Hausschweine | Massentierhaltung

Schlachthöfe erneut in der Kritik

Laut offiziellen Angaben wurden im vergangenen Jahr mehr als 51 Millionen Schweine in Deutschland geschlachtet. Die meisten von ihnen stammten aus inländischer Zucht. Zwar ist die Anzahl der geschlachteten Tiere damit im Vergleich zu den vergangenen Jahren leicht rückläufig, doch noch immer sterben pro Tag mehr als 140.000 Schweine in deutschen Schlachthöfen.

 

Pro Tag sterben mehr als 140.000 Schweine in deutschen Schlachthöfen. Foto: © Jan Peifer

Längst ist auch das Schlachtgewerbe ein Geschäft mit der Masse geworden, es heißt auch hier schon lange: Quantität statt Qualität. Kleine Schlachthöfe werden von großen Konzernen verdrängt. Alleine in den Schlachthallen des Branchenriesen Tönnies stirbt rund ein Drittel der in Deutschland getöteten Schweine. Regelmäßig sorgen die Zustände in den Schlachtbetrieben für handfeste Skandale. Die prekären Beschäftigungsbedingungen für Schlachthofarbeiter – wie zuletzt im Zusammenhang mit der Ausbreitung von Covid- 19-Erkrankungen im Tönnies-Umfeld – liefern dabei gleichermaßen Grund zur Besorgnis wie der Umgang mit den Tieren selbst. Das Schlachtgeschäft ist Fließbandarbeit; nur wenige Sekunden hat ein Arbeiter Zeit, um ein Tier zu „stechen“. Entsprechend oft geschehen Fehler.

Vor der Schlachtung müssen grundsätzlich alle Tiere, nicht nur Schweine, betäubt werden, so schreibt es die Schlachtverordnung vor.

Doch immer wieder kommt es vor, dass Tiere ihre Tötung bei vollem Bewusstsein mitbekommen, weil sie nicht ordnungsgemäß betäubt wurden. In einem aktuellen Fall sorgt Videomaterial für Aufsehen, was erstmals den Vorgang der Betäubung von Schweinen mit CO2, also Kohlendioxid, dokumentiert. Durch die Betäubung mit dem Gas sollen die Schweine einschlafen und bewusstlos werden, da Sauerstoff verdrängt wird. Kohlendioxid ist schwerer als Luft. Darum werden Schweine, die für die Schlachtung vorgesehen sind, in kleinen Gruppen gemeinsam in Gondeln getrieben. Diese werden anschließend in CO2- Gruben abgesenkt und erst wieder geöffnet, wenn kein Laut mehr zu vernehmen ist. Die Betäubung mit CO2 ist schon lange umstritten, doch nicht einmal Schlachthofmitarbeiter konnten bisher sehen, was in den Gondeln wirklich passiert.

Wer ganz sicher sein will, kein Fleisch von Tieren zu essen, die ihre eigene Schlachtung miterleben mussten, der sollte einfach auf pflanzliche Alternativen umsteigen. Längst gibt es leckere pflanzliche Grillwurst, Burger, Braten und Aufschnitt in jedem größeren Supermarkt. Wer tierische Produkte von seinem Speiseplan streicht, muss längst auf nichts mehr verzichten.

Tierrechtsaktivisten ist es nun erstmals gelungen, verdeckte Kameras in den Schweinegondeln eines Schlachthofs in Bayern zu montieren.

Die Aufnahmen sind erschütternd, sie zeigen den fast minutenlangen Todeskampf der Schweine. Die Tiere schreien und schnappen verzweifelt nach Luft. Ganz offensichtlich leiden die Tiere erheblich und das über längere Zeit – das sieht auch die Baden-Württembergische Tierschutzbeauftragte so. Gemäß dem Tierschutzgesetz dürfte diese Betäubungsform auch ihrer Auslegung nach gar nicht zulässig sein. Legitimiert wird sie allerdings durch die höherrangige EU-Schlachtverordnung. Dass die Schweine leiden, gibt auch der Leiter des Schlachthofes zu, als er mit den Aufnahmen konfrontiert wird. Seiner Aussage und Erfahrung nach dauert der Todeskampf – er spricht von „Abwehrreaktionen“ – 20 bis 30 Sekunden. Auch er gibt zu, dass der Tierschutzgedanke hier offensichtlich nicht berücksichtigt wird.

Doch an der rechtlichen Zulässigkeit der CO2-Betäubung kann nur die EUKommission etwas ändern. Immerhin überprüfe sie zurzeit das europäische Tierschutzrecht, berichten Medien. Wann hier mit einem Ergebnis zu rechnen ist, und in welcher Form, ist völlig unklar. Der bayerische Schlachthofbetreiber hat derweil angekündigt, noch in diesem Jahr eine alternative Betäubungsmethode mit einem Helium-Gemisch einzuführen. Dabei sollen die Schweine dann tierschutzgerecht ohne Panik einschlafen. Doch auch diese Art der Betäubung wird nichts an der Massenabfertigung im Schlachtbetrieb ändern können. Immer wieder zeigen Untersuchungen und berichten Zeugen, dass Tiere ohne vollständige Betäubung geschlachtet werden.

Jan Peifer