Ein weiterer Stolperstein, der sich beim Thema Rückruf gerne auftut, ist, dass Hundehalter auf Spaziergängen ohne Leine gerne erst dann mit Ihrem Hund in die Kommunikation treten, wenn sie es müssen. Der Hund wird also völlig in Ruhe gelassen und kann nach Lust und Laune dem nachgehen, wonach ihm gerade ist. Kaum sehen Sie jedoch einen Fahrradfahrer oder ein paar ballspielende Kinder am Horizont auftauchen, wird der Hund zurückgerufen.
Haben Sie dies einige Male getan, wird Ihr Hund Sie schnell als persönliches Warnsystem wahrnehmen. Wenn Sie sich immer nur dann bei Ihrem Hund melden, wenn ein Reiz auftaucht, wird er Ihr Rückruf-Signal bald als Alarmsignal abgespeichert haben und anstatt sich auf den Weg zu Ihnen zu machen erstmal seine Umwelt scannen, um zu schauen, was Herrchen oder Frauchen denn Spannendes entdeckt hat. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass Sie Ihren Hund nicht ran rufen sollen, wenn Ihnen ein Fahrradfahrer begegnet und Sie wissen, dass diese Begegnung schwierig werden könnte. Aber rufen Sie Ihren Hund nicht ausschließlich dann, wenn Ihnen ein Fahrradfahrer begegnet, sondern auch immer wieder einfach so. Belohnen Sie den erfolgten Rückruf hochwertig, und schicken Ihren Hund wieder seiner Wege.
Auch ein verzögertes Zurückkommen wird niemals bestraft
Leider wird es Ihnen auch mal passieren, dass Ihr Hund nicht sofort auf Ihren Rückruf reagiert. Vielleicht ist die Duftspur vom Wildwechsel gerade so spannend oder er hat sich an dem weglaufenden Jogger festgeguckt. Schafft es Ihr Hund dann dennoch, zwar mit deutlicher Verzögerung und vielleicht auch mit einem kleinen Umweg, zu Ihnen zu kommen, wird auch dieses belohnt. Würden Sie jetzt anfangen Ihren Hund dafür zu bestrafen, dass er nicht sofort auf den Rückruf reagiert hat, wird er das Zurückkommen zu Ihnen mit etwas Negativem verbinden und sich beim nächsten Mal mit Sicherheit noch mehr Zeit lassen, um dem Negativen aus dem Weg zu gehen.
Trainingsmethoden, die auf Angst basieren, werden selten dafür sorgen, dass Ihr Hund freudig und motiviert zu Ihnen zurückkommt, wenn Sie dieses möchten. Das häufig empfohlene Verstecken vor seinem Hund kann nach Ankündigung ein toller Spaß für Hund und Herrchen werden. Bei dem falschen Hundecharakter als Train i n g s m et h o d e angewandt, kann es aber auch dafür sorgen, dass der Hund in ständiger Angst unterwegs ist, Herrchen oder Frauchen zu verlieren. Wahrscheinlich ist Ihnen auf Spaziergängen dann zwar die dauerhafte Aufmerksamkeit Ihres Hundes gewiss, jedoch nicht, weil der Hund gelernt hat, dass es sich lohnt, sich an Ihnen zu orientieren, weil Sie auch in schwierigen Situationen einen Plan haben und das Zusammensein mit Ihnen generell viel Spaß bedeutet. Sondern einfach weil er Angst hat, Sie könnten mal wieder von jetzt auf gleich vom Erdboden verschluckt werden und ihn alleine zurücklassen.
Sollte der Rückruf also wirklich einmal nicht fruchten, gehen Sie zu Ihrem Hund und sammeln ihn kommentarlos ein. Versuchen Sie dabei Ärger und Wut außen vor zu lassen, und fangen Sie nicht an mit Ihrem Hund zu schimpfen oder grob an ihm rumzurupfen. Warten Sie nach dem Anleinen den Moment ab bis es Ihrem Hund wieder möglich ist, Ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, und bestätigen Sie ihm dieses Verhalten.
Bis der Rückruf funktioniert, bleibt der Hund an der Leine/ Schleppleine.
Damit Sie den Rückruf bei Ihrem Hund erfolgreich aufbauen können, sollten Sie Ihren Hund so lange an der Leine oder Schleppleine lassen, bis Sie sich sicher sind, dass der Rückruf funktioniert. Jeder gesetzte Rückruf, auf den der Hund nicht reagiert, wirft Sie im Training wieder zurück. Stehen Sie also am Feldrand und rufen Ihren Hund im Sekundentakt, ohne das eine Reaktion seinerseits erfolgt, wird es Ihnen bald so gehen wie bei der beliebten Kaufhausmusik beim Shopping – Sie werden von Ihrem Hund einfach ausgeblendet. Wenn Sie noch etwas Glück haben, werden Sie nicht gleich komplett ignoriert, Ihr Hund lernt aber schnell, dass er auf den ersten Rückruf nicht reagieren braucht, weil diesem noch mindestens fünf weitere folgen. Etwas, was Sie in bestimmten Situationen ganz sicher nicht möchten.
Ablenkungen im Training nur langsam steigern
- Beginnen Sie das Training also mit einer Schleppleine an einem gut sitzenden Brustgeschirr.
- Bewaffnen Sie sich mit jeder Menge unterschiedlicher Belohnungen, und suchen Sie sich eine möglichst reizarme Umgebung. Sollte Ihr Hund sehr reizempfindlich sein, können Sie das Training auch erstmal im heimischen Wohnzimmer beginnen. Lassen Sie Ihren Hund ein wenig die Umwelt erkunden. Ist er gerade nicht mit etwas ganz Spannendem beschäftigt, sprechen Sie Ihren Hund freundlich an, warten auf seinen Blick und setzen Ihr Rückrufsignal.
- Gehen Sie in eine einladende Körperhaltung, und motivieren Sie Ihren Hund, zu Ihnen zu kommen. Gerne können Sie dafür auch ein paar Schritte rückwärtslaufen und Ihren Hund verbal „mitziehen“. Vermeiden Sie bitte jedes Einwirken der Leine. Denn wie ganz am Anfang schon erwähnt, sobald die Leine ab ist, liegt es in der Entscheidung Ihres Hundes, zu Ihnen zu kommen oder nicht. Es macht also wenig Sinn den Rückruf mit einem Leinenruck aufzubauen und durchzusetzen, wenn es eigentlich darum geht, dass Sie auf die Leine in Zukunft verzichten möchten.
- möchten. Ist der Hund nach dem gesetzten Rückruf bei Ihnen angekommen, belohnen Sie ihn sofort hochwertig. Wählen Sie dafür lieber den absoluten Lieblingskeks, als das Trockenfutterbröckchen, das seit 1983 in der Tasche Ihrer Winterjacke lagert. Bejubeln Sie Ihren Hund und lassen ihn danach wieder das machen, was er vor ihrem Abruf tun wollte.
- Steigern Sie nach und nach die Ablenkung im Training. Haben Sie zum Beispiel einen jagdaffinen Hund, setzen Sie das Training nicht gleich am wegrennenden Reh fort, sondern wählen vielleicht erstmal ein bereits verlassenes Mauseloch. Überlegen Sie sich, was für Ihren Hund eine Ablenkung bedeutet und was davon besonders spannend für ihn ist. Arbeiten Sie sich langsam von der leichtesten Ablenkung bis hin zur Königsdisziplin. Hat der Abruf bei einer Ablenkungsstufe nicht funktioniert, gehen Sie wieder eine Stufe zurück.
- Steigern Sie die Schwierigkeit auch in dem Sie Ihren Hund anfänglich aus relativ kurzer Entfernung abrufen. Klappt das gut, können Sie diese nach und nach erweitern, in dem Sie ihm mehr Schleppleine lassen. Je weiter die Entfernung zwischen Ihnen und Ihrem Hund ist, desto größer ist die Gefahr, dass er auf dem Weg zu ihnen an einer spannenden Duftspur hängen bleibt oder doch noch ein interessanter Jogger auftaucht.
- Ist Ihr Hund voll und ganz in einen Reiz vertieft und reagiert gar nicht mehr auf Ihren Rückruf, gehen Sie näher ran. Versuchen Sie erneut, Ihren Hund zu rufen. Reagiert er noch immer nicht, gehen Sie zu Ihrem Hund hin und motivieren ihn bis zu dem Punkt, an dem Sie den Rückruf eigentlich gesetzt hatten, mit Ihnen mitzugehen. Dort wird er dann belohnt und das Training fortgesetzt. Versuchen Sie ruhig, bestimmte Trainingssituation zu konstruieren. Bitten Sie Nachbarn, Kinder in 50m Entfernung Ball spielen zu lassen, um auch den Abruf in solchen Situationen zu üben, oder fragen Sie den Hundekumpel, ob er Sie beim Abruf von Hunden unterstützen kann.