Auf einem ehemaligen Kasernengelände am Rande des thüringischen Ortes Vitzeroda wurden über 10 Jahre lang vorrangig Hunde unter erbärmlichen Zuständen gehalten. Nun mussten sich die Marietta P. und Guido H. wegen Tierquälerei vor Gericht verantworten. aktion tier hatte jahrelang auf die Missstände in der Kaserne aufmerksam gemacht und die Behörden zum Handeln aufgefordert. Im November 2011 wurden dann endlich sämtliche Tiere beschlagnahmt. aktion tier hatte bei der großen Räumung mitgeholfen, 63 Hunde übernommen und in unserem Tierschutzcentrum in Meissen untergebracht. Unsere umfangreiche Strafanzeige mit allen gesammelten Fakten sowie den Krankenblättern und Gutachten zum Zustand der Hunde führte zu ersten Zeugenvernehmungen. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen Marietta P. und ihren Helfer Guido H., was allein schon ein großer Erfolg war, denn in der Vergangenheit wurden viele der von uns angestoßenen Strafverfahren eingestellt.
Marietta P. und ihr Helfer vor Gericht
Animal Hoarding Fall Vitzeroda: Marietta P. und Guido H. mussten sich wegen Tierquälerei vor Gericht verantworten.
Hunde wurde vor den Behörden versteckt
Schließlich der erste Verhandlungstag im Amtsgericht in Eisenach statt. Beide Angeklagte waren mit ihren Rechtsanwälten erschienen. Der Zuschauerandrang war enorm und auch zahlreiche geladene Zeugen waren erschienen. Während der junge Staatsanwalt die Anklage verlas, lächelte Marietta P. vor sich hin. Sie wirkt entspannt und auch ihr Äußeres war gepflegter als früher. Nachdem alle Zeugen gehört waren, entschied der Richter, das Verfahren zu teilen und konzentrierte sich zunächst auf Guido H. Anfangs noch sehr zurückhaltend, redete sich der Rentner schließlich sein ganzes Elend von der Seele. Marietta P. hätte ihn die ganzen Jahre hindurch wie einen Sklaven auf dem Kasernengelände quasi eingesperrt. Er besaß keine Wohnung, lebte in einem Bauwagen ohne Strom und Wasser, war seit Langem schwer krank. Auch seine kleine Rente von 600 Euro monatlich hätte Frau P. ihm weggenommen. Er hätte sich nicht zu helfen gewusst und sich eben in sein vermeintliches Schicksal gefügt. Das Füttern der Hunde mit Schlachtabfällen sei seine Aufgabe gewesen. Dass die Tierhaltung in der Kaserne katastrophal war, viele Hunde sehr krank waren und Hilfe benötigten, konnte sein Verstand offensichtlich gar nicht begreifen.
Überraschend wurde ein neuer Antrag gestellt
Als klar war, dass sich die Verteidigungsstrategie in Luft auflöst hatte und keiner der bisher gehörten Zeugen auch nur ein einziges gutes Wort über Marietta P. und ihre Tierhaltung verlauten ließ, war auch das siegessichere Lächeln aus dem Gesicht der Animal Hoarderin verschwunden. Ein zweiter Verhandlungstermin wurde für den 19.10.2012 festgelegt. Wieder waren Mitarbeiter von aktion tier Berlin und aktion tier Meissen vor Ort und hatten vor dem Amtsgericht mit Plakaten an einige Hunde erinnert, die die katastrophale Haltung in der Kaserne von Vitzeroda nicht überlebt haben. An diesem Tag wurde allerdings kein Urteil gesprochen. Nachdem die geladenen 13 Zeugen im Amtsgericht Eisenach gehört waren, stellte der Anwalt von Frau P. überraschend den Antrag auf ein ärztliches Gutachten. Seine Mandantin sei aufgrund einer Erkrankung, die Auswirkungen auf ihre Psyche hätte, sowie diverser anderer Umstände nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Hundehaltung in der Kaserne von Vitzeroda zu überschauen und entsprechend zu handeln. Im Klartext: Marietta P. drohten im Laufe der Verhandlung aufgrund der erdrückenden Beweislast und der gewissenhaften und harten Verhandlungsführung des Richters bis zu drei Jahre Freiheitsentzug, dem sie nur entgehen kann, indem sie für nicht schuldfähig erklärt wird. Das Gericht musste dem Antrag der Verteidigung nachkommen. Nun wird Frau P. durch einen vom Gericht bestellten Facharzt begutachtet und das gesamte Verfahren wird noch einmal von vorne aufgerollt. Sollte der Gutachter feststellen, dass die Animal Hoarderin schuldunfähig ist, wird der Prozess beim Landgericht fortgesetzt. Wir waren sehr enttäuscht, dass sich aufgrund dieses unserer Meinung nach taktischen Schachzugs des Anwalts von Frau P. der gesamte Prozess weiter in die Länge zieht. Der zweite Verhandlungstag war völlig umsonst und hat die Prozesskosten nur extrem verteuert, da nun alle Zeugen erneut vernommen werden müssen. Auch der Richter, der in unseren Augen sehr gewissenhaft dem Vorwurf der Tierquälerei nachgegangen ist und Ausflüchte von Marietta P. oder offensichtliche „Gefälligkeitsaussagen“ von Zeugen zugunsten der Animal Hoarderin schnell durchschaut hatte, war durch den späten Richtungswechsel der Verteidigung verstimmt.
Zuzugeben, dass man Schuld auf sich geladen hat, für den Tod zahlreicher Hunde und das Leiden Hunderter von Tieren verantwortlich ist und nun die Konsequenzen tragen muss, erfordert eine menschliche Stärke, die Marietta P. offensichtlich nicht besitzt. Anstelle von Einsicht und Reue steht das Bestreben, möglichst ungeschoren davonzukommen. Wir hoffen weiter auf eine gerechte Strafe und halten Sie, liebe Leser, auf dem Laufenden.