Massentierhaltung

Blutige Schlagzeilen – Tatort Schlachthof

Immer wieder sorgen Schlachthöfe für blutige Schlagzeilen. Im vergangenen Jahr wurden in deutschen Schlachthäusern durchschnittlich mehr als zwei Millionen Tiere geschlachtet – pro Tag. Insgesamt mussten mehr als 760 Millionen Tiere im Sekundentakt ihr Leben lassen. Das große Geschäft mit den Schlachttieren konzentriert sich seit Jahren auf immer weniger, dafür immer größere Betriebe. Etwa 80% aller Mastschweine werden in den zehn größten Schlachthöfen Deutschlands geschlachtet, fast 30% werden durch den Marktführer Tönnies getötet und zerlegt.

Foto: Jan Peiffer

Im Corona-Jahr 2020 sorgte der schlechte Umgang mit Arbeitern dafür, dass dieser in die Schlagzeilen und so in die Kritik geriet. 98% des Fleisches, was bei uns verkauft wird, stammt aus Kostengründen aus der Massentierhaltung. Auch vor der Schlachtung macht der Preisdruck nicht halt. Niemanden kann es da ernsthaft wundern, dass immer wieder Skandale aus den Schlachthöfen bekannt werden. Für die Tötung eines Tieres bleiben oft nur wenige Augenblicke. Häufig geschehen Fehler. Doch nicht nur die Mega-Schlachtfabriken bringen immer neue Schreckensmeldungen hervor.

Unlängst sorgten Meldungen aus Betrieben in Baden-Württemberg für Entsetzen.

Tierschützer hatten im vergangenen Jahr Videoaufnahmen aus dem Schlachthof Gärtringen im Landkreis Böblingen veröffentlicht, die schlimme Missstände dokumentierten. Deutlich zu sehen waren Misshandlungen der Tiere durch die Mitarbeiter; mit Elektroschockern und Stangen wurden Schweine und Rinder brutal malträtiert. Auch die Schlachtabläufe zeigten verheerende Fehler, offensichtlich wurden viele Tiere nicht oder nicht ordnungsgemäß betäubt, einige mussten so ihre eigene Schlachtung miterleben. Die Tierschützer erstatteten Anzeige, mittlerweile wurde der Schlachthof geschlossen. Mit einer Öffnung vor Mitte des Jahres 2021 ist nicht zu rechnen.

Nur wenig später wurden Videoaufnahmen aus dem Schlachthof in Biberach veröffentlicht, einem Familienbetrieb ebenfalls in BadenWürttemberg. Auch hier konnten Tierschützer zahlreiche Mängel und Misshandlungen der Tiere dokumentieren. Schon vor zwei Jahren hatte angesichts der Häufung von Skandalmeldungen der Landwirtschaftsminister des Landes ein Monitoring angeordnet, um Missstände sichtbar zu machen. Angesichts von mehr als 400 Beanstandungen in 40 Betrieben schlagen nicht nur Oppositionspolitiker, sondern auch Veterinärämter Alarm. Zu den häufigsten Mängeln gehörten neben nicht oder schlecht geschultem Personal und mangelhaften hygienischen Zuständen auch Mängel bei der Betäubung der Tiere.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium sträubt sich gegen die Einführung verbindlicher Vorschriften und weist die Verantwortung für funktionierende Geräte an Hersteller und Schlachtunternehmer sowie für die Kontrolle an die Landesbehörden zurück – für Tierschützer und Amtstierärzte völlig unverständlich.

Eine fehlerhafte oder gar ausbleibende Betäubung der Schlachttiere scheint an der Tagesordnung zu sein.

Defekte, fehlende oder falsch eingesetzte Geräte finden sich immer wieder. Verantwortlich hierfür ist neben falschem Management vor allem eine fehlende Prüf- und Zulassungspflicht für diese Betäubungsgeräte.

Alleine im Schlachthof Gärtringen hatte das Monitoring des Landes gezeigt, dass rund 13% der geschlachteten Tiere nicht oder nur fehlerhaft betäubt worden waren. Mit einer verbindlichen Prüfung und Zulassung von Betäubungsgeräten könnte eine solche Quote leicht verringert oder im besten Fall sogar beseitigt werden. Darüber hinaus könnten auch eine bessere Schulung des Personals und vor allem eine Verringerung der Schlachtgeschwindigkeit dazu beitragen, Fehlbetäubungen zu vermeiden. Doch wie so oft in der Agrarproduktion richten sich die Bedingungen nicht nach den Tieren, sondern die Tiere müssen unter dem allgegenwärtigen Zeit- und Kostendruck leiden. Selbst die besten Voraussetzungen aber können über eines nicht hinwegtäuschen: Im Schlachthof wird ein Geschäft mit dem Tod gemacht, kein Tier ist hier freiwillig. Wer das nicht unterstützen möchte, sollte daher in seiner Ernährung und Lebensweise lieber zu pflanzlichen Alternativen greifen.

Jan Peifer