinheit.
- Sorgen Sie für eine stressfreie Umgebung. Lärm und Hektik verunsichert von Arthrose geplagte Tiere, weil sie Angst haben, „unter die Räder“ zu kommen.
- Eventuell Nahrungsergänzungsmittel füttern.
- Spezielle Matten und Betten sorgen für eine gelenkschonende Lagerung des Tierkörpers.
- Akute Schübe lindert man mit Kälte, chronische mit Wärme.
- Einen medikamentösen Behandlungsplan mit dem Tierarzt abstimmen und regelmäßig anpassen.
- Und nicht zuletzt: Haben Sie Geduld mit dem Patienten. Wenn er könnte, wie er wollte, würde er ganz bestimmt gerne auch schneller laufen, aber es geht eben nicht.